Das Jahr 1933: Der Schriftsteller Erich Kästner veröffentlichte seinen Roman Das fliegende Klassenzimmer, Franklin D. Roosevelt wurde als 32. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt, Adolf Hitler kam in Deutschland an die Macht und am 21. Januar wurde in Angerburg in Ostpreußen ein kleines Mädchen geboren – Ruth Bauer.
90 Jahre ist das jetzt her und Ruth Bauer, im Landkreis Kitzingen als CSU-Urgestein bekannt, blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück. Feierte sie vor fünf Jahren ihren Geburtstag noch mit einem Empfang im Paul-Eber-Haus in Kitzingen, wird es in diesem Jahr eine Feier mit ihrer Familie im Haus der Pflege in Kitzingen sein.
Ihre Kindheit verbrachte sie in Elbing, einer Kleinstadt in der Nähe von Danzig (Polen). 1945 musste Bauer mit ihrer Familie nach Schleswig-Holstein fliehen. Diese Erfahrung war einer der drei großen Einschnitte in ihrem Leben, erzählt sie bei einem Besuch vor ihrem 85. Geburtstag. „Das hat mich gelehrt, dass Äußerlichkeiten nicht wichtig sind.“ Ein Jahr später zog die Familie nach Hof in Oberfranken, weil der Vater dort eine Stelle bekommen hatte. 1947 starb ihr Vater bei einem Unfall, wieder ein einschneidendes Ereignis für das junge Mädchen.
Sie wollte Lehrerin werden – dann starb ihr Vater
Ruth Bauers Traum, Lehrerin zu werden, war mit dem Tod des Vaters geplatzt. Das Geld reichte nicht mehr und sie musste die Schule verlassen – ein Jahr vor dem Abitur. Trotzdem blieb ihr die Schulzeit in besonderer Erinnerung, weil sie viel über Demokratie und Politik erfahren hatte. Hier liegen die Wurzeln ihres vielseitigen politischen Engagements. Den Anfang machte sie mit dem Amt als Schulsprecherin.
Statt ans Pult ging es für Ruth Bauer an den Schalter. Von 1951 bis 1957 arbeitete sie als Postangestellte, 1956 heiratete sie Rolf Bauer. Fünf Kinder brachte sie auf die Welt und Ruth Bauer erfüllte sich damit einen Wunsch: „Ich wollte eine große Familie haben“, erinnert sie sich. Mittlerweile ist die Familie Bauer auf 22 Enkel und acht Urenkel angewachsen, das neunte kommt im Februar.
Die Scheidung: Erst kam das Loch, dann die Unabhängigkeit
Bis sie in der Politik Karriere machte, sollte noch einige Zeit vergehen. Denn zunächst war ihr Mann Rolf an der Reihe. 1967 zog die Familie nach Kitzingen. Ihr Ehemann kandierte für das Amt als Landrat und seine Frau unterstützte ihn, wo sie nur konnte. Mit Erfolg. 1970 wurde Bauer zum Landrat gewählt.
1966 ist Ruth Bauer in die CSU eingetreten. SPD und FDP waren für sie nie eine Option. "Mir war das C für christlich wichtig", sagt sie. Wobei ihr klar ist, dass es keine christliche Politik gibt. "Es gibt nur Christen in der Politik. Aber die müssen für ihre Überzeugungen stehen."
1979 fällt Ruth Bauer in ein tiefes Loch. Ihre Ehe wird geschieden. "Meine Ämter haben mich aufgefangen", erinnert sie sich an die Zeit. Ämter hatte sie da schon einige. Seit 1968 war sie Kreisvorsitzende der Frauen-Union (bis 1993), dazu seit 1973 stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen Union (bis 1995).
Im Nachhinein sagt Ruth Bauer, habe sie die Scheidung unabhängiger gemacht. 1978 wurde sie den Bezirkstag gewählt (bis 2003), von 1984 bis 2008 war sie Mitglied im Kreistag. Bei der Bezirkstagswahl habe sie erstmals Wahlkampf für sich gemacht. Und als sie 1994 ins Präsidium des Bayerischen Landkreistags kam, war sie die erste Frau in diesem Gremium. "Da habe ich mich sehr gefreut."
Seit 2019 ist Ruth Bauer Ehrenvorsitzende der Senioren-Union
Mit der Zeit sind die Aufgaben weniger geworden, bis 2018 war die Rentnerin Kreisvorsitzende der Senioren-Union, seit 2019 ist sie die Ehrenvorsitzende. Für eine, die von sich selbst sagt, dass sie eigentlich „nichts werden wollte“, hat Ruth Bauer eine erstaunliche politische Laufbahn hingelegt. Lange prägte sie die CSU im Landkreis und noch immer ist Bauers Name eng mit der CSU verbunden. Am 21. Januar wird Ruth Bauer 90. Jahre alt.
Ruth Bauers Auszeichnungen
- Bundesverdienstkreuz am Bande (1993)
- Kommunale Verdienstmedaille (1996)
- Ehrenring des Landkreises Kitzingen (2002)
- Verdienstkreuz der 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2003)
- Ehrenmedaille des Bezirks Unterfranken (2003)
- Bayerische Verfassungsmedaille in Silber (2006)
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