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Kitzingen
Wincent Weiss im Interview: "Ich bin auf dem Dorf groß geworden und viel lieber dort"
Der 30-jährige Sänger gibt am 17. Juni ein Konzert in Kitzingen. Im Interview spricht er über beklemmende Gefühle, den Vorteil des Dorflebens – und seinen starken Bezug zu Franken.
Dettelbach hatte 2018 bei den 'Radio Gong Bürgermeisterschaften' ein Open Air mit Wincent Weiss gewonnen (Archivbild). Im Sommer tritt der Sänger in Kitzingen auf.
Foto: Hans Will | Dettelbach hatte 2018 bei den "Radio Gong Bürgermeisterschaften" ein Open Air mit Wincent Weiss gewonnen (Archivbild). Im Sommer tritt der Sänger in Kitzingen auf.
Linda Hener
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:20 Uhr

Wincent Weiss’ Terminkalender ist gut gefüllt: Aktuell ist der 30-Jährige Coach bei "The Voice Kids", am 28. April erscheint sein neues Album "Irgendwo Ankommen" und während seiner Tour macht er am 17. Juni Station am Kitzinger Stadtbalkon. Der Vorverkauf der Karten dafür läuft bereits.

Im Interview verrät der Sänger unter anderem, wie er mit dem Alleinsein umgeht und welch konservative Vorstellung er vom Leben hat.

Auf Ihrem neuen Album sind vorwiegend Songs zu hören, in denen Sie sich mit Ihren Gefühlen und Wünschen auseinandersetzen. Früher bezogen sich die Lieder mehr auf andere, auf das Außen. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Wincent Weiss: Nun, man wird ja älter und reifer (lacht). Aber ich hatte in der Coronazeit auch viel Zeit, um zu reflektieren und mir selbst Fragen zu stellen. Beim Album zuvor wurde ich zwar auch schon sehr persönlich, doch jetzt beim vierten Album habe ich versucht, mir diese Fragen tiefergehend zu beantworten. Ich kam ja damals in diese Musikerwelt und alles war neu, es herrschte pure Freude, und ich fing an, über Außeneindrücke zu schreiben. Doch nun geht es darum, dass ich mich um mich selbst kümmere, statt nur die Fragen anderer zu beantworten.

Sollen diese persönlichen Themen anderen Mut machen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen? Oder ist es eine Aufarbeitung für sich selbst?

Weiss: Ein Mix aus beidem. Ich schreibe die Songs in erster Linie mit dem Ziel, Themen selbst zu verarbeiten und meine Gedanken auf Papier zu bringen. Aber wenn man viele Menschen erreichen kann und sich viele damit identifizieren können, dann ist das das Beste, was passieren kann. Vor allem zu dem Song "Alleine Bin" schreiben und sagen mir ganz viele, dass sie genau so fühlen und es ein Trost ist.

Welchen Weg haben Sie gefunden, mit beklemmenden Gefühlen umzugehen?

Weiss: Ich denke, dazu muss man viel Zeit mit sich selbst verbringen und sich mit diesen Gefühlen beschäftigen. Dieses beschriebene Alleinsein beispielsweise bezieht sich auf Hochphasen, in denen ich sehr viel unterwegs war, von Tourtermin zu Tourtermin reiste und jeden Tag ein Konzert hatte. Da gibt es den Extrempunkt, du stehst vor 10.000 Menschen und alle schreien dich an, und kurz danach bist du nachts um 2 Uhr alleine im Hotelzimmer, alle Freunde und Familie schlafen. Mit diesem Umstand muss man lernen, umzugehen.

Wincent Weiss singt bei einem Charity Konzert zu Jahresbeginn in der Hamburger Elbphilharmonie.
Foto: Christian Charisius, dpa | Wincent Weiss singt bei einem Charity Konzert zu Jahresbeginn in der Hamburger Elbphilharmonie.
Und das lernt man erst im Laufe der Zeit?

Weiss: Genau wie das eigene Wohl und die eigene Gesundheit nach vorne zu stellen. Denn ich bin auch gerne mal alleine, wenn ich es brauche und nehme mir diese Zeit. Bei mir kam die Erkenntnis allerdings erst mit 30, dass ich mich selbst wichtig nehme und frage: Was will ICH eigentlich? Eine Phase, die vermutlich die meisten irgendwann erleben.

Das Album heißt "Irgendwo Ankommen" und einige der Songs, auch früherer Alben, beschäftigen sich stark mit Zukunftsplänen. Ist das nicht gleichzeitig ein großer Druck?

