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Kitzingen
Nach der heftigen Sturzflut in Kitzingen: Welche Lehren die Stadt zieht und warum das alles so lange dauert
Was extremes Wetter bedeutet, hat Kitzingen Anfang Juni erlebt. Es war ein Gruß aus der Zukunft, und die Frage ist nicht nur, wie die Stadt reagiert, sondern auch: wie schnell?
Land unter: Der Starkregen am Abend des 1. Juni hat nicht nur rund um den Kitzinger Essbach großen Schaden angerichtet.
Foto: Gerhard Krämer | Land unter: Der Starkregen am Abend des 1. Juni hat nicht nur rund um den Kitzinger Essbach großen Schaden angerichtet.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 20.07.2024 02:39 Uhr

Mehr als sechs Wochen ist es her, dass sich über Kitzingen alle Schleusen öffneten und manche Dämme brachen. Bis zu 100 Liter Regen auf den Quadratmeter gingen Anfang Juni über Teilen der Stadt nieder – mit den Folgen kämpfen Betroffene noch immer.

Die Schäden gingen in die Millionen, und sofort nach der Sturzflut kam die Frage auf: Welche Lehren zieht die Stadt? Was tut sie, um vor solchen Naturkatastrophen künftig besser gewappnet zu sein? Eines hat Stadtrat Manfred Paul (SPD) in der jüngsten Sitzung schon einmal klargemacht: "Das Hochwasser wird sich nicht nach unserem Zeitplan richten."

Dahinter steckt die Sorge, dass es mit den Vorbereitungen auf die nächste Flutwelle nicht schnell genug geht. Nicht nur bei den Betroffenen des jüngsten Unwetters grassiert die Angst, dass ihre Häuser und Autos dann wieder absaufen, sondern auch bei jenen, die diesmal noch glimpflich davonkamen.

Keiner weiß, wen es als Nächstes treffen wird. Am Abend des 1. Juni erreichte das Wasser Bereiche, die sich sicher wähnten und bislang nie größere Probleme hatten. Oft hörte man entlang des Repperndorfer und des Eherieder Mühlbachs den Satz: "So etwas gab es hier noch nie."

Erst Ende 2025 gibt es die Ergebnisse zum Hochwasserschutz

Der Stadtrat hat sich im Januar entschieden, ein Sturzflut-Risikomanagement in Auftrag zu geben. Die Grünen hatten es schon Anfang 2021 gefordert, doch erst Jahre später wurde es auf den Weg gebracht. Bis die Ergebnisse des Fachbüros vorliegen, wird es Ende 2025 werden.

So lange könne man nicht warten, sagte Paul. Er forderte, schon jetzt mit "ersten Maßnahmen" zu beginnen und Prioritäten zu setzen. "Wo sollen wir die setzen?", fragte Jens Pauluhn, der Leiter des städtischen Tiefbauamts. "Wenn ich nach den jüngsten Ereignissen im Mai und Juni gehe, wären die Prioritäten in der ganzen Stadt."

Wie lassen sich Unwetterschäden wie hier in der Kaltensondheimer Straße in Kitzingen künftig verhindern?
Foto: Frank Mühlpfort | Wie lassen sich Unwetterschäden wie hier in der Kaltensondheimer Straße in Kitzingen künftig verhindern?

Für Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) gibt es durchaus "Anhaltspunkte", wo man manches schon vor dem Konzept anpacken könne. Nicht neu ist ja die Erkenntnis, dass sich das Unheil regelmäßig vor den Toren der Stadt zusammenbraut. Dort, weit draußen im Kaltensondheimer Tal, kam laut OB auch beim Unwetter Anfang Juni in zu kurzer Zeit zu viel Wasser zusammen, das dann in Form einer Sturzflut Richtung Stadt schoss.

Bei 90 bis 100 Liter auf den Quadratmeter sei das Kanalnetz einfach überfordert. Und weil durch das viele Treibgut auch noch manche Durchlässe verstopft waren, suchte sich das Wasser teils wilde Wege. Schutzmaßnahmen müssten somit darin bestehen, die Fluten zu verlangsamen und sie dosiert abzuleiten. "Dafür brauchen wir nicht zu warten, bis jeder Zufluss aus allen Richtungen untersucht ist", so der OB.

Der Eherieder Mühlbach ist "mit die größte Gefahr"

Pauluhn sah im Eherieder Mühlbach, der aus Richtung Kaltensondheim in die Stadt fließt, "mit die größte Gefahr". Weil dieser Bach laut Stadträtin Brigitte Endres-Paul bei Starkregen immer Probleme macht, sei schon 2007 ein Schutzkonzept erstellt worden. Reiche es nicht, das nun wieder aus der Schublade zu holen? Die Stadt will – gerade nach den jüngsten Erfahrungen – prüfen lassen, ob sich Maßnahmen vorziehen und beschleunigen lassen.

Aktuell ist man im Rathaus noch damit beschäftigt, die Folgen des vergangenen Hochwassers abzuarbeiten. Immer noch gehen nach Pauluhns Worten jeden Tag ein bis zwei Anrufe im Rathaus zu dem Thema ein.

Probleme mit der Schadensregulierung gebe es überall dort, wo Bewohner direkt auf die Uferbefestigung der Bäche gebaut hätten. Die Stadt sei nur für das eigentliche Gewässer zuständig, nicht für die Bereiche daneben. Gerade hat der Stadtrat zusätzliche 200.000 Euro für "unvorhergesehene Schäden" bewilligt.

 
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  • Johannes Metzger
    Einfach zu realisieren, Entsiegelung statt Versiegelung. Speicherfähigkeit des Bodens erhöhen anstatt mit Monstermaschinen den Boden zu verdichten etc.
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  • Gerlinde Conrad
    Der Leiter des Tiefbauamtes fragt einen Stadtrat, wo er die Prioritäten zum Hochwasserschutz setzen soll? Das lässt tief blicken und macht den Kommentator tatsächlich sprachlos! K.-H. Conrad
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  • Jo Schmitt
    Naja.

    Der Leiter kann Vorschläge machen. Zu beschließen was wann mit welchen Finazmitteln zu machen ist hat der Stadtrat. Und sonst - erstmal - niemand anderes. Nennt sich Rollenverteilung.

    A propos:

    * StadtKlima -- Kommunale Strategien und Potenziale zum Klimawandel

    https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/exwost/39/exwost-39.html
    Ist zwar schon elf Jahre alt aber immer noch gültig.

    * Vorsorgendes Risikomanagement in der Regionalplanung -
    Handlungshilfe für die Regionalplanung

    https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2020/risikomanagement.html
    Von 2020

    Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
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  • Jo Schmitt
    PS: Das könnte - bzw. die Ergebnisse daraus - noch interessant sein bzw. werden:

    Difu-Seminar: Kommunale Überflutungsvorsorge - Planer im Dialog -- Sind 6 Jahre und viele Überflutungen später neue Strategien in Sicht? Mo 28 Okt 24 – Di 29 Okt 24

    https://difu.de/veranstaltungen/2024-10-28/kommunale-ueberflutungsvorsorge-planer-im-dialog

    Grüße nach Kitzingen aus Würzburg!
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