Zwei Jahre Corona-Pandemie haben auch in der Arbeitswelt Spuren hinterlassen. Manche Berufsgruppen sind dabei besonderen Belastungen ausgesetzt – so zum Beispiel Erzieherinnen und Erzieher, und insbesondere die Leitungen von Kindergärten und Krippen. Wo sie und ihre Mitarbeiter an Grenzen stoßen, was während der Pandemie verloren gegangen ist und warum die Politik endlich den Dialog mit ihrem Berufsstand suchen sollte, erklärt Nicole Arweiler, Leiterin des Ochsenfurter Maria-Theresia-Kindergartens, im Gespräch mit dieser Redaktion.
Nicole Arweiler: Es war und ist eine extrem anstrengende Zeit: für die Mitarbeiter, die Kinder, die Eltern – und für mich als Leitung. Corona hat nicht nur Spuren hinterlassen, sondern Schneisen – im pädagogischen Bereich, in den Werten und Normen, die eine Einrichtung hat. Die Offenheit, die wir sonst gruppenübergreifend gelebt haben, das Miteinander im Team, das alles ist verloren gegangen. Die Politik sieht nicht, was da kaputt gegangen ist.
Arweiler: Ja. Man kann nicht mehr nachvollziehen, wie sich der Virus verbreitet, zudem hat man langsam keinen Überblick mehr, was zu tun und was zu lassen ist. Es gibt immer wieder Änderungen, auf die wir uns sehr schnell einstellen sollen.
Arweiler: Zwar sind in unserem Team von 21 Erzieherinnen und Erziehern alle doppelt geimpft und geboostert – aber nein, wir fühlen uns eindeutig nicht geschützt, auch nicht mit Schutzmasken. Ich denke, von Regierungsseite aus wird eine Durchseuchung unserer Berufsgruppe hingenommen. Dreimal pro Woche wird ein Selbsttest bezahlt, einen Anspruch auf einen PCR-Test haben wir wohl bald nicht mehr (PCR-Tests sollen künftig nur noch kostenlos bei Risikogruppen und Beschäftigten, die diese betreuen und behandeln, zum Einsatz kommen, Anmerkung der Red.). Meine Mitarbeiter arbeiten aber jeden Tag mit vielen Kindern, die alle nicht geimpft sind.
Arweiler: Einerseits ja. Um die Ansteckungsgefahr gering zu halten, wäre eine Schließung sinnvoll. Auf der anderen Seite brauchen Kinder ihre Werte und Struktur – und die Eltern Verlässlichkeit.
Arweiler: In der Verordnung ist erklärt, wie wir bei einem positiven Fall in der Einrichtung vorgehen sollen. So soll man diesen so schnell wie möglich melden, was in manchen Landkreisen wohl leider nicht einfach ist. Man hört von Einrichtungen, die manchmal bis zu zwei Tage warten, bis sich das Gesundheitsamt zurückmeldet und die Betroffenen offiziell in Quarantäne schickt. Unsere Bearbeiterin am Gesundheitsamt Würzburg ist aber jederzeit auf unsere Fragen und Anliegen eingegangen; wir hatten bisher keine langen Wartezeiten.
Arweiler: Politiker könnten sich mit Kindergartenleitungen an einen Tisch setzen und uns zuhören. In Bayern gibt es außerdem seit 2021 den Verband Kita-Fachkräfte Bayern, der versucht, unsere Anliegen gebündelt an die Politik weiterzugeben. Aber: Ob in der Politik oder in Talkshows – wann werden Erzieher überhaupt noch erwähnt?
Arweiler: Das Wochenende ist aktuell keines mehr. Wenn besorgte Eltern auf dem Handy anrufen, geht man klar dran. Oder wenn Mitarbeiter wissen wollen, welche Quarantänebescheinigung oder Testung sie jetzt brauchen. Wer im Moment Leitung ist, muss komplett da sein, lebt für den Job – und nicht nach der Uhrzeit. Und: Auch die Erzieher sind über die Maßen beansprucht.
Arweiler: Meine Mitarbeiter nehmen die Kinder in Empfang und sind dabei die Vermittlung, das psychologische Sprachrohr für die Eltern. Was auch schwer ist: Normalerweise umarmt man die Kinder auch mal und knuddelt sie. Jetzt ist Abstand halten angesagt – aber das ist nicht unser Beruf. Wir wollen eine Bindung aufbauen, Werte und Normen vermitteln. Das geht gerade nicht so, wie wir uns das wünschen und es gelernt haben. Man arbeitet also jeden Tag mit Grenzen – das erfüllt uns irgendwann nicht mehr.
