Seit dem Jahr 2009 kämpft der Sozialverband VdK in Kitzingen für einen barrierefreien Bahnhof in der Stadt. Noch immer ist der Bahnhof nicht barrierefrei, deshalb hält der Verband an diesem Samstag, 8. Oktober, um 9.30 Uhr dort eine Demonstration ab. Mit dabei: die VdK-Präsidentin und ehemalige Skisportlerin Verena Bentele. Im Interview sagt die 40-Jährige, welche Probleme es für Sehbehinderte in Bahnhöfen gibt, was sie von der Regierung erwartet - und was sie als Leistungssportlerin fürs Berufsleben gelernt hat.
Bentele: Das große Thema für blinde Menschen ist das Leitsystem. Zum Beispiel eine geriffelte Linie, die man mit dem Blindenstock fühlen kann und die mit Abstand parallel zum Gleis entlang führt. Wichtig ist auch, dass es Aufmerksamkeitsfelder gibt, die etwas andere Steine haben, damit zu spüren ist, wo eine Treppe oder ein Aufzug kommt. Im besten Fall gibt es auch Beschriftungen, etwa am Geländer, wo man fühlt, welches Gleis man gerade betritt. Für Sehbehinderte braucht es Kontraste am Boden, also Platten in helleren Farben, etwa als Warnung, dass eine Treppe kommt. Wenn es zudem nur Treppen und keinen Aufzug gibt oder die Rampe fehlt – was bei ganz vielen Bahnhöfen der Fall ist -, können Nutzerinnen und Nutzer von Rollatoren und Rollstühlen den Bahnhof kaum eigenständig verlassen oder betreten.
Bentele: Auf einem guten Weg sind wir nicht. Es gibt sehr viele Bahnhöfe, die gebaut wurden, ohne auf Barrierefreiheit zu achten. An den großen Knotenpunkten wurde viel getan, in den kleineren Ortschaften ist das ein riesen Problem. Die Bahn hat einen Aktionsplan, wann welcher Bahnhof umgebaut wird – und die Kleinen sind in der Prioritätenliste sehr weit unten.
Bentele: Blinde können nun einmal keine Anzeigetafel lesen. Wenn es dann keine Durchsage oder eine aktuelle digitale Information per Mobiltelefon gibt, scheitere ich natürlich. Wenn ich etwas von einem Automaten haben will, bin ich an den Automaten der Bahn aufgeschmissen.
Bentele: Interessant ist, dass wir immer mehr digitale Angebote haben – etwa von Behörden. Aber auch da gibt es noch nicht umfassende Barrierefreiheit. Das ist längst noch nicht so, wie wir uns das wünschen würden.
Bentele: Ich glaube als ehemalige Leistungssportlerin daran, dass sich Leistung auszahlt. Wenn ich mich ausdauernd für eine Sache einsetze, kann ich etwas erreichen. Im Sport lernt man zudem Widerstandsfähigkeit. Im politischen Geschäft dauern Veränderungen sehr lange. Da braucht man viel Ausdauer.
Bentele: Eine Strategie steckt nicht dahinter. Mich interessieren viele Dinge. Meine Leidenschaft und mein Hauptbeschäftigungsfeld ist die Sozialpolitik. Und als ehemalige Sportlerin ist die Vizepräsidentinnenschaft im Deutschen Olympischen Sportbund DOSB etwas, das mich interessiert und begeistert. Weil ich die Sportbedingungen für alle, von der Kindheit bis in hohe Alter, für Menschen mit und ohne Behinderungen mitgestalten kann – das ist spannend. Sport ist für unsere Gesellschaft wichtig: für die Gesundheit, für die Gemeinschaft, wenn man etwas als Team erreichen will. Sport ist auch eine Persönlichkeitsbildung. Deshalb ist es wichtig, gute Zugänge zum Sport zu haben.
