Volkhard Bauer aus Kitzingen ist wütend. Der Unternehmer ist Geschäftsführer der Firma Khaya, die sich darauf spezialisiert hat, Unterkünfte bei sportlichen Großereignissen zu organisieren – etwa bei Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften. Zur Kundschaft der Firma, die ihren Sitz in Portugal hat, gehören Sponsoren, Medienvertreter oder internationale Reisebüros. Auch für die WM in Katar hat Bauer mehrere Hotels vor Ort unter Vertrag genommen. Doch was er nun erlebt, bezeichnet der 56-Jährige als "reine Erpressung".
Vor fünf Jahren hatte Bauer mit seinen Vorbereitungen für das Turnier in dem Wüsten-Staat begonnen. Zuvor hatte er schon Reisen zu den Weltmeisterschaften in Südafrika 2010, Brasilien 2014 und Russland 2018 organisiert. Vor drei Jahren meldete er dann eine Firma in Katar an, um dort Geschäfte machen zu können, und stellte zwölf Mitarbeiter ein.
Insgesamt 13.000 Gäste wollen über Bauers Agentur zur WM nach Katar reisen. Sie kommen unter anderem aus Argentinien, Mexiko, Kolumbien, Japan, Italien, Spanien und Ghana. Elf Hotels hat Khaya für sie exklusiv gebucht. Acht davon gehörten Scheich Mansour al Thani, einem Mitglied der katarischen Herrscherfamilie. Bauers Vertragspartner ist ein Mann, der per Geburt in dem Emirat als unantastbar gilt.
Es geht um mehr als vier Millionen Dollar
Wenige Wochen vor WM-Start wurde Bauer mitgeteilt, dass der Scheich das Fünf-Sterne-Haus Velero in der Nähe des Lusail-Stadions, in dem das Finale ausgetragen wird, verkauft habe und nun aus dem Geschäft mit Khaya aussteigen wolle. "Die Berater des Scheichs haben bei einem Treffen unmissverständlich klargemacht: Wenn wir einer Aufhebung unseres Vertrages für das Hotel Velero nicht zustimmen würden, würden alle anderen sieben Hotelverträge sofort gekündigt", erklärt Bauer. Schriftlich sei zugesichert worden, eine bereits geleistete Anzahlung über vier Millionen US-Dollar an Khaya zurückzuzahlen, plus fünf Prozent Vertragsstrafe.
Doch das Geld floss nicht, sagt Bauer. Im Gegenteil: "Uns wurde immer klarer, dass der Scheich absolut nicht die Absicht hatte, die Vier-Millionen-Dollar-Kaution zurückzuzahlen." Stattdessen habe der Katarer den Unternehmer aus Unterfranken und seine Firma mit "immer bösartigeren" Aktionen unter Druck gesetzt.
400 Dollar für ein Zustellbett – pro Nacht
So sollten Khaya-Gäste aus Italien laut Bauer in einem Hotel des Scheichs nicht in ihre Zimmer gelassen werden, es sei denn, sie würden weitere 40.000 Dollar zahlen. Khaya habe schließlich den Betrag übernommen: "Für uns war es das Wichtigste, unsere Kunden zu schützen", sagt Bauer.
Ein anderes Hotel habe "ohne Angabe von Gründen plötzlich zehn Tage lang" Khaya-Gästen keine Buchungsbestätigungen mehr ausgestellt. "Ein perfider Trick", findet Bauer: Denn ohne Buchungsbestätigung können Fans die sogenannte Hayya Card, die während der Fußball-WM zur Einreise nach Katar benötigt wird, nicht beantragen.
Ein anderer "Trick" des Scheichs: Seine Hotels verlangten für Zustellbetten pro Nacht offenbar einen Aufschlag von 250 Dollar, inzwischen sogar von 400 Dollar. Laut Bauer waren ursprünglich 90 Dollar vereinbart gewesen. "Das mag wenig klingen, aber es summiert sich", sagt der Unternehmer.
Ärger um Beistellbetten: Familie des argentinischen Torwarts betroffen
Davon seien zuletzt auch die Familien der argentinischen Nationalspieler betroffen gewesen. So sei am 22. November, dem Tag des ersten Spiels der Argentinier, um 23 Uhr das Beistellbett aus dem Zimmer der Familie von Torhüter Emiliano Martinez entfernt worden. Die Agentur der Argentinier, die über Khaya gebucht hat, habe 22.000 Dollar für Zustellbetten nachgezahlt. Khaya selbst hat laut Bauer inzwischen 100.000 Dollar draufgelegt.
"Wir haben uns an das katarische WM-Organisationskomitee gewandt, an das Handelsministerium mit seiner Abteilung für Verbraucherschutz und an die katarische Tourismusbehörde und um Unterstützung gebeten", klagt Bauer. Niemand habe sich für den Fall zuständig gefühlt. Erst jetzt, nachdem der Streit öffentlich wurde, interessiere sich zumindest das Organisationskomitee für die Sache und habe Unterlagen angefordert. Ein Gang vor Gericht dürfte ihm unterdessen nicht viel bringen, meint der Unternehmer: "Gerichtsverfahren in Katar können viele Jahre oder länger dauern."
Zahlungen an die Scheich-Holding in Katar eingestellt
Eine Anfrage der Redaktion ließ die Holding von Scheich Mansour al Thani unbeantwortet. "Uns läuft die Zeit davon, und darauf zählt der Scheich", sagt Bauer. "Es ist der verstörendste und unprofessionellste Vorfall meiner Laufbahn."
Inzwischen habe man alle Zahlungen eingestellt, um die Firma nicht zu gefährden. Schließlich befinde sich Khaya schon in den Vorbereitungen für die nächsten Events: die Rugby-WM 2023 in Frankreich und die Olympischen Spiele in Paris 2024.
Der Bericht lässt ahnen, an welch langem Hebel der Scheich als Mitglied der katarischen Herrscherfamilie sitzt und wie rechtlos die dort ansässigen Arbeitsmigranten sind.
Wer sich auf die dortigen Verhältnisse einlässt, hat unschöne Konsequenzen zu tragen.
Aber auch in solchen Fällen springt sicherlich der deutsche Staat ein.
Falls nicht: Lotto spielen.
Fußball ist ein Beispiel dafür. Nicht nur die FIFA-Funktionäre versuchen sich daran zu bereichern, sondern eben auch Unternehmer aus Kitzingen.
Ähnlich ist es bei der FIA, also der Formel-1: Es geht da schon lange nicht mehr primär um den Sport an sich, sondern nur noch darum, wer da wo wieviel Geld abgreifen kann...
Ich kann nur hoffen dass das in Qatar jetzt so auf die Spitze getrieben wurde, dass da langsam ein Umdenken stattfindet. Ich war z.B. F-1 Fan. Doch um die Rennen heute noch sehen zu können, müsste ich irgendwo ein kostenpflichtiges Abo abschließen, was ich jedoch niemals tun werde. Das gesamte Sport-Marketing ist inzwischen vollkommen überreizt, und wird hoffentlich bald in sich selbst implodieren...
Wer sich in die Gefahr begibt, kann darin umkommen.
Im Leben glaube ich nicht daran, dass das nach unserem Geschäftsgebaren laufen könnte.
Selber schuld…
Verträge sind verbindlich, Menschenrechte freiwillig.
Andersherum wäre es wohl besser.