Verdreckte Teppiche hängen über den Zäunen, verschlammte Gegenstände warten auf den Sperrmüll: Auf dem Weg durch die Talstraße in Kitzingen bietet sich am Tag nach dem Unwetter ein Bild der Verwüstung. Mühsam befreien Anwohnerinnen und Anwohner ihre Garagen, Keller und Autos von Wasser und Schlamm. Hilfe erhalten sie von Freunden, Familienangehörigen, Nachbarinnen und Nachbarn – und sogar Unbekannten. Sechs Bewohner schildern ihre Erlebnisse.
Ulrich Wachter, Inhaber von Wurst Wachter: "So was habe ich noch nie erlebt"
Ulrich Wachter sitzt in seinem Büro, direkt neben der Wurstküche der Metzgerei Wachter. Im Haus werden noch immer die Spuren des Starkregens beseitigt. "Ich bin seit 74 Jahren in Kitzingen. So was habe ich noch nicht erlebt", sagt der 83-Jährige. Innerhalb kürzester Zeit sei der Keller in der Nacht auf Sonntag vollgelaufen.
Wachter ist von der Hilfsbereitschaft überwältigt. "Aus der Nachbarschaft hat eine junge Frau ihre Hilfe angeboten. Ich wusste nicht, wer sie ist und hatte Mühe, ihre Adresse herauszubekommen", erzählt der Inhaber des Familienbetriebs. Die Ware der Metzgerei sei unversehrt geblieben. "Trotz Stromausfall wurde die Kühlkette nicht unterbrochen", sagt Mitarbeiterin Renate Seitz.
Tatkräftige Hilfe erhielt die Metzgerfamilie von ihren Freunden Peter und Maximilian Streng, die in der Nacht auf Sonntag mehrmals von Dettelbach nach Kitzingen fuhren und Pumpen und einen Wassersauger brachten. Maximilian Streng ist beeindruckt: "Es ist Wahnsinn, was hier für eine Einsatzbereitschaft herrscht", sagt der 23-Jährige.
Alexandra Knack: "Die Partyhütte können wir abreißen"
Wenige Meter weiter wohnt Alexandra Knack. Auch ihr Keller lief voll mit Wasser. "Der Strom ist da, aber wir haben kein heißes Wasser", sagt die 49-Jährige. Die Kitzingerin erinnert sich an frühere Unwetter, doch die seien nicht so heftig gewesen. "Wir hatten noch nie Wasser im Keller!" Ihr Auto hat Knack rechtzeitig aus der Garage gerettet und an der Tankstelle geparkt.
Am Schlimmsten hat es die Partyhütte erwischt. "Die ist unterspült, das bekommen wir nicht mehr trocken", sagt Knack. "Ich denke, wir können sie abreißen."
Silke Jacobi: "Das Schlimmste ist, dass wir keinen Strom haben"
Knacks Nachbarin Silke Jacobi wohnt seit 16 Jahren in der Talstraße und sagt: "Wir hatten bisher nur einmal ein bisschen Wasser im Keller." In Gummistiefeln steht die 48-Jährige dreckverschmiert vor ihrem Seat Ibiza, der innen voller Schlamm ist. Das Auto ist nicht mehr fahrtüchtig. "Der Keller wurde komplett überflutet. Das Schlimmste ist, dass wir keinen Strom mehr haben", sagt Jacobi. Auch heißes Wasser gab es am Montagmittag nicht.
Beeindruckt ist Jacobi von den Feuerwehren. "Die Feuerwehrleute waren gut drauf. Auch viele junge Leute waren dabei und haben geholfen."
Mike Schulz: "Das Auto ist keine zwei Jahre alt"
Gegenüber von Silke Jacobi wohnen Mike Schulz und Mieczyslaw Cisek. "Ich bin seit Samstag auf den Beinen und habe nicht mehr geschlafen", sagt Schulz. Innerhalb einer Stunde habe sich das Wasser im Keller und in der Garage gesammelt. Der Keller ist seitdem voller Schlamm. "Das Schlimmste ist die Feuchtigkeit, die in meine gerade erst frisch renovierte Wohnung hochzieht."
Sorgen macht sich Schulz auch um sein Auto: "Keine zwei Jahre alt und womöglich ein wirtschaftlicher Totalschaden." Mehr Glück hat Nachbar Mieczyslaw Cisek. Der Motor seines Autos läuft bisher.
Chris Frank: "Vorhin hatte ich ein Erfolgserlebnis: Der Akkuschrauber aus dem Keller geht noch"
Ein Stück weiter wohnt seit Kurzem Familie Frank. "Wir haben das Haus erst gekauft, saniert und sind vor vier Wochen eingezogen", sagt Chris Frank. Bis zur dritten Treppenstufe am Hauseingang kam das Wasser, der Keller lief voll. "Das Wasser hatte eine Höhe von 1,80 Metern", sagt der 35-Jährige. Im Keller hatte der Lehrer unter anderem Unterrichtsmaterialien gelagert, die er nun nicht mehr verwenden kann.
"Meine Familie aus Aschaffenburg und Freunde sind hier und helfen uns", sagt Frank dankbar. Seinen Humor hat er im Schlamm nicht verloren: "Ich hatte vorhin ein Erfolgserlebnis: Der Akkuschrauber aus dem überfluteten Keller geht noch."