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Kitzingen
Razzia bei Pflegedienst in Würzburg und Kitzingen: Vernachlässigte Senioren und Betrug in Millionenhöhe?
Ermittler gegen Korruption im Gesundheitswesen durchsuchten Häuser bei einem ambulanten Pflegedienst. Drei Verdächtige wurden verhaftet, der Schaden soll in die Millionen gehen.
Die Razzia der Wohnanlage fand am Donnerstag im Herzen der Stadt Kitzingen statt.
Foto: Hans Will | Die Razzia der Wohnanlage fand am Donnerstag im Herzen der Stadt Kitzingen statt.
Frank Weichhan
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:18 Uhr

Schlecht gepflegte Senioren wurden in Sicherheit gebracht, drei Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes festgenommen, Häuser durchsucht. Im Raum Würzburg und Kitzingen gehen Staatsanwalt und Polizei aktuell dem Verdacht eines Betruges in Millionenhöhe in der Altenpflege nach.

Anonyme Hinweise führten zu den Ermittlungen

Die ersten Hinweise kamen über ein anonymes Hinweistelefon: Senioren einer Wohngruppe in Kitzingen würden für teures Geld schlecht gepflegt, so lautete der Vorwurf. Ermittler der bayerischen Zentralstelle für Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg beschlossen, das genauer unter die Lupe zu nehmen – und fanden am Donnerstag ihren Verdacht bestätigt: Eilig wurden fünf Senioren in ein Pflegeheim verlegt, die laut einem Augenzeugen "in erbärmlichem gesundheitlichem und hygienischem Zustand waren".

Sie hätten völlig verwahrlost gewirkt, die Kleidung habe ihnen am Körper geklebt, sagte der Augenzeuge der Durchsuchung in der Kitzinger Innenstadt. Ein Patient, der in einem Pflegeheim im Landkreis unterkam, soll Socken getragen haben, die in bestehende Wunden eingewachsen waren.

50 Polizisten waren bei der Razzia beteiligt

Die Erstversorgung der fünf wurde vom BRK Kitzingen übernommen, sagte auf Nachfrage Oberstaatsanwalt Matthias Held von der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, die die Ermittlungen leitet. Dort sind jene Staatsanwälte der ZKG angesiedelt, die bayernweit zuständig für gravierende Delikte im Gesundheitsbereich sind. Sie durchsuchten mit 50 Polizisten "wegen des Verdachts von Betrugstaten beim Betrieb eines ambulanten Pflegedienstes drei Objekte in Würzburg und eines in Kitzingen". Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Held. 

In der Einrichtung in Kitzingen sind mehr als diese fünf alten Menschen untergebracht. Um ihre weitere Betreuung zu gewährleisten, habe die Polizei der Arbeitsgemeinschaft (Arge) der Pflegekassen eine Liste mit Namen der anderen dort betreuten Senioren überlassen, damit sie sich um sie kümmern. Eine Zahl der dort oder an anderen Stellen von dem Pflegedienst betreuten Senioren wollte der Staatsanwalt nicht nennen.

Drei Personen in Untersuchungshaft

An der Razzia nahmen auch Mitarbeiter der Heimaufsicht des Landratsamtes Kitzingen teil, die den Gesundheitszustand der Senioren kontrollierten und für eine bessere Unterbringung der Betroffenen sorgten. Ein Pflegeheim in Dettelbach nahm unseren Informationen nach drei Betroffene auf. Das Landratsamt durfte sich aufgrund der laufenden Ermittlungen zu dem Fall zunächst nicht äußern, Auskünfte behielt sich die Staatsanwaltschaft vor.

Mehrere Polizeifahrzeuge waren an der Razzia in Kitzingen beteiligt.
Foto: Hans Will | Mehrere Polizeifahrzeuge waren an der Razzia in Kitzingen beteiligt.

Drei Betreiber des Pflegedienstes, zwei Männer und eine Frau, wurden festgenommen und einer Ermittlungsrichterin vorgeführt. Sie befinden sich wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr in Haft. 

Zu den konkreten Vorwürfen sagt der Oberstaatsanwalt: Die Beschuldigten sollen mit ihrem Pflegedienst Leistungen zur Versorgung von Patienten mit häuslicher Krankenpflege und mit ambulanten Pflegeleistungen erbracht haben – "ohne ausreichende eigene Qualifikation und ohne eine verantwortliche Pflegekraft". Dadurch soll es ihnen möglich gewesen sein, "die Dokumentation der Leistungen nach eigenem Ermessen zu ändern, um nicht erbrachte Leistungen vorzutäuschen und die Qualität der Leistungen des Pflegedienstes auf ein Minimum zu reduzieren", so Held.

