Die Prosselsheimer Bürger sind ungeduldig: Schon seit über 40 Jahren warten sie auf eine Umgehungsstraße - jetzt könnte dank der Mainschleifenbahn frischer Wind in die Sache kommen. Jüngst stattete der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter dem Dorf einen Besuch ab und machte deutlich: Die Reaktivierung der Mainschleifenbahn und die Ortsumgehung Prosselsheim sind miteinander verkettet. "Es ist ein gemeinsames Verfahren. Es geht nicht schneller, wenn wir die Reaktivierung der Schiene von der Umgehungsstraße trennen", erklärte auch Falk Piller, der Abteilungsleiter Planung beim Staatlichen Bauamt Würzburg.
Die Stippvisite des Bayerischen Staatsministers für Wohnen, Bau und Verkehr hatte sich in Prosselsheim herum gesprochen. Für die Dorfbewohner war das eine günstige Gelegenheit, auf ihre seit Jahrzehnten bestehende Forderung aufmerksam zu machen: Wieder hatte die Dorfbevölkerung Protestplakate aufgehängt, auf denen sie den Schutz vor Abgasen und Lärm forderten, ironisch auf ein vor zehn Jahren versprochenes "beschleunigtes Verfahren" hinwiesen oder den Begriff Umgehung als "Umgehen politischer Versprechungen" kritisierten.
Das Warten auf die Umgehung bremst ein ganzes Dorf aus
Denn an der Ortsumgehung hängt für die kleine Gemeinde eine Menge: Eine seit Jahren geplante Dorferneuerung kann nicht durchgeführt werden, so lange die Hauptverkehrsachse durch den kleinen Ort führt. Dringend notwendige Kanalarbeiten - vor einigen Jahren war bereits ein Kanal gebrochen - müssen aufgeschoben werden. Und mittlerweile vier Baugebiete werden über eine schmale Siedlungsstraße angefahren, weil die eigentlich geplante Zufahrt zu den Baugebieten auf die Staatsstraße münden würde. Ohne Umgehung ist diese Zufahrt allerdings nicht realisierbar - sehr zum Leid der Bewohnerinnen und Bewohner der kleinen Siedlungsstraße.
Zwei Bürgerinitativen haben sich im Laufe der Zeit in Prosselsheim gegründet: "Ortsumgehung Prosselsheim" heißt die eine, die zweite, die sich um die Zufahrt zu den Baugebieten kümmert, "Öffnung der Seinsheimstraße".
Als nun der Staatsminister zu Besuch war, harrten Abordnungen der beiden Bürgerinitiativen eisern in Rathausnähe aus. "Wir wollen wissen, wie es weiter geht", so einer der Wartenden. Versprechungen seitens der Politik gab es in den vergangenen Jahrzehnten unzählige, passiert ist in den Augen der Bürgerinnen und Bürger bislang nichts. Vor dem Rathaus auf den Minister zu warten, ist deswegen für keinen der Dorfbewohner ein Problem - schließlich warten sie schon viel länger auf ihre Straße: Schon bei der Flurbereinigung im Jahr 1979 ist eine Trasse festgelegt worden, die die Verlegung der Staatsstraße 2260 östlich von Prosselsheim einschließlich der Umgehung des Dorfes im Süden vorsieht.
Vor dem Rathaus wütenden Bürger, drinnen Worte des Lobes
Anders als bei den Dorfbewohnern vor der Tür war der Minister Bernreiter im Rathaus begeistert. Er befürwortet die Reaktivierung der Bahnlinie und deren Anschluss an das Schienennetz des ÖPNV. Er lobte Landrätin Tamara Bischof (Kitzingen) und Landrat Thomas Eberth (Würzburg) dafür, "dass alle Hausaufgaben gemacht sind" und die Ehrenamtlichen des Fördervereins Mainschleifenbahn, dass sie "mit ihrer Beharrlichkeit die Schiene gerettet haben". Minister Berneiter fand es zudem sinnvoll und richtig, dass mit der Reaktivierung der Schiene die Verlegung der Staatsstraße und die Ortsumgehung Prosselsheim einhergeht. Das sei ein "sehr, sehr enger Zusammenhang", der den Kosten-Nutzen-Faktor deutlich verbessere, so der Minister.