Bentele: Es geht darum, wie wichtig es ist, durch Vertrauen in andere Menschen und in seine eigenen Fähigkeiten viel erreichen zu können. Vertrauen ist die Grundlage für alles, eine unerlässliche Grundvoraussetzung. Am Ende gibt es dann noch einen Teil mit Augenzwinkern, den habe ich Blindipedia genannt, und es werden Fragen beantwortet, die mir Menschen stellen. Mich haben viele gefragt, warum ich meine Ideen nicht aufschreibe. Wobei es nicht nur darum geht, anzuprangern, was alles schief läuft, sondern auch Lösungen anzubieten. Gerade für das zweite Buch war das der Antrieb.
Bentele: Es geht um sozialpolitische Ideen, die wir durch unsere Arbeit im VdK haben. Durch die Corona-Pandemie wurden viele Missstände noch offensichtlicher. Beispielsweise, wie viele Menschen doch von Altersarmut betroffen sind, obwohl sie gearbeitet und Kinder erzogen haben. Oder wie schwierig es für Haushalte ist, wenn sie pflegende Angehörige haben und zwingend Unterstützung brauchen. Das Buch zeigt, wie ein System ausschauen sollte, in das alle einzahlen und das alle absichert. Es geht um einen starken Sozialstaat, der alle Menschen absichert.
Bentele: Ich erlebe die Zeit gerade als sehr monothematisch. Die Krise bestimmt die Medien, das politische Handeln und unseren Alltag. Für viele Menschen ist das gerade extrem belastend, weil alles permanent im Krisenbewältigungsmodus ist. Wir haben eine schwierige Zeit, weil sie für viele große Verunsicherung birgt.
Bentele: Es ist nicht einfach, sich Gehör zu verschaffen für die Themen unserer Mitglieder – eben weil so viele Herausforderungen da sind. Natürlich haben wir als VdK eine Öffentlichkeit. Uns aber mit unseren Forderungen durchzusetzen, ist dennoch nicht einfach. Gut ist, dass unser Ehren- und Hauptamt alles geben in der Rechtsberatung und der politischen Arbeit.
Bentele: In den letzten Jahren war der Mut nicht da, etwas bei der Verteilung des Vermögens zu unternehmen. Unter Angela Merkel hat sich die Zahl der Einkommensmillionäre verdreifacht – das ist krass. Das zeigt für mich: Wie gut es einigen geht und wie schlecht vielen anderen, die immer weniger Geld zum Leben haben. Da muss eine Regierung gegensteuern.
Bentele: Immer wieder schockieren uns solche Skandale. Es braucht dringend flächendeckende, unangemeldete Kontrollen damit diese schneller aufgedeckt werden. Andererseits ist aber auch wichtig, dass die Gesellschaft sich hier klar positioniert: Pflegebedürftige, Angehörige und auch Mitarbeitende der Einrichtungen dürfen nicht schweigen. Alle Menschen haben ein Recht auf eine würdige Pflege, dieses einzufordern braucht unser aller Engagement.
Verena Bentele ist ehemalige deutsche Biathletin und Skilangläuferin. Zwischen 1995 und 2011 wurde sie viermal Weltmeisterin und zwölfmal Paralympics-Siegerin. Von 2014 bis 2018 war sie die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Seit Mai 2018 leitet die 40-Jährige als Präsidentin den größten deutschen Sozialverband VdK.
es ist krass was jetzt auf einmal alles thematisiert wird, was diese Frau so alles hat schleifen lassen. Alles aussitzen, nicht reagieren und dann auch noch die langfristig falschen Entscheidungen treffen. Und in ihrer Partei niemand mit Format, der dem Treiben hätte Einhalt gebieten können.
Während ihrer Amtszeit wurde sie aber von den Medien hofiert und bewundert, die "Mutti der Nation", die "mächtigste Frau der Welt" usw. Und viele Wähler haben es auch noch geglaubt. Etwas mehr kritische Berichterstattung hätte gut getan, doch kein meinungsprägendes Medium war bereit dazu! Schröder wurde doch auch ständig und so lange hinterfragt, bis er weg war!
Die Zeche dieser 16-jährigen Mißwirtschaft zahlen wir heute alle und künftige Generationen noch viel mehr!