2,5 Millionen zu Unrecht kassiert?

Laut Haftbefehl besteht der Verdacht, dass die Betreiber des Pflegedienstes, die auch weitere Senioren im Raum Würzburg betreuten, im Zeitraum von Januar 2017 bis April 2022 Leistungen über insgesamt 2,5 Millionen Euro bei der Pflegekasse der AOK Bayern zu unrecht abgerechnet zu haben. 

Man habe Arrestbeschlüsse vollzogen, sagt Oberstaatsanwalt Held. "Dabei wurden Gegenstände und Immobilien gepfändet." Im Rahmen der Durchsuchung seien zahlreiche – auch digitale – Dokumente sichergestellt worden. "Diese werden derzeit gesichtet und ausgewertet".

Auch die Staatsanwaltschaft Würzburg ermittelt

Darüber hinaus wurde auch die Staatsanwaltschaft Würzburg eingeschaltet, die nun wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen ermittelt.

Für die bayerischen Sonderermittler gegen Betrug im Gesundheitssystem ist es der erste große Erfolg, der auf der Einrichtung ihres anonymen Hinweissystems vor genau einem Jahr beruht. Dorthin können sich Menschen wenden, die beispielsweise Hinweise zu  Schmiergeldern, gefakten Corona-Tests oder falsche Abrechnungen geben wollen. Das System ist erreichbar unter: https://www.bkms-system.com/ZKG .

 
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  • Eos123456
    Die Kranken Kassen prüfen mit penibler Akribie, ob ein Beitragszahler wirklich eine medizinische Leistung oder ein Hilfmittel braucht und lehnen die Kostenübernahme bisweilen auch ab.

    Andererseits scheinen sie bei der Prüfung und Abzeichung von Kostennoten mancher "Pflegedienste" weniger Sorgfalt walten zu lassen. Auch hier sollte es kassenintern Konsequenzen geben.
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  • elkatvelo@t-online.de
    da fällt einem der folgende Kommentar ein:

    Wir sollten Senioren in Gefängsnisse stecken. Sie würden jeden Tag eine Dusche bekommen, es gäbe eine Videoüberwachung,falls etwas passiert, drei Mahlzeiten am Tag. Zutritt zu einer Bücherei, einen Computer,einen Fernseher, ein Fitnessstudio, Ärzte vor Ort und kostenlose Medizin.

    Steckten wir Kriminelle in Altenheime, würden sie kalte Mahlzeiten, Nachtruhe um 19 Uhr, zwei Duschen die Woche und kleinere Räume haben. Ausserdem müssten sie 4000 € Miete bezahlen.
    Es ist ziemlich traurig, dass wir Kriminelle besser behandeln als unsere Eltern.

    Das ist wohl nur eine Satire mit viel Galgenhumor, aber es steckt eine Menge Wahheit darin.
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  • franz-barthel@t-online.de
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • susorf20512503
    Dass Betrug im Gesundheitssystem viel zu leicht möglich ist, zeigt sich alleine dadurch, dass immer wieder über solche Fälle berichtet wird. Wie es aber funktioniert, dass die Drei "ohne ausreichende eigene Qualifikation und ohne eine verantwortliche Pflegekraft" überhaupt Leistungen mit der Krankenkasse abrechnen könnten, erschließt sich mir nicht - ja, sie haben betrogen, aber haben sie dafür Personal erfunden oder wie muss man sich das vorstellen?

    Egal welche Strafe die Betreffenden nach einem sich bestimmt über einen (zu) langen Zeitraum hinziehendem Verfahren erwartet: sie wird zu kurz bzw. zu gering sein.
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  • clubfan2@gmx.de
    ginge es hier jetzt um ein Layla Lied
    wären bestimmt schon 100 Kommentare veröffentlicht...

    aber es geht ja nur um alte Menschen..
    da sieht man mal
    was die für eine Lobby haben...

    ich schau das ich mal ohne so eine "Aufbewahrungsanstalt"
    meinen Lebensabend verbringen kann...

