Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es etwas zu bestaunen: Der Kreishaushalt hatte die 100-Millionen-Euro-Grenze überschritten. Es war im Frühjahr 2019 und es waren exakt 105,78 Millionen Euro. Was sich damals ein bisschen wie Schlaraffenland anfühlte. Fünf Jahre später darf erneut gestaunt werden: Der aktuell verabschiedete 531 Seiten umfassende Haushalt ist über die 150 Millionen Euro-Grenze gesprungen. Der Unterschied ist aber: Wie Schlaraffenland fühlt es sich längst nicht mehr an.
Die Verabschiedung des 151,99 Millionen schweren Etats am Montagnachmittag im Kitzinger Kreistag war Formsache: Einstimmig mit 52:0 passierte das Zahlenwerk das Gremium. Und auch wenn die Freude ein wenig eingetrübt war, weil am Horizont längst dunkle Wolken aufgezogen sind, blieb zumindest ein wenig Zeit, um gemeinsam stolz zu sein. Quer durch alle Fraktionen wurde gelobt, was das Zeug hält.
16,3 Millionen Euro für Investitionen
Vorneweg Landrätin Tamara Bischof, die in ihrer Rede "die grundsolide und von hoher Verantwortung geprägte Haushaltspolitik" hervorhob. 2024 sei ein Jahr der Investitionen: Hier stehen 16,3 Millionen Euro bereit – und damit 5,2 Millionen Euro mehr als 2023. Klar ist aber auch: Die Zeit der Schulden ist angebrochen. Und: Künftig müsse genauer hingeschaut werden, was man sich noch leisten könne und wolle.
Man stehe, so die Kreis-Chefin, in einigen Bereichen "vor einer Zeitenwende". Das gelte vor allem für die Klinik Kitzinger Land, die bisher als Kommunalunternehmen immer positive Zahlen vorlegen konnte. Dies ändere sich gerade, der Kreishaushalt werde künftig ziemlich große Defizite abfangen müssen. Heuer, so die Berechnungen, werde es wohl erstmals ein Defizit von 5,3 Millionen Euro geben. Ähnliches gilt für den ÖPNV und die Sozialausgaben, beides verschlinge von Jahr zu Jahr mehr Geld.
Kreiskämmerin: Geringer Handlungsspielraum
Das alles sorge dafür, so hatte es Kreiskämmerin Sibylle Goller zuvor gesagt, dass man künftig "geringeren Handlungsspielraum" haben werde. Spielräume, die man in diesem Jahr noch einmal weidlich nutzen kann: Auf dem Gelände des Landratsamtes wird das ehemalige Jobcenter durch einen Neubau ersetzt. In den Marshall Heights wurden Immobilien erworben, um dort Ausweichflächen für Büros zu haben und um das neue Feuerwehrzentrum aufbauen zu können. Und die Sanierung der Schwanbergstraße kann – wohl noch in diesem Sommer – ebenfalls als teuerstes Straßenprojekt aller Zeiten angegangen werden, weil der Landkreis seit Jahren darauf hingespart hat.
In den Haushaltreden der einzelnen Fraktionen gab es neben der Freude über den aktuellen Haushalt durchgehend auch die Warnungen beim Blick nach vorne. Für die CSU betonte Werner Knaier, dass es künftig vor allem darum gehe, "kritisch alle Ausgaben im Auge zu behalten". Josef Mend warnte als Sprecher für die Freien Wähler, dass die "Aufgabenmehrungen für den Landkreis und die Gemeinden" ein Ende haben müssten. Auch sei die Frage, wie man die steigenden Sozial- und Jugendhilfeleistungen künftig "finanziell schultern" soll.
Klimawandel, Kriege und Migration als Herausforderung
Ähnlich argumentierte Robert Finster für die SPD-Kreistagsfraktion. Es sei zu begrüßen, dass man "in der Krise investiert". Da man "noch immer zu viele junge Menschen auf dem Weg zu einem Schulabschluss" verliere, dürfe man die Bildung nicht aus den Augen verlieren. Hier sei der Landkreis "auf einem guten Weg".
Klaus Sanzenbacher hob für die Grünen hervor, dass man durch Klimawandel, Kriege und die Migration vor gewaltigen Herausforderungen stehe. Ebenso wie Hans Müller: Der frühere FDP-Mann hob für einen Zusammenschluss der Parteilosen und der UsW als Ausschussgemeinschaft hervor, dass der Landkreis mit dem aktuellen Etat "an den Grenzen der Leistungsfähigkeit" angekommen sei.
Darauf ging abschließend auch noch einmal die Landrätin ein: Es sei an der Zeit, dass jeder wieder "mehr Eigenverantwortung" übernehme. Es würden künftig mehr Dinge "auf den Prüfstand" kommen. Gleichzeitig müsse man davon wegkommen, alles bis ins letzte Detail reglementieren zu wollen. Es geht künftig um viel – vor allem aber geht es um den Abschied vom Schlaraffenland.