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Kitzingen
Nach dem Hochwasser: Der Schreck sitzt immer noch tief – nicht nur in Kitzingen
Das hat so noch niemand erlebt: Rutschende Hänge, geflutete Häuser durch die Kanalisation und große Schäden durch zwei vermeintlich kleine Bäche.
Nie zuvor gesehene Bilder: Der Starkregen erwischte in Kitzingen den Bereich Talstraße und Kaltensondheimer Straße besonders schlimm.
Foto: Gerhard Krämer | Nie zuvor gesehene Bilder: Der Starkregen erwischte in Kitzingen den Bereich Talstraße und Kaltensondheimer Straße besonders schlimm.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 19.06.2024 02:53 Uhr

Man könnte von einem Treppenwitz sprechen: Als sich die Mitarbeiter der Licht-, Kraft- und Wasserwerke (LKW) in Kitzingen gegen das Hochwasser und dessen Folgen stemmten, wurde aus der Schwanbergstraße ein Wasserrohrbruch gemeldet. Viel Zeit, über diese seltsame Konstellation den Kopf zu schütteln, blieb Roger Lindholz nicht: "Mit Mann und Maus" sei man unterwegs gewesen, um sich gegen die Hochwasser-Katastrophe zu stemmen, die große Teile des Kitzinger Landes in der Nacht zum 2. Juni heimsuchte.

Die an vielen Stellen zusammengebrochene Stromversorgung wieder in Gang zu bringen, sei allein schon wegen der Menge eine Herausforderung gewesen. 55 Häuser waren nach dem Unwetter stromlos. In etwa 100 Kellern mussten zunächst einmal Installateure die Stromzähler reparieren, bevor es wieder Licht werden konnte. Mitte dieser Woche stand bei etwa einem Dutzend Anschlüssen noch das OK aus, um diese wieder unter Spannung nehmen zu können, so Lindholz auf Anfrage. Die Versorgungsanlagen seines Unternehmens seien zum Glück überwiegend ohne Schaden geblieben, man sei "gut durchgekommen".

Der Kitzinger Kommandant Matthias Gernert zeigt im Feuerwehrhaus, bis wohin das Wasser stand.
Foto: Eike Lenz | Der Kitzinger Kommandant Matthias Gernert zeigt im Feuerwehrhaus, bis wohin das Wasser stand.

Um die eigene Infrastruktur musste die Kitzinger Feuerwehr kurzzeitig bangen. Weil das Parkhaus am Main überschwemmt wurde, geriet auch das Gerätehaus mit den Technikräumen in Gefahr. Wäre das passiert, wäre man "komplett manövrierunfähig" gewesen, sagt Matthias Gernert. Der Kitzinger Stadtbrandinspektor kann in dem Gebäude inzwischen auf 27 Jahre zurückblicken – so etwas sei in all den Jahren undenkbar gewesen. Weil immer klar war: Wenn Hochwasser droht, dann vom Main. Das kommt mit Ansage und 24 Stunden Vorlaufzeit. Weshalb sich Vorsorge treffen lasse. Dass nun das Wasser ganz andere Wege nahm und geradezu angeschossen kam, habe er "so noch nie erlebt".

100 Häuser in Kitzingen vom Hochwasser getroffen

Dabei musste die Feuerwehr neben der eigenen Rettung auch noch 121 Einsätze im Stadtgebiet in der Nacht vom 1. zum 2. Juni bewerkstelligen. Bei etwa 100 Häusern dürfte "Land unter" gewesen sein, so Gernert. Der Repperndorfer Mühlbach und der Eherieder Mühlbach (Essbach) verwandelten um die zehn Straßen in Kitzingen in eine Seenlandschaft. 

Land unter in der Ortsmitte Mainstockheims vor knapp zwei Wochen.
Foto: Andreas Fuchs | Land unter in der Ortsmitte Mainstockheims vor knapp zwei Wochen.