Weiss: Zum Glück möchte ich nur meinen eigenen Wünschen und Erwartungen entsprechen. Es ist falsch, Erwartungen anderer entsprechen zu wollen. Oft geht es um die Außenwirkung, der Job, das Studium, nicht selten trifft man diese Wahl nach dem, welches Bild andere von einem haben sollen. Man sollte aber viel mehr Dinge machen, weil man sie selbst möchte und nicht unter dem Blick der anderen. Man macht ja alles nicht frei von Bewertung anderer, doch die eigene Bewertung sollte Priorität haben. Meine vielleicht konservative Vorstellung von Frau, Kindern, Haus und Hund ist meine und sollte für andere nebensächlich sein.

Das ARD-Morgenmagazin (Moma) berichtete im Juli 2021 live aus dem Rathaus-Innenhof in Veitshöchheim. Mit dabei war Popsänger Wincent Weiss (Mitte), der zur Freude der Fans für Selfies und Autogramme bereitstand.
Foto: Patty Varasano | Das ARD-Morgenmagazin (Moma) berichtete im Juli 2021 live aus dem Rathaus-Innenhof in Veitshöchheim. Mit dabei war Popsänger Wincent Weiss (Mitte), der zur Freude der Fans für Selfies und Autogramme bereitstand.
Lässt sich die öffentliche Meinung so leicht abschütteln?

Weiss: Alles, was ich mache, was ich teile, wo ich bin, darüber wird geschrieben und bei mir wird noch öffentlicher gewertet als bei Privatpersonen. Entsprechend ist mir ein superdickes Fell gewachsen. Sicher denke ich bei Aussagen und Fotos dann darüber nach, ob ich es poste, wer mir folgt und es sieht. Und frei von Bewertung bin ich in meinem Beruf und der damit verknüpften Vorbildfunktion nicht – aber privat will ich es sein. Es ist ein unterschiedliches Paar Schuhe, ob ich als Künstler oder Privatperson etwas veröffentliche.

Kann das die Öffentlichkeit auseinanderhalten?

Weiss: Ich glaube nicht, aber ich arbeite nach und nach daran, das ihnen beizubringen (lacht). Es stimmt schon, einige verwechseln das und verstehen nicht, dass wenn ich auf der Bühne stehe, das ein Beruf ist. Wenn ich zu Hause bin, bei meiner Familie und mit Freunden, dann ist das mein privates Leben, das nicht so aussieht wie das auf der Bühne.

Ihr berufliches Leben wird auch von Profi-Fotografen festgehalten…

Weiss: Ja, meine Follower sollen sehen, was ich mache, wo ich bin. Doch privat ist das der komplette Gegensatz: Da mache ich gar keine Fotos. Ich will den Moment genießen, im Moment sein.

Beim Konzert im Dettelbacher Industriegebiet 2018 feierte die Masse Wincent Weiss.
Foto: Silvia Gralla | Beim Konzert im Dettelbacher Industriegebiet 2018 feierte die Masse Wincent Weiss.
Wie sehen die beruflichen Pläne für die nächsten Monate aus?

Weiss: Von Dezember bis Dezember ist eigentlich alles durchgeplant. Ich weiß schon jetzt, was ich bis Ende des Jahres machen werde. Derzeit läuft "The Voice Kids", daneben Bandproben, im April kommt das neue Album raus, im Mai geht die Tour los bis September.

Am 17. Juni ist der Tourtermin in Kitzingen: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Region?

Weiss: Meine ganze Band kommt aus dem Frankenland, ein komplett fränkisches Lager, auch der Tontechniker kommt aus Franken. Meine ersten Bandproben waren unter anderem in Güntersleben und in Würzburg in der Posthalle. Ich bin daher schon sehr oft dort gewesen. Und in Dettelbach habe ich ja auch schon ein unfassbar großes – dörfliches – Konzert gegeben, was ich als Dorfkind sehr genieße. Ich fühle mich in etwas ländlicheren Gegenden sehr wohl, das ist wie bei mir zu Hause.

Man erkennt in den Bildern und dem Video zum neuen Album die Nähe zur Natur. Das ist für Sie wichtig, oder?

Weiss: Total, ich bin auf dem Dorf groß geworden, habe Baumhäuser gebaut und gezeltet. Wenn ich mittlerweile oft in Großstädten bin und in Berlin an grauen Betonblöcken hochschaue, merke ich: Ich bin viel lieber auf dem Dorf.

 
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