    Unglaublich zu was Menschen fähig sind!
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  • Margarete-wuestner@web.de
    Wenn man diesen Bericht liest muss man sich fragen wo denn die Fachstelle für Pflege-und Behinderteneinrichtungen kurz FQA genannt denn die ganze Zeit waren ?.Ab dem 01.10.2011 sollten die Besuchsberichte veröffentlicht werden. Dann ab dem 09.01.2012 wieder nur mit Zustimmung der Pflegeeinrichtung. Wo sind denn diese Berichte und wer hat diese gelesen ?.
    Dient Corona hier wieder als Ausrede untätig gewesen zu sein ?.Wenn solche Zustände möglich sind für was hat der Landkreis denn solche "Abteilungen "?.
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  • jh@verantec.de
    Der Hinweis kam vor einem Jahr?!? Und jetzt erst kümmert man sich um die vernachlässigten Senioren?!?
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  • gotcha
    Nein, im Artikel stand, das Hinweissystem wurde vor einem Jahr "errichtet". Ich denke nicht, dass jemand bei so einer Meldung ein Jahr wartet.
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  • Die Heimaufsicht des Landkreises ist hier nicht zuständig. Es handelt sich um eine private Einrichtung. Trotzdem müssen wir alle davon betroffen sein, dass mitten unter uns solche Zustände herrschen und keiner etwas davon bemerkt hat.
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  • stahl01@t-online.de
    Es ist ein Schande - mir tun die Leute so leid. Wo ist da die Menschlichkeit geblieben.
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  • Eos123456
    Im Zweifelsfall geht Profit immer vor Menschlichkeit. Das hat in ähnlicher Form schon Brecht erkannt.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Eine riesengroße S...erei. Wie weit muss man (Mensch???) sinken, um derartige Geschäfts zu drehen? Und die formulierte Fluchtgefahrt lässt zumindest vermuten, dass es dabei um ein Absetzen ins Ausland geht.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Eien absolute Schande das es überhaupt soweit kommen konnte! Wer hat hier alles die Augen verschlossen, weggeschaut und geschwiegen?

    Da gehört tabula rasa gemacht!

    Die Frage ist nur welches Interesse der Staat daran hat etwas zu ändern? Das dürfte kein Einzelfall sein und zukünftig wird es aufgrund der Sitation noch schlechter werden!
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  • farmer@kitzingen.info
    Was ich nicht verstehe, gab es keine Angehörigen oder Betreuer der vernachlässigten Pflegebedürftigen denen ein solcher Zustand nicht vorher aufgefallen ist?
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  • carmen.reitz-borst@gmx.de
    Das sehe ich auch so, allerdings wenn du auf Hilfe angewiesen bist darfst du deinen Mund auch nicht aufmachen sonst stehst du ganz schnell alleine da.
    Wenn ich nach der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht nach Putze bei meinen Angehörigen würde die Wohnung verdrecken.
    Aber teuer Geld einstecken.
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  • al-holler@t-online.de
    .... oder haben da welche nicht hin geguckt, weil sie sonst was tun hätten müssen. Wenn man da Mal näher nachschaut, wie viele Alte und Kranke da abgeschoben sind, kann man sich nur wundern...
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  • kafrumbi
    ....aber, dass so Viele nicht hingeguckt haben, bzw. sich gekümmert haben, das verstehe ich überhaupt nicht...ich bin wöchentlich in KT, gerade an diesem Gebäude vorbeigefahren, schon der Bau hat lange gedauert und war mir persönlich suspekt...ein Schild, seniorengerechtes Wohnen.....meine Mutter lebt in einem Pflegeheim in KT, besser kann man nicht aufgehoben sein. Um die Finanzen der Senioren im oben genannten Fall, muss sich doch auch jemand gekümmert haben...ich bin wirklich entsetzt.
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  • office@reichelt-schoelch.de
    @glaubt nicht alles
    Nicht immerbringt. muss jemand weggeschaut haben. Manche Menschen haben niemanden, da guckt keiner. Und andere, die das nümitbekommen sagen, geht mich nichts an. Hier ist ja oft verpönt, erwas zu sagen, auch in anderen Situationen, wenn man sieht, wohin es jemanden bringt. Hinterher dann „warum hast du nicht gesagt?“. Sobald man da wirklich so schwach ist, dass man sich selbst nicht helfen kann und Willkür, Faulheit, Inkompetenz und schlimmerem ausgesetzt ist,… will ich lieber nicht dran denken. Die katholische Kirche ist dagegen, was da besser wäre. Und Kontrollen werden als bürokratisch beschimpft. Ein Teufelskreis.
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