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Schweinfurt
Brandbrief zum Thema Pflegenotstand: Angehörige in Schweinfurt stehen Knall auf Fall ohne Hilfe da
In Schweinfurt häufen sich Beschwerden über gekündigte Pflegeverträge. Angehörige stehen plötzlich ohne Betreuung da. Ein Hilfeschrei blieb ohne große Resonanz.
Der VdK macht mit einer Pflegekampagne auf die schwierige Situation im Bereich häuslicher Pflege aufmerksam.
Foto: Thomas Obermeier | Der VdK macht mit einer Pflegekampagne auf die schwierige Situation im Bereich häuslicher Pflege aufmerksam.
Bearbeitet von Horst Breunig
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Aus allen Wolken fallen derzeit Angehörige von Pflegebedürftigen, denen die Sozialstation von heute auf morgen den Vertrag gekündigt hat. Am Montag erreichten die Beschwerden auch diese Redaktion. Dass das Problem kein neues ist, zeigt ein Offener Brief von Gottfried Bindrim, dem geschäftsführenden Sozialstationsleiter der Caritas-Sozialstation St. Josef. 

Er hatte den Brief vor etwa zehn Tage an alle unterfränkischen Bundes- und Landtagsabgeordnete per E-Mail verschickt, bis Montag aber nach eigener Aussage lediglich drei Rückmeldungen des Eingangs, jedoch keine konkrete Aussage hierzu bekommen. Bindrim erhält seit etwa zwei Wochen massiv Anrufe aus dem  Stadtgebiet von Kunden der Diakonie und von "Daheim statt Heim". Den Anrufern wurde gekündigt und sie benötigen dringend einen neuen Pflegedienst. Die Diakonie scheine ihre ambulanten Kunden zu kündigen, nachdem sie dies schon vor einem Jahr für einzelne Bereiche der Stadt getan hatte. 

Pflegenotstand im Raum Schweinfurt ufert aus

Bindrim spricht in seinem Offenen Brief davon, dass der Pflegenotstand im Raum Schweinfurt zu einer regelrechten Pflegetriage ausgeufert sei. Es gebe vielerlei Gründe, wieso immer mehr Pflegekräfte der Pflege den Rücken kehren: die Impfpflicht, die Tests mindestens zweimal wöchentlich, die Maskenpflicht. "Wir gehen auf dem Zahnfleisch, ich habe in meiner Sozialstation etliche Mitarbeiter*innen seit Beginn der Pandemie verloren, weil diese keine Lust mehr auf die Beschränkungen und erschwerten Arbeitsbedingungen haben, finde keinen Ersatz mehr und wenn doch, darf ich nur dreifach geimpfte Personen einstellen. Nur gibt es keine neuen Pflegekräfte, woher auch", schreibt Bindrim wörtlich.

Die Diakonie in Schweinfurt ging laut Bindrim hier schon einige Schritte weiter und hat ihre ambulante Pflege im Raum Schweinfurt seit Mitte letzten Jahres massivst zurückgefahren und vielen Kunden gekündigt und Gebiete aufgegeben. "Wir sagen jede Woche zehn bis 15 anfragende Pflegefälle ab, weil wir einfach nichts frei haben und führen so quasi eine Pflegetriage durch. Unsere Umsätze fahren kontinuierlich runter, und wir werden auf Dauer dieses auch wirtschaftlich nicht aushalten. Wir werden von Hilfesuchenden aufs übelste am Telefon beleidigt, weil wir diesen absagen müssen."

Impf- und Schutzvorgaben auf Kosten eines Berufszweiges

Bindrim kritisiert die Quarantäneregelungen und die Impf- und Schutzvorgaben auf Kosten eines Berufszweiges und fordert einheitliche Infektionsschutzregeln für alle. Die Altenpflege müsse seit der Generalistik auch noch die Ausbildungsbeiträge von den Versicherten im Pflegekassenbereich eintreiben – das solle von der Pflegekasse übernommen werden. Die Entlohnung in der Pflege müsse dringend massiv angehoben werden, empfiehlt Bindrim.

Das Gesundheitssystem sei in den letzten 40 Jahren an die Wand gefahren worden, habe fast sämtliche Gesundheitseinrichtungen der Gesundheitsfürsorge in den Kapitalmarkt verschoben und so eine Grundpflicht des Staates, nämlich eben diese Gesundheitsfürsorge, aus der Hand gegeben.

 
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Kommentare
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Das sind die Themen über die man fortwährend berichten sollte, Themen bei denen man Kommentare schreiben sollte, wo man sich Sorgen machen sollte! Dem dekatenden Volk und der auf Klicks bedachten Mainpost sind solche Sachen wie Layla aber einträglicher oder sie lenken von wichtigen Themen ab!

    Menschen ALLER Alterklassen sollten dieses Thema beackern! Die Ältesten sind unmittelbar betroffen, die nachfolgende Generation wird in wenigen Jahren selbst betroffen sein. Von der Gruppe zwischen 35 und 50jährigen werden sich viele umschauen wenn es zukünftig ihre Eltern oder Verwandte betrifft! Und die ganz junge Generation sollte erst recht genau bei diesem Thema aufstehen - auch sie wird es eines Tages direkt oder indirekt betreffen. Fährt man das System weiterhin so an die Wand seh ich tiefschwarz für Deutschland und zwar in vielen Bereichen.

    Die demografischen und finanziellen Probleme sind bekannt, wegschauen und Klientelpolitik werden nicht mehr lange gutgehen!
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  • frank.deubner@gmx.de
    Dank Ulla Schmidts Reformen sind die Arbeitsbedingungen in der Pflege seit Jahrzehnten immer schlechter geworden. Und was war der Lauterbach damals stolz, dass er die rot-grüne Regierung so kompetent bei dieser Reform beraten durfte...

    Aber die gelben und schwarzen Gesundheitsminister in den folgenden Jahren haben die Situation leider auch nicht verbessert, Gewinnstreben im Gesundheitsbereich durch Stellensperrungen in der Pflege war angesagt. Naja, mittlerweile haben wir gar keinen Gesundheitsminister mehr, sondern nur noch einen Corona-Minister.

    Weite Teile der Gesellschaft und der Medien scheint das aber auch nicht zu interessieren. Der mittlerweile monatelange Streik in den Uniklinika in NRW ist ja jedenfalls kein Thema, die Mainpost hat ja Layla entdeckt. Nach dem Motto "Wir haben ja mal geklatscht, was wollt ihr denn noch?" hat sich in den vergangenen Jahren exakt gar nichts in der Pflege verbessert. Herzlichen Dank dafür an alle Verantwortlichen in Kommune, im Land und Bund!
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