Das 13. Kitzinger Sozialforum des VdK beschäftigte sich mit der "Nächstenpflege" im Landkreis Kitzingen. Kreisvorsitzender Hartmut Stiller stellte am internationalen Tag der älteren Generation das Anliegen des Sozialverbands VdK in den Mittelpunkt, für bessere Rahmenbedingungen für die Pflege zuhause zu kämpfen. Pflege zuhause betreffe rund 90 Prozent aller Pflegefälle.
Er erinnerte an das Referat von "Pflegepapst" Claus Fussek 2008 an gleicher Stelle und kritisierte, dass die Begleitumstände seither nicht besser geworden seien. Mit Blick auf den Pflegeskandal in Kitzingen forderte Stiller die Politik auf, tätig zu werden.
Das Impulsreferat lieferte Kreisgeschäftsführer Peter Fersch. In Bayern seien rund 500.000 Menschen von Pflege betroffen, 4,8 Millionen in Deutschland. 23 Prozent seien stationär zu betreuen, 47 Prozent ambulant und 24 Prozent ohne Zuhilfenahme von Pflegediensten. Dennoch reichten Pflegeplätze nicht aus.
Warum Pflegende oftmals keine Unterstützung einfordern
Die heimische Pflege erfolge überwiegend aus moralischer und familiärer Verpflichtung auf eigene Kosten, wenn man es sich leisten kann. Pflege könne sich zu einer Vollzeitbeschäftigung ausweiten. Auch wenn es nur darum gehe "da" zu sein.
Unterstützung einzufordern scheitere oft daran, weil die Meinung herrsche, zu viel bezahlen zu müssen sowie an nicht vorhandenen Pflegekräften. Das gesamte Thema Pflege beschrieb Fersch als sehr bürokratisch aufgebaut und riet dazu, Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen.
Moderator André Kessler von Radio Charivari kam auf den Pflegeskandal zu sprechen und erfuhr von Jörg Scheffel (Bereich Pflege der AOK Bayern), dass der Betrag von 2,5 Millionen Euro zum Schaden der Versichertengemeinschaft ausgegeben sei.
Pflegeskandal: Alle Personen sind jetzt versorgt, haben aber Angst
Von einem "Imageschaden sondersgleichen" sprach BRK-Pflegedienstleiterin Monika Walter, die zudem versicherte, dass alle angetroffenen Personen jetzt versorgt seien, jedoch Angst hätten. Obwohl es sich um Einzelfälle handele, sei es schlimm für die Menschen, unterstrich Ute Döblinger als Leiterin des Pflegestützpunktes Kitzingen.
Wenn es um Pflege gehe, sei die Krankenkasse der Anwalt des Versicherten, erklärte Scheffel, räumte jedoch ein, dass nicht zuletzt wegen des Personalmangels nicht jeder gepflegt werden könne.
Die Leiterin des Altenbetreuungszentrums Iphofen (ABZ) Andrea Troll gestand, Angst vor der Zukunft zu haben, da die Personalsituation bei immer älter werdenden Menschen immer schlimmer werde. Wer vom Personal in Rente gehe, könne nicht ersetzt werden mit der Folge, dass Betten stillgelegt werden müssten. Sie bezweifelte, dass Hilfe aus dem Ausland nachhaltig etwas bewirken könne, bessere Bezahlung hingegen schon.
Manches Personal ist am Ende seiner Kräfte
Walter ergänzte, dass manches Personal am Ende der Kräfte stehe und sich mit unzureichender Wertschätzung konfrontiert sehe. Mit Blick auf Heizkosten forderte Döblinger den Zugriff auf Leistungen zu vereinfachen und für mehr Leistungsanbieter zu sorgen.
Die Frage des Moderators, ob man auf den demografischen Wandel vorbereitet sei, kommentierte Döblinger mit: "Wir laufen hinterher".
Walter forderte daher, dass Pflegeberater einschätzen und verbindlich einstufen sollten, die Pflegefachkraft müsse verordnen dürfen. Gegenwärtig müssten viel zu viele Entscheidungsträger eingeschaltet werden, daher seien die Wege viel zu lang, sagte Troll.
Barbara Becker will Medizinischen Dienst abschaffen
Dass sich die Pflegesituation verschlechtere, gehe in der Politik unter, räumte der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib ein, zudem schreckten Skandale und Probleme Berufseinsteiger ab.
Wegen des bürokratischen Aufwands und der Kosten würde die Landtagsabgeordnete Barbara Becker den Medizinischen Dienst am liebsten abschaffen. Gegen solche Einrichtungen zu kämpfen, binde zu viele Fachkräfte.
Wo ist die Kontrolle?
Wie kürzlich die SZ berichtete, gehört hier längst auf breiter Front mittels Kriminologen und Staatsanwälten vorgegangen, um diese Missstände zum einen strafrechtlich aufzuklären und für die Zukunft abzustellen. Das Interesse daran scheint nämlich sehr begrenzt, solange die Gelder fließen.