zurück
Kitzingen
Misstöne nach der Tour von Michael Patrick Kelly und Wincent Weiss: Konzerte am Main haben jetzt ein Nachspiel
Tausende lauschten im Juni am Kitzinger Flussufer den angesagten Künstlern, aber nicht alle zahlten dafür. Das bringt die Stadt in Nöte – und auf ziemlich verrückte Ideen.
Tausende Fans jubeln Wincent Weiss am 17. Juni bei seinem Auftritt am Kitzinger Stadtbalkon zu. Fast ebenso viele sind es außerhalb des Festgeländes.
Foto: Fabian Gebert | Tausende Fans jubeln Wincent Weiss am 17. Juni bei seinem Auftritt am Kitzinger Stadtbalkon zu. Fast ebenso viele sind es außerhalb des Festgeländes.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2023 05:39 Uhr

2500 Menschen bei Jan Delay, noch einmal so viele bei Michael Patrick Kelly und "mehrere Tausend" bei Wincent Weiss. Wie viele genau es waren, kann keiner genau sagen, denn die Dunkelziffer ist hoch. Und genau das ist das Problem: dass Hunderte, wenn nicht Tausende, rund um das Festgelände, zu Lande und zu Wasser, die Konzerte am Kitzinger Mainufer genossen, ohne dafür zu bezahlen. Für lau also. Oder wie Oberbürgermeister Stefan Güntner sagt: "Viele saßen da und haben, na ja, die Konzerte schmarotzt." Das sind ziemliche Misstöne nach drei ziemlich gelungenen Abenden mit flirrenden Sommergefühlen. Und die Frage ist jetzt: Welche Folgen hat das für künftige Veranstaltungen?

Drei große Künstler binnen sieben Tagen auf der Bühne am Stadtbalkon – das gibt es nicht alle Tage in einer Kleinstadt wie Kitzingen. Ausverkauft hieß es bei manchem Konzert, aber so ganz richtig war das wohl nicht. "Wir hätten doppelt so viele Tickets verkaufen können", sagt der OB. Statt sich aber für 60 oder 70 Euro eine Karte zu kaufen, suchten viele Menschen sich lieber ein lauschiges Plätzchen im Umfeld des Stadtbalkons.

Allein beim Auftritt von Wincent Weiss zählte die Reporterin dieser Redaktion rund 20 Boote auf dem Fluss, dazu ein Hotelschiff und ein großes Partyboot. Tags zuvor bei Michael Patrick Kelly war es wenig anders. Kelly hat sogar zwei kurze Texthänger, weil er über die zahlreichen Zaungäste staunt, über die Leute "auf ihren Yachten", die zuhören, "ohne einen Euro zu zahlen". Er lächelt dabei.

Michael Patrick Kelly amüsiert sich über die Leute 'auf ihren Yachten', die ihm zuhören, 'ohne einen Euro zu zahlen'.
Foto: Fabian Gebert | Michael Patrick Kelly amüsiert sich über die Leute "auf ihren Yachten", die ihm zuhören, "ohne einen Euro zu zahlen".

Den Konzertveranstaltern war weniger zum Lachen zumute. Sie hatten, wie Güntner überspitzt sagt, eher "Tränen in den Augen". Ein Musikkünstler verdiene sein Geld heute nicht mehr mit CD- oder Plattenverkäufen, sondern mit Konzerten und dem Verkauf von Fan-Artikeln. Dass Wincent Weiss, wie er gerade erzählte, selbst bei einem Ticketpreis von 65 Euro Verluste machte und seine gerade beendete Deutschlandtour mit einem Minus in sechsstelliger Höhe beendete, hat mit der Inflation und teils massiv gestiegenen Kosten zu tun.

Fotoserie

Dies wirft umso mehr die Frage auf, ob sich ein Veranstalter noch einmal auf ein Gelände einlassen wird, das so viele kostenlose Plätze bietet wie in Kitzingen. Der OB glaubt: eher nein. Frank Gimperlein, Vorsitzender des Stadtmarketingsvereins sagt, der Standort sei "etwas verheizt" worden.

