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Kitzingen
Öffentlicher Nahverkehr im Landkreis Kitzingen: Wie oft der Bus fahren müsste, damit alle zufrieden sind
Der Landkreis Kitzingen setzt erstmals auf ein Mobilitätskonzept: Ein Kraftakt für den ÖPNV zwischen machbar, wünschenswert und traumhaft. Und warum der Ärger über die Bahn groß ist.
Einen Blick in die Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs – hier die am Rathaus Kitzingen – ermöglicht das neue 'Mobilitätskonzept' des Landkreises, das weit über das Jahr 2030 hinaus reicht.
Foto: Andreas Brachs | Einen Blick in die Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs – hier die am Rathaus Kitzingen – ermöglicht das neue "Mobilitätskonzept" des Landkreises, das weit über das Jahr 2030 hinaus reicht.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 18.05.2024 02:42 Uhr

Es gibt ihn, den perfekten Öffentlichen Nahverkehr. Der traumhaft ist und keine Wünsche offen lässt. Mit einer prima Taktung, hervorragenden Anbindungen. Wie ein solcher ÖPNV-Traum aussehen könnte, zeigt eine Studie, die der Landkreis in Auftrag gegeben hat. Ergebnis: Man müsste den ÖPNV-Verkehr um 226 Prozent erhöhen und jährlich weitere 14 bis 19 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Die Analyse von dem Verkehrsplanungsbüro IGDB aus dem hessischen Dreieich wurde von den Kreisrätinnen und Kreisräten gewünscht, um zu sehen, wo sowohl beim ÖPNV als auch beim Radwegenetz die Schwächen liegen. Eine Analyse des Ist-Zustandes, von dem aus dann mögliche weitere Schritte unternommen werden können. Das Ganze nennt sich Mobilitätskonzept und wurde diese Woche in einer ersten Version dem Verkehrs- und ÖPNV-Ausschuss des Landkreises vorgelegt. Die Endversion soll dann noch vor der Sommerpause in den Kreistag kommen. 

Man kann sich das ganze vielleicht als eine große Kiste vorstellen, in der alles Wünschenswerte liegt. Eine Kiste, in die der Landkreis bei Bedarf - und wenn Geld da ist - hineingreifen kann, um sich die eine oder andere Verbesserung herauszuholen. Ein Vorrat an Plänen sozusagen. Dass die Kiste mal leer sein wird – davon ist schon wegen der enormen Kosten nicht auszugehen. Beispielsweise müssten die aktuell angebotenen 2.300.000 Fahrplan-Kilometer auf 7.500.000 Fahrplan-Kilometer aufgestockt werden, das entspricht einer Steigerung um 226 Prozent. 

Auf die Bus-Taktung kommt es an

Das Thema Barrierefreiheit ist in dem Konzept ebenso abgebildet wie Zwei-Stunden-Takte für Busse in kleineren Orten sowie Ein-Stunden-Takte in größeren Gemeinden ab 900 Einwohnern. Das Ganze versteht sich als Langfrist-Plan, der mitunter weit über das Jahr 2030 hinausreicht. Wo müssen welche Achsen verstärkt werden? Welche neuen Linien – etwa von Kitzingen nach Erlangen oder Bamberg – wären denkbar? Wo lässt sich am besten On-Demand-Verkehr einführen, damit beispielsweise nicht Rehweiler oder Tiefenstockheim außen vor bleiben? Gleichzeitig sind aber auch dringende Probleme aufgeführt – etwa die bessere Anbindung von Industriegebieten wie dem Kitzinger ConneKT.

Klar ist dabei auch: Jede Neuerung ist ein finanzieller Kraftakt. Schon das Halten des derzeitigen Bestandes ist nicht selbstverständlich und oftmals eine Herausforderung. Was wiederum dazu führt, dass manches künftig verschwinden wird. Braucht es unter neuen Gegebenheiten später noch die Freizeit-Linien wie den Mainschleifen-Shuttle? Erübrigen sich möglicherweise der Dorfschätze-Express oder der Bocksbeutel-Express, weil ihn neue Linien überflüssig machen? 

Mobilität als Daseinsvorsorge

Und auch diese Botschaften stehen unverrückbar in dem Konzept: Mobilität ist immer auch Daseinsvorsorge. Weshalb man ein "Mobilitätsversprechen" geben will. Ein Leitsatz lautet: Man wolle nach den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit für entsprechende Verkehrsbedingungen sorgen. Und: Das bestehende ÖPNV-Angebot bildet eine Grundlage, die sich nicht verschlechtern darf. In Geld ausgedrückt sieht es so aus, dass im Landkreis in diesem Jahr um die elf Millionen Euro für den ÖPNV ausgegeben werden, davon muss der Landkreis einen Eigenanteil von 7,8 Millionen Euro tragen. 

Auch das ist eine Entwicklung, die Zukunftsplanung nicht gerade einfacher macht: Noch vor ein paar Jahren wurde der ÖPNV vom Staat mit 66 Prozent gefördert, der Rest kam aus der Kreiskasse. Inzwischen haben sich die Dinge ins Gegenteil verkehrt: Gefördert werden lediglich noch 26 Prozent der Gesamtkosten, den überwiegenden Anteil zahlt also inzwischen der Landkreis.   

Der Landkreis Kitzingen ist ein beliebtes Ziel für Radfahrer. Das Foto entstand am Radweg bei Fahr.
Foto: Peter Pfannes | Der Landkreis Kitzingen ist ein beliebtes Ziel für Radfahrer. Das Foto entstand am Radweg bei Fahr.

Der zweite Schwerpunkt des neuen Mobilitätskonzeptes befasst sich mit dem Radverkehrsnetz. Auch hier geht man vom Bestand aus und von dem, was schon in der Planung ist. Der Landkreis hat dabei ein Auge auf die derzeit 63 Routen mit knapp 600 Kilometer Netzlänge. Der Kreis ist aber letztlich insofern außen vor, als Pflege und Instandhaltung der Radwege durch die Gemeinden erfolgt.

Der Kitzinger Bahnhof "als Herzstück"

In der Diskussion betonte Robert Finster (SPD), dass man sich "realistische Ziele setzen" müsse. Als "Herzstück" sehe er dabei den Ausbau des Kitzinger Busbahnhofes. Seine Fraktionskollegin Eva-Maria Weimann nannte das Mobilitätskonzept "einen Schritt in die richtige Richtung", auch habe der Landkreis "mit knappen Ressourcen" beim ÖPNV viel bewirkt. 

Ingrid Reifenscheid-Eckert (Freie Wähler) hob hervor, dass man beim ÖPNV "noch Luft nach oben" habe und es immer wichtig sei, "die Menschen mitzunehmen". Dieter Haag (CSU) nannte die mögliche Erhöhung des Bestandes um 226 Prozent "völlig utopisch". Der ehemalige Dettelbacher Bürgermeister Reinhold Kuhn (CSU) lenkte den Fokus auf die Anbindung an die Bahn. Das sei sowohl in Dettelbach als auch in Kitzingen "eine Katastrophe". Was auch Landrätin Tamara Bischof so sah und nicht minder deutlich betonte, dass die Bahn hier einiges "über Jahrzehnte verpennt" habe. Am Ende stimmte der Ausschuss dem Mobilitätskonzept des Landkreises einstimmig zu. 

 
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