Während sich die Blicke stark auf Kitzingen richteten, standen Nachbarorten mitunter auch nahe an einer ähnlichen Überschwemmungskatastrophe. Wenn es zehn Minuten länger geregnet hätte, so Dettelbachs Bürgermeister Matthias Bielek, wäre die Dettel übergeschwappt – womöglich mit ähnlich schlimmen Folgen wie in Kitzingen. Es gibt viele weitere Beispiele dieser Art. In Etwashausen hielt ein Regenrückhaltebecken nicht. Rund um Buchbrunn wurden aus Äckern Seenlandschaften.

In Mitleidenschaft gezogen wurden auch Mainstockeim. "Das Hochwasser hat uns wieder einmal nicht vom Main her überrascht, sondern durch die Niederschläge auf den Höhen und in den Seitentälern", betont Bürgermeister Karl-Dieter Fuchs. Betroffen war demnach vor allem der Altort entlang der Hauptstraße, wo zahlreiche Keller vollliefen. Neben Wohn- seien auch Gewerberäume betroffen gewesen. Zudem wurden das Feuerwehrhaus und der Bauhof überflutet. Und in der Flur, so Fuchs, "kam es zu zahlreichen Abschwemmungen und Hangrutschen".

Häuser durch Kanalisation geflutet

So sah es im Lerchenbühlweg in Schwarzenau aus – mehrere Häuser wurden durch die Kanalisation geflutet. 
Foto: Christiane Zepter | So sah es im Lerchenbühlweg in Schwarzenau aus – mehrere Häuser wurden durch die Kanalisation geflutet. 

Dass es auch punktuell zu Schäden kommen kann, zeigte sich in Schwarzenau. Dort wurden im Lerchenbühlweg und der Raiffeisenstraße mehrere Häuser durch die Kanalisation geflutet. Wie eine Anwohnerin berichtet, stand das Wasser bis zu 50 Zentimetern in den Kellern. In der Stadtschwarzacher Straße sei das Wasser über die Wiese von hinten auf die Häuser zugekommen, berichtet die Augenzeugin. Die Gräben und die Durchflüsse seien nicht in der Lage gewesen, die Wassermassen des Starkregens schnell genug Richtung Main zu befördern.

Gemessen an den vielen Schadensfälle war es im Kitzinger Landratsamt in den Tagen danach relativ ruhig: Dort lagen laut Auskunft der Pressestelle bis Mittwoch 20 Anträge auf finanzielle Hilfe zur Bearbeitung vor. Am Dienstag bekamen drei Geschädigte ihre Bescheide auf Soforthilfe zugestellt.

Container für Hochwassermüll

Die Kommunale Abfallwirtschaft stellte Container auf, damit Geschädigte ihren Müll entsorgen konnten.
Foto: Julia Graber | Die Kommunale Abfallwirtschaft stellte Container auf, damit Geschädigte ihren Müll entsorgen konnten.

Derweil hatte die Kommunale Abfallwirtschaft Container in Kitzingen, Mainstockheim, Albertshofen, Schwarzenau und Kaltensondheim aufgestellt, damit Geschädigte ihren Hochwassermüll entsorgen konnten. Teilweise sei "ein mehrfacher Austausch der Behälter notwendig gewesen". Am Dienstag fand zudem eine Sondersammlung in Kitzingen statt. Ein weiterer Service: Der Wertstoffhof in Kitzingen nimmt Müll von Hochwassergeschädigten vorübergehend kostenlos an. 

Für sperrige brennbare Abfälle sowie sperrigen Elektroschrott und Metallabfall werden für die Stadt Kitzingen ab 17. Juni Sondertouren für Sperrabfall angeboten. Eine Anmeldung unter Tel. (09321) 9281234 ist erforderlich. 

Das, was da als "Starkregenereignis" Anfang Juni über dem Landkreis niederging, soll mit einigem Abstand noch einmal genau unter die Lupe genommen werden. Am 24. Juni soll es im Kitzinger Rathaus eine Manöverkritik geben. Dabei gilt es auch die Frage zu klären, was man tun kann, damit aus kleinen Bachläufen nicht wieder – aus dem Nichts – zerstörerische Fluten werden. 

 
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