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Iphofen
Entschlossen gegen die Energiekrise: Wie Iphofen jetzt seinen eigenen Strom produzieren will
Gas braucht die Stadt für ihre Einrichtungen wie Hallenbad und Schule schon heute nicht mehr, nun soll ein weiterer Schritt folgen. Wie der Weg zur autarken Stromversorgung aussehen könnte.
Was tun, wenn die Lichter in Iphofen plötzlich ausgehen? Die Stadt will für den Fall der Fälle gerüstet sein und demnächst selbst Strom produzieren.
Foto: Richard Schober | Was tun, wenn die Lichter in Iphofen plötzlich ausgehen? Die Stadt will für den Fall der Fälle gerüstet sein und demnächst selbst Strom produzieren.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:16 Uhr

Auf eine der drängendsten Fragen dieser Tage hat der Iphöfer Stadtrat jetzt eine pragmatische Antwort gefunden. Wo soll künftig – sicher und günstig – der Strom für städtische Einrichtungen wie Schule, Schwimmbad oder Sporthalle herkommen? Bestenfalls aus eigener Erzeugung. Die Weichen dafür hat der Stadtrat am Montagabend in der ersten Sitzung nach der Sommerpause gestellt. Bis Ende 2023 könnte das System stehen, mit dem Iphofen wieder einmal zum Vorreiter im Landkreis wird. Für ihre Bürger gibt die Stadt in Zeiten drohender Versorgungsengpässe aber noch eine andere Garantie.

Die Warnungen vor flächendeckenden Stromausfällen in Deutschland finden dieser Tage ein breites Echo. Erst zu Wochenbeginn hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund auf die "Gefahr eines Blackouts" verwiesen und eine bessere Vorbereitung auf echte Krisensituationen angemahnt. Andere Verbände und Energieexperten wiegeln ab und sehen in solchen Aufrufen eher Panikmache. So oder so werden Strom und Gas in nächster Zeit Mangelware und damit teuer bleiben. Kommunen und Privathaushalte versuchen darauf zu reagieren, indem sie sich möglichst unabhängig von großen zentralen Anbietern machen und im Kleinen ihre eigene Energieversorgung aufbauen. So wie Iphofen.

Ein Blockheizkraftwerk macht Iphofen autark von Gas

Lange vor den drohenden Engpässen beim Erdgas etwa hat die Stadt ein Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. Seit 2011 versorgt es städtische Einrichtungen wie Hallenbad, Schule, Karl-Knauf-Halle oder Altenbetreuungszentrum mit Nahwärme. Auch Unternehmen und Privathaushalte der Altstadt sind zum Teil daran angeschlossen. Die dafür nötigen Hackschnitzel zum Heizen kommen aus dem eigenen Stadtwald. Ein zweites BHKW ist in Planung. In einem weiteren Schritt sollen die großen Energiefresser der Stadt möglichst rasch auch mit selbst produziertem Strom versorgt werden. Man wäre dann weitgehend autark von fremden Energielieferanten und könnte überschüssigen Strom verkaufen.

Den Schritt in die Unabhängigkeit soll ein ausgeklügeltes System aus Photovoltaikanlagen, Batteriespeichern und Notstromaggregaten ermöglichen. Wie dieser Weg aussehen könnte, stellten am Montag die Ingenieure Frank und Steffen Hoh aus Biebelried dem Stadtrat vor. "Wir wollen groß denken", hatte Frank Hoh gleich zu Beginn erklärt. Vier Varianten hatten sie mitgebracht, eine blieb übrig. Mit ihr soll das Areal von Schule, Sporthalle und Blockheizkraftwerk autark mit Strom versorgt werden, das Hallenbad, das demnächst saniert oder neu gebaut wird, folgt in einem späteren Schritt.

