Unternehmen melden Kurzarbeit an, etliche Branchen machen deutlich weniger Gewinn als sonst. Die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden. Die Steuereinnahmen sinken. Wie sich Kitzingen auf magerere Zeiten einrichtet, erklären der Leiter der Steuerverwaltung Frank Meisner, Kämmerin Elisa Dietenberger und Pressesprecherin Claudia Biebl.
FRAGE: Ist das die schwerste Krise, die Kitzingen finanziell durchlebt?
Frank Meisner: Bei weitem nicht. Im Jahr 2004 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 1,9 Millionen Euro zu verbuchen. Da geht es uns im Moment geradezu fantastisch.
Mit welchen Einnahmen rechnen Sie denn?
Elisa Dietenberger: Wir hatten 11,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt und rechnen derzeit mit einem Verlust in Höhe von 3,45 Millionen Euro.
Blieben immer noch mehr als acht Millionen Euro.
Meisner: Und damit lässt sich einigermaßen arbeiten. Wir hatten in den letzten Jahren im Schnitt rund zwölf Millionen Euro an Steuer-Einnahmen. Für das kommende Haushaltsjahr haben wir die Prognose vorsorglich gesenkt und gehen 2021 von Steuer-Einnahmen in Höhe von neun Millionen Euro aus.
Wie errechnen Sie die Lücke, die in diesem Jahr droht?
Dietenberger: Anhand von Gewinnmeldungen der Unternehmen. Das lässt sich ganz gut hochrechnen und abschätzen. Die tatsächlichen Auswirkungen werden wir aber erst im nächsten Jahr merken.
Kann die Stadt den Unternehmen und Gewerbetreibenden in dieser schweren Zeit helfen?
Dietenberger: Wir haben schon im März die Sondernutzungsgebühren bis Jahresende erlassen und den Geschäftsleuten Stundungsmöglichkeiten eingeräumt. Das Ziel muss lauten, möglichst alle über diese unverschuldet schwere Zeit zu bekommen.
Warum ist die finanzielle Situation – trotz Corona – so viel besser als 2004 oder auch 2008, während der Weltwirtschaftskrise?
Meisner: Wir sind viel breiter aufgestellt als früher. Damals waren wir ein Stück weit von den großen Automobilzulieferern und deren Gewinnen abhängig.
Und jetzt?
Dietenberger: Gibt es viele mittelständische und kleinere Betriebe, die sich in Kitzingen angesiedelt haben. Denken Sie nur an die ehemaligen Kasernen. Sowohl der Innopark als auch ConneKt verzeichnen eine hohe Auslastung.
Meisner: Kitzingen hat sich bei vielen Wirtschaftsunternehmen als guter Standort herumgesprochen.
Das heißt: Sie bekommen auch in diesen Zeiten Anfragen von Betrieben, die sich hier ansiedeln wollen.
Claudia Biebl: Es kommen immer wieder Anfragen. Wir leiten sie an den Innopark und an ConneKT weiter und bieten natürlich auch unsere städtischen Flächen in der Großlangheimer Straße Nord an. Aber da gibt es nicht mehr viel.
Wie viele?
Biebl: Gerade mal zwei. Insgesamt stehen uns hier noch knapp 17.000 Quadratmeter zur Verfügung.
Denkt die Stadt schon an die Ausweisung neuer Gewerbeflächen?
Biebl: Derzeit nicht, wir wollen erst die vorhandenen Flächen ausnutzen. Aber über kurz oder lang werden wir uns Gedanken machen müssen, neue Gebiete auszuweisen.
Was den Stadtsäckel weiter füllen würde.
Meisner: Jede Ansiedlung bedeutet Einnahmen für die Stadt.
Die Umwandlung der ehemaligen Kasernenflächen in Gewerbegebiete hat sich also gelohnt?
Meisner: Rein monetär auf jeden Fall.
Zurück zum laufenden Jahr. Die 3,45 Millionen Euro tun trotz allem weh. Wie geht die Stadt mit diesen Einnahmeverlusten um?
Dietenberger: Zum Glück haben wir den Stadtrat schon beizeiten über die drohende Lücke informiert. Jedes Sachgebiet im Rathaus wurde aufgefordert, mögliche Einsparpotenziale zu melden. Am Ende hatten wir eine lange Liste mit Vorschläge. Alleine mit der Kurzarbeit können voraussichtlich 30.000 Euro eingespart werden.
Zu den 3,45 Millionen Euro fehlt da aber noch ein ganzes Stück.
Dietenberger: Die meisten Einsparungen basieren auf Verschiebungen von Projekten. Da muss man ehrlich sein.
Was wird beispielsweise geschoben?
Dietenberger: Die Sanierung der Dreifachturnhalle im Sickergrund oder die Sanierung der Friedrich-Bernbeck-Schule.
Die belasten dann kommende Haushalte?
Dietenberger: Belasten ist das falsche Wort. Es sind wichtige Projekte, die aufgrund der Einnahmeverluste später realisiert werden. Aber klar: In den nächsten Jahren wird es sicher schwerer, neue Projekte auszuschreiben.
Die Stadt muss sparen.
Dietenberger: Die Stadt kann nur so viel ausgeben, wie sie auch einnimmt.
Meisner: Wobei wir ja auch noch auf die Gewerbesteuer-Kompensation von Bund und Ländern hoffen. Fast 2,4 Milliarden stehen den Städten und Kommunen als Ausgleich für die Mindereinnahmen zur Verfügung.
Die werden wie verteilt?
Meisner: Wir haben unsere Zahlen aus den ersten drei Quartalen 2020 bereits gemeldet, die des 4. Quartals kommen noch. Die Zahlen werden mit dem Durchschnitt des Gewerbesteueraufkommens der Jahre 2017 bis 2019 verglichen. Jetzt hoffen wir, dass die Summe reicht, um alle Städte angemessen zu bedenken. Es gibt ja Kommunen, die es viel schlimmer getroffen hat. In Schweinfurt ist von rund 35 Millionen Euro die Rede. All diese Lücken wollen Bund und Länder schließen.
Kitzingen könnte also 3,45 Millionen Euro erhalten?
Dietenberger: Im Moment ist es leider gar nicht einzuschätzen, was wir am Ende bekommen. Aber jede Summe hilft uns weiter.