Arweiler: Die Krankheitstage haben zugenommen. Weil die psychische Belastung immer mehr zunimmt. Weil Eltern diskutieren und diese und jene Regel nicht nachvollziehen können. Wir sind nur das ausführende Organ, aber Erzieher kriegen sehr viel ab, zu viel. Dazu kommt: Mal ein Pläuschchen halten oder im Garten mit den anderen Gruppen treffen, dieses Miteinander gibt es nicht mehr. Die Eltern geben ihr Kind jetzt außerdem an der Tür ab, das heißt, die Erzieherin zieht das Kind aus und an, dazu fällt viel mehr schriftliche Arbeit an – das alles kostet Zeit, die uns am Kind fehlt.
Arweiler: Meine Mitarbeiter und die Kinder gesund durch die Pandemie zu bringen. Und die Eltern mit ins Boot zu holen, alles zu erklären. Es kommen immer mehr und immer neue Regelungen. Was den Leitungen in den letzten zwei Jahren an Verantwortung übertragen wurde, ist Wahnsinn. Wir haben mit der Stadt Ochsenfurt einen guten Träger, der regelmäßig den Stand der Dinge abfragt, vieles zu ändern versucht und uns in unseren Anliegen unterstützt. Viele Leitungen sind aber allein auf weiter Flur. Ich weiß nicht, wie sie das hinkriegen. Da ist so viel Arbeit, so viel Kommunikation. Wie viel soll noch bei uns abgeladen werden?
Arweiler: Wenn zu viele Mitarbeiter ausfallen, müsste Personal zur Verfügung gestellt werden. Ich wüsste aber nicht, wo man Erzieher hernehmen sollte. Wichtig wäre, dass unsere Berufsgruppe weiter ein Recht auf PCR-Tests hat. Dass die Quarantäne-Verordnung für alle gleich ist – und nicht für Kinder fünf Tage Quarantäne angeordnet werden, für pädagogisches Personal aber sieben. Wenn die Kinder einer Gruppe zwei Tage früher wiederkommen als die pädagogischen Fachkräfte: Wo bekomme ich für diese Zeit Personal her? Und: Für die Eltern müssten die Quarantäne-Bescheinigung und andere Verordnungen in einfacherer Sprache und mehrsprachig verfasst sein. Wir sind ein Sprachkindergarten mit Kindern aus 13 Nationalitäten – ich bin oft stundenlang damit beschäftigt, den Eltern zu erklären, was sie jetzt tun müssen.
Arweiler: Die Kindergärten sind jetzt besser digitalisiert. Teamsitzungen können per Laptop als Zoom-Meeting stattfinden, genauso wie Online-Fortbildungen. Einige Gruppen haben jetzt Tablets, die auch als Übersetzer bei der Kommunikation mit den Eltern als Hilfe eingesetzt werden. Da wurde einiges investiert.
Arweiler: Die Kinder stecken es in der Regel gut weg. Sie freuen sich, in den Kindergarten gehen zu dürfen. Das Gruppenübergreifende fehlt zwar, sie haben aber ihre konstanten Gruppen, mit ihren Bezugserziehern, das gibt ihnen Sicherheit.
Weil keiner weiss, wie lange die Pandemie noch dauert, sollte man vielleicht (wenn es das noch nicht gibt) über den "Tellerrand" vorausschauend planen und organisieren. Z. B. in den Schulen wird für die
Nachmittagsbetreuung der Schüler nicht examiniertes Erzieher-Personal eingestellt, die die Aufsicht der Kinder übernehmen, es gibt ehrenamtlich geschultes Personal z. B. in der Hospizarbeit usw.
Es gibt amtlich geprüfte Personen, die z. B. ein Kind zur Inklusion im Kindergarten
begleiten.
Vielleicht kann auch nicht examiniertes Personal unterstützend als Betreuungshelfer/in
Arbeiten wie An/und Ausziehen vor und nach einem Spaziergang übernehmen, so wie es die Pflegehelfer/innen in einem Krankenhaus gibt.
Das einzige was ich nicht verstehe das die Eltern ihre Kinder abgeben und Erzieher die Kinder an und ausziehen.
Bei uns im Kindergarten gehen alle Eltern rein Bus in die Gruppen.
Gibt es da verschiedene Vorschriften in Bayern?
Die Stadt unterstüzt da gut, dass sie in solche Technologien investiert.