Was bedeutet das jetzt für Konzerte dieser Art, die ja eigentlich ein "cooles Angebot für Kitzingen" sind, wie Güntner betont? Zwei Möglichkeiten deuteten sich dazu am Dienstag in der Sitzung des Haupt- und Kulturausschusses an. Entweder die Stadt findet ein Gelände, das man "leichter abschließen" könne, so der OB; oder man müsse halt alle Stellen, die zuletzt von Zaungästen bevölkert waren, unzugänglich machen. Im Raum steht dabei, nicht nur weite Teile der Mainpromenade auf beiden Seiten zu sperren, sondern auch den Main selbst von der Wasserschutzpolizei abriegeln zu lassen.

Die Konzertveranstalter machen offenbar Druck auf die Stadt

Ein immenser Aufwand, aber offenbar machen die Konzertveranstalter Druck auf die Stadt. Beim Stadtmarketingverein wundert sich Gimperlein, dass "wir hier immer zehnmal Gas geben und die Bevölkerung nimmt es dann nicht an", sondern belächle die Stadt noch nach dem Motto: Cool, dass man hier umsonst Musik hören kann.

Auf Booten und vom gegenüberliegenden Mainufer aus genossen die Menschen kostenlos die Konzerte am Stadtbalkon. Für die Künstler ist das ein Problem.
Foto: Silvia Gralla | Auf Booten und vom gegenüberliegenden Mainufer aus genossen die Menschen kostenlos die Konzerte am Stadtbalkon. Für die Künstler ist das ein Problem.

Schwer vorstellbar also, dass es so schnell noch einmal ein Konzert der Marke Kelly oder Weiss am Stadtbalkon geben wird. Alt-OB Siegfried Müller schlägt vor, den Mainkai miteinzubinden und dort dann 40 statt 70 Euro Eintritt zu verlangen. Aber ob sich das durchziehen lässt ist ebenso ungewiss wie die Idee von Stadtrat Manfred Paul, mit den Konzerten auf die Mondseeinsel umzuziehen. Der logistische Aufwand, allein für die Stromversorgung, sei zu hoch, sagt Gimperlein.

Fotoserie

Dass es nach den Konzerten abends am gastronomischen Angebot in der Innenstadt fehlte, ist noch mal ein anderer Aspekt. An den Leuten habe es nicht gelegen, sagt Müller, "die waren da". Aber die Wirte müssten mehr tun.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Eike Lenz
Euro
Inflation
Jan Delay
Freizeit in Kitzingen
Konzertagenturen
Not und Nöte
Siegfried Müller
Stadt Kitzingen
Stefan Güntner
Ticketpreise
Wasserschutzpolizei
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • brauerei
    Ich finde es irgendwie sympathisch, dass Leute aus KT kostenlos mithören können, sie müssen auch die Unannehmlichkeiten (Straßensperrungen, Wegfall von Parkplätzen usw.), die diese Konzerte mitbringen, auch ertragen. Den vollen Genuss gibt es nicht, ohne Eintritt zu bezahlen. Aber wen stört es, wenn kleine Grüppchen in 100 Meter Entfernung etwas Hintergrundmusik mitbekommen?
    In Volkach ist jedes Jahr das Weinfestgelände für die Kabarett-Sommer an 10 Tagen wirkungsvoll abgesperrt. Ich kann mich aber in der Nähe (ohne Sichtkontakt) am Main aufhalten und bekomme ein wenig vom Flair kostenlos mit.
    In Dettelbach hat die Stadt vor ein paar Jahren ein Konzert von Wincent Weiss (glaube ich) veranstaltet , sich verspekuliert und sehr viel Geld seiner eigenen Einwohnern dabei verloren. Das finde ich viel schlimmer, als wenn ein fremder Veranstalter nicht soviel verdienen konnte, wie erhofft . Dann soll er halt eine andere Stadt suchen, die mehr verspricht, als was herauskommt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Sollen sich doch die Künstler andere Locations suchen wenn es ihnen in Kitzingen nicht taugt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • elkatvelo@t-online.de
    im Bericht steht Hunderte, wenn nicht sogar TAUSENDE haben am Fluss-/ Ufer kostenlos zugehört.

    Wenn das eine Bild oben vom Bericht vom Konzert aufgenommen worden ist, dann ist die aussage TAUSENDE aber so was von übertrieben ???