"Wir schlagen hier zwei Fliegen mit einer Klappe. Das ist eine gute Geschichte. Wir werden es gemeinsam schaffen und über die Ziellinie bringen", so Bernreiter. Er hoffe auf "ein glückliches Ende" und sei sich bewusst, dass eine kleine Gemeinde wie Prosselsheim mit nicht einmal 1200 Einwohnern ihre finanziellen Grenzen hat. Denn die Gemeinde hatte bereits vor Jahren zugesagt, einen Teil der Kosten als sogenannte "kommunale Sonderbaulast" mitzutragen - einst wurde versprochen, dass das Projekt dann schneller voran gehen soll. "Ich will nicht an die finanzielle Obergrenze gehen", versprach der Minister und kann Bürgermeisterin Birgit Börger beruhigen: Er gebe die Finanzierungszusage des Staates gern schriftlich und werde "selbstverständlich zu unseren vertraglichen Vereinbarungen stehen".
So ist der Stand der Planungen derzeit
Doch wie weit sind die Planungen überhaupt? Die Gemeinde sei in alle Planungen des Straßenbauamts eingebunden, unterstrich Planer Piller. Das Amt sei in den letzten Vorbereitungen dafür, das Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Unterfranken zu beantragen. Damit werde das Baugenehmigungsverfahren angestoßen mit dem Ziel, Baurecht zu erhalten.
"Unsere vier Ordner gehen jetzt zur Vorprüfung an die Regierung. Dort werden die Unterlagen auf Vollständigkeit und Sinnhaftigkeit geprüft", erklärte Falk Piller. Danach würden die Prüfbemerkungen der verschiedenen Sachgebiete eingearbeitet, die Antragsunterlagen finalisiert und vervielfältigt. Während des Planfeststellungsverfahrens müssen alle vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Hinblick auf notwendige Folgemaßnahmen mit einbezogen werden. Anfang des Jahres 2023 soll das Verfahren offiziell beantragt werden.
"Glauben Sie mir, in unserem Amt arbeiten drei bis vier Kolleginnen und Kollegen ständig an der Umgehungsstraße", reagierte Abteilungsleiter Piller auf den Vorwurf der Bürgerinitiativen, dass es seit Langem einen Stillstand gebe. "Wir wollen den Verkehr aus dem Ort haben", bekräftigte Piller.
Welche Dinge jetzt geprüft werden müssen
Diese Straßenbaumaßnahme von der Abzweigung nach Escherndorf (Kreisstraße KT30) bis zur Mündung auf die bisherige Staatstraße nach dem Ortsende von Prosselsheim Richtung Seligenstadt sei einfach "sehr komplex". Aber alle notwendigen Vorarbeiten seien gemacht. Allein in diesem Jahr erfolgten weitere Abstimmungen mit der Regierung, zur Entwässerung oder mit dem Kommunalunternehmen und der APG.
Aktuell gehe es um Straßenquerschnitte, Grunderwerbsverzeichnisse, Grunderwerbspläne, umweltfachliche Untersuchungen oder tabellarische Gegenüberstellungen von Eingriffen und Kompensationen. In Bearbeitung sei das Verzeichnis für öffentlich-rechtliche Regelungen, der landschaftspflegerische Begleitplan mit dem Artenschutzbeitrag, wasserrechtliche Facharbeiten sowie die ganzheitliche Erläuterung des Planvorhabens.
Den Vorwurf der Dorfbewohner, dass sie nicht informiert werden, kann Falk Piller nicht nachvollziehen. Zum einen sei Bürgermeisterin Börger über alle Schritte informiert worden. Zum anderen seien er und Isabell Kuhn vom Staatlichen Bauamt Anfang Juli eigens in der Gemeinderatssitzung vor Ort gewesen, um den Sachstand genau zu erklären. Dass dieser Punkt zunächst im nichtöffentlichen Teil angesetzt war und erst auf Antrag von Gemeinderat Reiner Eberth öffentlich wurde, das liege nicht am Straßenbauamt.
Bei der Bitte der Bürgerinitiativler, doch noch einmal nach Prosselsheim zu kommen und beispielsweise im Sportheim einer breiten Öffentlichkeit erneut den Sachstand zu erklären, verwies Falk Piller auf den offiziellen Weg über die Gemeinde. Er habe viel Verständnis für die Prosselsheimer. Aber er bat sie auch darum, sich weiterhin und auch nach 40 Jahren noch in Geduld zu üben. Wie lange es dauert, bis es Baurecht gibt, könne er wirklich nicht beurteilen.
Wenn das so wäre, dann hätten diese Leute die Strasse in 40 Jahren in Handarbeit erstellen können.
In der Nachbargemeinde des Landrats hätte das doch gleich ein "Gschmäckle"