
Politik ist mitunter wie Eislauf: Es gibt die Pflicht und die Kür. Die Kunst besteht darin, das eine vom anderen zu unterscheiden. Manchmal braucht es jemanden, der ein Auge darauf hat. Im Sport ist es die Jury, in der Kommunalpolitik der Stadtrat. Er muss bestenfalls sagen, was er für wichtig und wertvoll hält und was für entbehrlich. Und damit ist man in Kitzingen schon beim Kern des Problems.
Ein Jahr vor der nächsten Wahl ist der Gestaltungswille im Gremium auf einen historischen Tiefstand gesunken. Dabei ist es nicht das Geld, was dieser Stadt fehlt. Steuern und Schlüsselzuweisungen fließen so stabil wie in den vergangenen Jahren auch. Es ist die Fantasie, was man vernünftigerweise damit anstellt.
Für eine echte Stadthalle fehlte dem Stadtrat der Mut
Was das Haus für Jugend und Familie angeht, so erscheinen einem weiterhin tausend Fragezeichen. Im Sommer soll es fertig sein, zehn Millionen Euro wird es kosten – aber wer da einziehen soll, ist vielen in der Stadt so schleierhaft wie die Frage, ob es wirklich das ist, was Kitzingen gerade so dringend braucht. Und auch bei der Generalsanierung der Sickergrundhalle und 18 Millionen Euro Gesamtkosten darf man mal fragen, ob es eine Nummer kleiner nicht auch gereicht hätte. Zwei Projekte, die das Gros des Kapitals binden.
Einen Teil davon hätte man ja durchaus in eine echte Stadt- oder Veranstaltungshalle stecken können: mit Flair und ausreichend Raum und Parkplätzen vor der Tür. Wer davon nichts wissen will, sollte mal mit Leuten sprechen, die kürzlich bei der Faschingssitzung in der weiterhin stocknüchternen Florian-Geyer-Halle saßen.
Selbst der groß angekündigte Umbau der Innenstadt stockt
Die Halle steht beispielhaft für eine Politik, deren Ergebnis in Kitzingen leider an vielen Stellen zu besichtigen ist: Weil der Mut fehlt und man sich auf Großes nicht verständigen kann, einigt man sich letztlich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Der Stadtrat verliert sich viel zu oft im Ungefähren. Er kleckert mal hier und mal da, doch die Klammer, die alles zusammenhält, sucht man bei all den Projekten vergebens. Und die große Erzählung, den Weitblick, wo man Kitzingen hinentwickeln will, gibt es weiterhin nicht.
Das lässt sich momentan gut am versprochenen Umbau der Innenstadt nachvollziehen. Auch wenn es sicher sinnvoller gewesen wäre, die Neugestaltung von Kaiserstraße und Königsplatz in ein Konzept für die ganze Altstadt einzubetten, hier hätte die Chance bestanden, wenigstens mal einzusteigen in ein großes Zukunftsthema und damit so etwas wie Aufbruch und Fortschritt zu signalisieren. Aber nicht einmal das bekommt man zeitnah hin – weil man jetzt zwar einen Plan hat, aber plötzlich kein Geld mehr.