Die Anlagen, die auf den Dächern der Halle und der Schule verbaut werden, verfügen über eine Leistung von je etwa 240 Kilowatt Peak und werden in einer gemeinsamen Trafostation zusammengebunden. Hinzu kommt ein Batteriespeicher mit Notstromfunktion, der Energie für das gesamte Areal puffert und bei Bedarf erweitert werden kann.

Was die Kosten angeht, liegt bei dem Projekt noch Vieles im Dunkeln. Die Ingenieure haben zwar berechnet, dass die Anlage für die Karl-Knauf-Halle rund eine halbe Million kostet und die Stadt bei einem angenommenen Strompreis von 38 Cent je Kilowattstunde nach etwa 16 Jahren in den Plusbereich kommen werde. Aber für das Gesamtpaket, das am Montag geschnürt wurde, gibt es noch keine belastbare Kalkulation.

Stadtrat warnt vor Schäden an den Anlagen durch Marderbisse

Manche Bedenken konnten die Fachleute immerhin ausräumen, etwa die von Stadtrat Andreas Müller, dass einige der Schuldächer nicht tragfähig genug sein könnten. Die Module würden nur auf den neueren Blechdächern installiert, hieß es. Und auf die Frage von Drittem Bürgermeister Jörg Schanow, wie lange solche Anlagen hielten, sagte Hoh: mindestens 20 Jahre, eher 25 bis 30 Jahre. Otto Kolesch warnte vor immensen Schäden durch Marderbisse. Die Kabel müssten entsprechend geschützt werden.

An der Grund- und Mittelschule könnte es schon in den nächsten Monaten mit der Installation losgehen. Die Solarpaneele, so die Auskunft der Ingenieure, seien verfügbar, und es gebe auch Fachfirmen, die noch Luft für Aufträge hätten. Bis das gesamte System steht und vernetzt ist, dürfte es allerdings Ende 2023 werden.

Bei Stromausfällen soll es Wärmeinseln in den Stadtteilen geben

Bis dahin soll dann auch ein Projekt umgesetzt sein, das Bürgermeister Dieter Lenzer unter dem Stichwort Bevölkerungsschutz in die Diskussion einbrachte: ein Notfallsystem, das den Menschen in allen sieben Stadtteilen bei einem längeren Stromausfall Zuflucht bietet. Feuerwehr- oder Gemeindehäuser könnten dort mit "Lichtpunkten" und "Wärmeinseln" zu Anlaufstellen werden. Für sensible Einrichtungen wie das Altenbetreuungszentrum oder kritische Infrastruktur wie Kläranlagen will sich die Stadt um mobile Notstromaggregate kümmern, die bei Bedarf rasch in Betrieb zu setzen sind.

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Kommentare
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  • R. H.
    Auf sowas kommt nur der Stadtrat aus Iphofen.
    Den gemachten******* als Gold verkaufen, das gibt es nur in Iphofen !

    Seit Jahren werden private Photovoltaikanlagen systematische mit fadenscheinigen Argumenten verhindert und JETZT kommt die Stadt als einzigartiger Erfinder der Photovoltaikanlagen!

    Ich würde den Hut ziehen, wenn jetzt der große Wurf käme. PV nicht nur für Städtische Einrichtungen, nein, sondern auch mit Bürgerbeteiligung für die Bürger Iphofens die PV aus den seltsamen Gestaltungsgründen nicht PV- Anlagen betreiben dürfen. Abrechnungtechnisch geht dies alles bereits (siehe Mieterstrommodel).

    Oder noch besser: gebt um alles in der Welt, die Dachflächen in Iphofen für PV- Anlagen frei! Es gibt längst gute PV- Gestaltungsmöglichkeiten. Tut im Stadtrat was für die Umwelt, was gegen die Energiekrise und gönnt den Eigenheimbesitzern ihre eigene Energie
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    Großflächige Stromausfälle wird es, wenn überhaupt in Bayern geben. Dort hat die CSUngeführte Landesregierung, den Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und den Stromtrassenausbau massiv behindert. Da hilft auch der Weiterbetrieb der AKWs nicht.
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