    Das weiss man doch seit Jahren, dass dieses Gelände halt auch ein paar Mithörer einlädt. Was soll das Gedöns von den Stadtoberen, die sollen sich um wichtigere Sachen kümmern: eine gscheite Ampelschaltung um nur was zu nennen, was in der Stadt noch nie funktioniert hat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hallo lehmabatzen,
    das von Ihnen angesprochene Foto stammt vom Konzert von Jan Delay (10. Juni). Bei den Konzerten von Wincent Weiss und Michael Patrick Kelly waren deutlich mehr Zaungäste zu beobachten.
    Eike Lenz, Autor
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • elkatvelo@t-online.de
    Hallo Herr Lenz dann zeigen Sie doch bitte auch die richtigen Bilder, wo die Tausende zu sehen sind. Das die Bilder zum Text passen, sollte man bei einer seriösen Recherche voraussetzen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • kafrumbi
    Dann gehen Sie doch das nächste Mal selber hin, wegen der Recherche...obwohl, es wird keiner mehr kommen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Faustus
    Bei einem Open-Air-Konzert können immer Leute mithören (und unter Umständen auch zuschauen), die nicht gezahlt haben. Damit muss ich als Veranstalter rechnen. Wenn ich das nicht will, sollte ich keine Open-Airs machen. Alternativ wäre ein Hallenkonzert, da kann ich das alles ausschließen. Aber Moment, eine Halle gibt´s in Kitzingen ja auch nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • kafrumbi
    Soweit reicht der Horizont in der Gesellschaft nicht mehr.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • kafrumbi
    Antwort auf @KPE
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael W. Zink
    Dicker, sehr dicker Stryopor, ausgekleidet mit Schallabsobierenden Schaum und eine dicke Betonhülle um das Gelände. Die einzige Lösung! Mithören mussten wir in Kitzingen alle - kostenlos....Sozial Schwache haben null Chance an solchen teuren Konzerten teilzuhaben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-eschenbach@gmx.de
    Respektlose Kommentare zeigen die Respektlosigkeit der Gesellschaft gegenüber anderen. In diesem Falle von Künstlern die neben ihrem eigenen Lebensunterhalt, den von Tontechnikern, Bühnenbauern, Beleuchtern, Tourneebegleitern, usw. sichern wollen. Was wohl ein Arbeiter sagen würde wenn der Chef ihm jemand bei der Arbeit zusieht aber ihn nicht bezahlt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Faustus
    Kitzingen kann´s .....eben nicht !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfisti
    "Tausende lauschten im Juni am Kitzinger Flussufer den angesagten Künstlern..."

    Muss man irgendeinen davon kennen???

    Bruce Springsteen oder die Scorpions waren nicht dabei oder???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • neinienei2002
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Simon37
    Die Zaungäste haben doch nichts gesehen. Von Konzertgenuss kann also nicht die Rede sein. Ich dachte mir bei Jan Delay, schön dass auch Leute mithören können, die sich kein Konzert leisten können.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • StefanWue
    Vielleicht kann ja Eventim noch eine Main-Abriegel-Gebühr auf die Tickets aufschlagen? zwinkern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • molinaria
    So eine kleinkarierte Diskussion. Typisch für Kitzingen. Bei so einer Platzwahl ist es doch im Vorfeld schon klar, dass es da Zaungäste zu Land und Wasser gibt. Wenn man das nicht will, dann muss man sich für derartige Veranstaltungen einen ein Gelände suchen, welches die Voraussetzungen erfüllt und von allen Seiten abzuriegeln ist.
    Den Zaungästen ist da kein Vorwurf zu machen. Damals bei Michael Jackson 1988 in Würzburg waren Hunderte am Stein in den Weinbergen. Ok, bei 43.000 Besuchern fällt das nicht so auf. War aber eine geile Party da oben.
    Was Kitzingen betrifft sollte man bei größeren Veranstaltungen auf Flugplätze ausweichen oder am zugegeben schönen Stadtbalkon eben Zaungäste hinnehmen, denn lieber OB, Main abriegeln oder am Kai gegenüber Eintritt zu verlangen ist wirklich lächerlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • clubfan2@gmx.de
    es wird IMMER "Freibiergesichter" geben
    in einer Welt
    in der ALLES nix kosten darf...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@softrie.de
    Als ob Künstler wie Vincent Weiss mindestens 100.000€ Verlust gemacht haben. In der Privatinsolvenz ist er ja nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Einfach nur Unterseeboote zulassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten