
Wie schön ein gut funktionierender Öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV) sein kann – bei den Haushaltsberatungen des Verkehrs- und ÖPNV-Ausschuss des Landkreises bekam man eine Ahnung davon. Der Landkreis arbeitet auf ein großes Ziel hin. Eines Tages sollen acht Buslinien sternförmig durch den Landkreis fahren. Im Stundentakt. Und ebenfalls stündlich trifft man sich wieder am geplanten Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) vor dem Kitzinger Bahnhof statt wie jetzt verstreut überall und nirgends. Der ZOB in der Großen Kreisstadt soll mehrere Buchten bekommen, ähnlich wie schon in Münsterschwarzach und Volkach. Funktionieren soll es idealerweise so, dass fünf Minuten vor Zugabfahrt alle Busse da sind und fünf Minuten nach Ankunft des Zuges die Busse wieder losfahren.
Günter Rauh, der zuständige Abteilungsleiter für den ÖPNV im Landkreis, nennt das "Rendezvous-Verkehr". Busse, die stündlich ein Rendezvous haben – was für ein schönes Bild. Kitzingen als Drehscheibe. Und als Taktgeber. An diesem Bild wird heftig gearbeitet. Von Günter Rauh zwar nur noch bis November, weil er danach in Rente geht. Aber mit Julian Englert arbeitet er seinen Nachfolger bereits ein. Unabhängig von den handelnden Experten steht eines aber auch fest: Der Landkreis wird in den nächsten Jahren auch weiterhin viel Geld ausgegeben müssen, um sein Ziel zu erreichen.

Am Ende soll vieles zusammenpassen und so manches Ärgernis der vergangenen Jahre beseitigt sein: So war man sich im Ausschuss einig, dass in den wiedereröffneten Kitzinger Bahnhof eine Fahrkarten-Verkaufsstelle gehört. Dies sei "unbedingt erforderlich", betonte Rauh und das allgemeine Nicken der Kreisräte ließ erkennen, dass das viele so sehen und man sich nach den "bahnhoflosen" Jahren in Kitzingen einen Neuanfang wünscht, bei dem keine Wünsche offen bleiben.
Mainschleifenbahn: Start Anfang 2026
Das ÖPNV-Zukunftsgemälde enthält noch jede Menge weiterer interessanter Details in den schönste Farben. Da ist beispielsweise die Mainscheifenbahn, die nach dem Stand der Dinge ab dem 1. Januar 2026 wieder in den Personennahverkehr einsteigen soll. Da ist der stete Blick auf die Barrierefreiheit, auch wieder mit Blick auf den Kitzinger Bahnhof. Die Digitalisierung der Busse schreitet unaufhaltsam voran. Am Ende soll die Einführung von E-Tarifen stehen. Alles wird elektronisch, Papier-Fahrausweise gehören dann der Vergangenheit an – bis hin zu einer automatisierten Fahrpreisfindung.
Eingebettet in zwei Verkehrsverbünde, ist das Kitzinger Land als einziger Landkreis in Bayern schon jetzt privilegiert. Sowohl für den Großraum Nürnberg (VGN) also auch für Mainfranken (VVM) gibt es immer wieder Nachbesserungen und Erweiterungen. So führt der VVM jetzt eine günstige Familientageskarte ein. Kostet eine solche Karte beispielsweise von Kitzingen nach Würzburg heute 20,90 Euro, werden künftig nur noch 10,30 Euro fällig.
Pilotprojekt über fünf Jahre
Ein ganz neues ÖPNV-Erlebnis kommt spätestens Ende nächsten Jahres zudem auf den nordöstlichen Landkreis (Volkach, Prichsenstadt und Geiselwind) und etwa 22 000 Einwohner zu. Zusammen mit dem angrenzenden Teil des Landkreises Schweinfurt (rund um Heidenfeld und Gerolzhofen) wird ein auf zunächst fünf Jahre ausgelegtes Pilotprojekt gestartet. Ein neuer Bedarfsverkehr, also ohne Fahrplan. In Gebieten mit schwacher Nachfrage wird zum eher selten verkehrenden Linienbus eine Verstärkung in Form eines Rufbusses geschaffen, der den Fahrgast nur so viel kostet wie ein normaler Bus. Das Ganze basiert auf dem Nachfrage-Prinzip und nennt sich neudeutsch On-Demand-Verkehr.
Und so funktioniert's: Per Telefon, Internet oder App kann man einen Kleinbus mit bis zu acht Plätzen anfordern. Entweder mit Vor- oder Dauerbuchung oder auch spontan, hier kann allerdings eine Wartezeit von bis zu 90 Minuten möglich sein. Eine zentrale Stelle koordiniert die Abfahrtszeiten und übermittelt sie den Kunden. Die Beförderung findet ausschließlich in dem definierten Gebiet statt. Der Zeitraum erstreckt sich von Montag bis Freitag von 5 bis 23 Uhr sowie am Wochenende von 7 bis 21 Uhr. Die Fahrt erfolgt von Haustür zu Haustür.
Das Projekt kostet den Landkreis Kitzingen pro Jahr 135 000 Euro. Das ist es wert – da war sich der Ausschuss einig und stimmte geschlossen für den fünfjährigen Versuch. Sollte sich On-Demand als Erfolgsmodell entpuppen, sei eine Ausweitung auf andere Gebiete denkbar, waren sich die Kreisräte auch in diesem Punkt einig.