Michael Schindler, Leiter des katholischen Kindergartens St. Johannes in Kitzingen, ist frustriert. So frustriert, dass er jetzt einen Brandbrief verfasst hat. Überschrift seines Schreibens, das an Ulrike Scharf (CSU), die neue bayerische Sozialministerin, und an Politiker der Region ging: "Der Fisch stinkt vom Kopf her." Auf neun Seiten prangert der Pädagoge die Missstände in den Kindertagesstätten an. Besonders beklagt er das fehlende Personal.
Schindler ist mit seinen Klagen nicht allein. Mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen von Kindergärten und Kindertagesstätten aus den Landkreisen Schweinfurt, Würzburg und Kitzingen sowie Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben den Brief unterschrieben. Sie sind sich einig: Das Bayerische Kinderbildungs- und betreuungsgesetz (BayKiBiG) muss reformiert werden.
Sozialministerium will Betreuungsgesetz nicht reformieren
Auf Nachfrage dieser Redaktion schreibt das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales dazu in einer Stellungnahme: "Einer grundsätzlichen Reform des BayKiBiG bedarf es nicht." Allerdings habe die Facharbeitsgruppe "Kita 2050" bei einer Untersuchung für das Bündnis für frühkindliche Bildung einige Verbesserungsmöglichkeiten gefunden. Dabei gehe es auch darum, das pädagogische Personal bei der Verwaltungsarbeit zu entlasten.
Aufwändige Verwaltungs- und Dokumentationspflichten kritisiert auch Schindler. Doch mehr Personal sei auch bei weniger Bürokratie nötig. Der Stellenschlüssel, also eine Fachkraft für elf Kinder im Kindergarten, möge in der Theorie überzeugen, sagt der Kindergarten-Leiter. In der Praxis zeige sich, dass durch Urlaub, Fortbildungen und Krankheitsausfall immer zu wenig Personal da sei: "Das sage ich, obwohl ich in St. Johannes mit 1:8 einen Schlüssel unter zehn habe. Trotzdem waren wir im vergangenen Jahr nur in einer Woche komplett."
Erzieherinnen und Erzieher verzweifelt gesucht: Personal fehlt
Sei die Situation schon vor Corona schwierig gewesen, habe die Pandemie "das Fass nur schneller zum Überlaufen gebracht", sagt Schindler. Sein Kindergarten habe in der vergangenen Woche früher schließen müssen, weil so viele Erzieherinnern fehlten. Der Kitzinger verweist auf die volkswirtschaftlichen Kosten, die entstünden, wenn Eltern nicht zur Arbeit gehen könnten, weil sie ihr Kind betreuen müssten.
Für Schindler und seine Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichner ist klar: Mehr Personal ist die Lösung. Doch woher nehmen? Ja, der Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung sei "eine große Herausforderung", heißt es aus Scharfs Ministerium, und die Corona-Pandemie habe "die Situation noch einmal deutlich verschärft". Aber die Staatsregierung ergreife seit Jahren vielfältige Maßnahmen, um Fachkräfte zu gewinnen - der "bereits erfolgte Aufwuchs von rund 45.000 Fachkräften im Jahr 2006 auf über 110.000 Fachkräfte im Jahr 2021 spricht für sich".
Sozialministerium: Weiteres Personal nötig
In seiner Stellungnahme bestätigt das Ministerium, dass weiteres Personal nötig ist - "mit Blick auf die steigenden Geburtenzahlen, den neu eingeführten Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung im Bereich der Grundschule und auch durch die Aufnahme ukrainischer Kinder".
Schindler weiß, dass eine schnelle Lösung nicht in Sicht ist. Deswegen wünscht er sich, dass der Beruf attraktiver gemacht wird. "Damit meine ich nicht nur mehr Geld." Die Arbeitsbedingungen müssten sich ändern, der Quereinstieg müsse leichter fallen. Der Kitzinger nennt als Beispiel einen Vater aus seinem Kindergarten - der habe umschulen wollen, könne sich aber sich eine Ausbildung ohne Vergütung nicht leisten.
Kindergartenleiter: "System funktioniert, weil sich Menschen ausbeuten lassen"
Das weiß auch das Ministerium. Auf Nachfrage heißt es aus München: "Aktuell wird ein sogenannter Dritter Weg konzipiert, um neue Kräfte – insbesondere Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger – zu gewinnen." Die gesellschaftliche Wertschätzung für die Beschäftigten in den Kitas soll mit einem umfassenden Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden.
Bisher sei nicht genug passiert, sagt Schindler frustriert, es werde immer schwieriger, die Kindertagesstätten regulär offen zu halten. Die Zeit dränge: "Das System funktioniert doch nur noch, weil es soziale Menschen gibt, die sich von der Gesellschaft für die Gesellschaft ausbeuten lassen."
KITA Personal wird gesucht, aber durch blanke Forderungen stehen die nicht morgen an der Tür
Hort Personal wird gesucht ...
Lehrer werden gesucht...
Die Post / DHL sucht Leute ...
LKW-Fahrer werden händeringend gesucht ...
Ingenieure werden gesucht....
Facharbeiter werden gesucht...
Ich weiss ich bin schon älter, aber wieso wurde aus uns trotzdem etwas. Und wir waren 95 Kinder in 2 großen Gruppen im Kindergarten bei 2 Kindergärtnerinnen + 1 Aushilfe
Wir waren 2 Jahrgänge in einer Klasse, ca 45 Kinder und jeder hat eine Stelle gefunden.
Im Büro war ein Meister, der hat den Laden im Griff gehabt. Hat Einsatzpläne gemacht, Lieferanten betreut und Aufträge rangeholt. Ohne Handy, ohne Computer. Heute sitzen da 2 Ing. ,1 Betriebswirt , 1 Techniker und 1 Sachbearb. Aber es sind genau so viel Leute in der Werkstatt und bei den Kunden unterwegs wie vor 45 Jahren.
Mein Enkel ist mit 25 Kindern in einer Gruppe, wenn ich ihn 1x Woche abhole, dann rennen mindestens 5 Kinder am Gang unbeaufsichtigt im Umkleidebereich herum. Hab ihn auch schon abgeholt u niemand hat es mitbekommen.
Da werden gerade regionale Kitas/Kiga neu für Millionen Euro gebaut/ umgebaut und das Personal fehlt.
Hauptsache es hat sich eine Facharbeitsgruppe Kita2050 gebildet!
"Wenn ich nicht mehr weiter weiss, bild ich einen Arbeitskreis"
Liebes Ministerium, gehen Sie mal raus in die Einrichtungen und sprechen Sie mit den Erzieher/innen!
Den Erzieher/Innen und dem gesamten Personal Respekt für eure Arbeit.