Fast zwei Jahre dauerte die Katalogisierung einer deutschlandweit einmaligen Sammlung von Erich Kästner-Werken, die der Lehrer Peter Weiler aus Niedersachsen in vielen Jahren zusammengetragen hat. Nun übergaben die Verantwortlichen des Erich-Kästner-Kinderdorfs in Oberschwarzach die Sammlung an den dortigen Bürgermeister Manfred Schötz. Wenn das Oberschwarzacher Schloss fertig saniert ist, womit das Gemeindeoberhaupt Ende 2024 rechnet, sollen die Kästner-Werke dort in einer Bibliothek als Dauerausstellung ein neues Zuhause finden.
Im Frühjahr 2020 war die Marktgemeinde Oberschwarzach mit dem Anliegen an die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur (AKJL) mit Sitz in Volkach herangetreten, ob sie nicht die Sichtung der umfangreichen Sammlung übernehmen könnte. Lehrer Weiler sammelte zu Lebzeiten alles, was er zum Autor Erich Kästner und dessen Arbeit bekommen konnte. Hierzu gehörten neben diversen Druckerzeugnissen auch Audio- und Filmaufnahmen auf verschiedenen Medien. Peter Weiler stammt aus Hillerse in Niedersachsen. Im benachbarten Northeim (nördlich von Göttingen) unterrichtete er als Lehrer. Er war fünf Jahre lang Schatzmeister der Erich-Kästner-Gesellschaft. 1984 begann er, Exponate Kästners zu sammeln.
Die Sammlung in Kartons
Die Sammlung ging nach dem Tod Weilers in den Besitz des Erich Kästner-Kinderdorfs in Oberschwarzach über und wurde dort zunächst in prall gefüllten Kartons gelagert. Gemeinsam entwarfen die Marktgemeinde und das Kinderdorf den Plan, die Sammlung in einer Ausstellung im renovierten Julius-Echter-Schloss zu präsentieren.
"Die einzelnen Bestandteile der Sammlung wiesen zwar persönliche Notizen und Markierungen von Herrn Weiler auf, aber es lag keine Liste des Gesamtbestands vor", nennt Josef Rößner, Mitarbeiter der AKJL, die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Katalogisierung der Exponate. "Es gab auch kein Konzept zur Orientierung, um die handschriftlichen Angaben einordnen zu können."
Eine große Fleißarbeit
Rößner hatte die gesamte Sammlung von Oberschwarzach in die AKJL-Geschäftsstelle in Volkach transportiert, um dort Büroraum und Technik jederzeit bei den Recherchen zur Sammlung nutzen zu können. Schier unzählige Exemplare vom "Doppelten Lottchen", "Der Konferenz der Tiere" und Co. wanderten somit zunächst an die Mainschleife. Rößners nun beginnende Arbeit wurde dadurch erschwert, dass die Sammlung beim letztmaligen Einpacken größtenteils ungeordnet auf Kartons verteilt worden war. Es gab also keine Zusammenstellung nach Thema oder Veröffentlichungszeitpunkt, sondern alle Bestandteile waren vermischt auf elf Kartons verteilt.
Die Bestandteile sichten, Weilers Sammlerkonzept samt Notizen nachvollziehen und eine Liste erstellen, lauteten die Aufgaben, um die Grundlage für die geplante Ausstellung zu schaffen. Die Sichtung der Kartons und ihres Inhalts erstreckte sich über das ganze Jahr 2021, "wann immer es die Zeit und die Büro-Routine zuließ", erklärte Rößner. Er stellte fest, dass die Sammlung aus über 500 Exemplaren besteht.
Zahlreiche unterschiedliche Medien
Der Akademie-Mitarbeiter stieß neben den obligatorischen Büchern (deutsch und fremdsprachig) auch auf Zeitschriften mit Beiträgen Kästners, Biographien, Bibliographien, Verfilmungen seiner Werke auf VHS und DVD, Vertonungen auf Hörspielkassetten und CDs. In den Kartons lagen auch Ausstellungskataloge, Filmposter, Theaterprogramme und weitere Medien.
Parallel hierzu lief die Nachforschung der bibliografischen Daten aller Bestandteile. Diese waren größtenteils den vorhandenen Exemplaren selbst zu entnehmen. "War dies nicht möglich, wurden die Daten über das Internet, verfügbare Fachliteratur oder die Bibliographien recherchiert", so Rößner. Dafür nutzte er teilweise von Weiler angebrachte Notizen und Zettel. Zum Abschluss wurde die Sammlung thematisch neu geordnet, um eine übersichtliche Basis zu schaffen.
30-mal Emil und die Detektive
Rößner Fazit: "Es gibt nun eine übersichtliche Trennung nach Kartons, so dass alle Medien-Exemplare zu einem Themenkomplex in je einem Karton sind." Allein zu Kästners Klassiker "Emil und die Detektive" beinhaltet die Sammlung mehr als 50 Medien, größtenteils Printausgaben, in unterschiedlicher Qualität erhalten und aus verschiedenen Jahrzehnten. "Es war eine zeitaufwendige Fleißarbeit."
Zusammen mit der Rückgabe der Sammlung an das Kinderdorf übergab Rößner die Auflistung der Bestandteile in verschiedenen Dateiformaten und in ausgedruckter Form an den Vorsitzenden des Kinderdorf-Vereins Gerald Möhrlein und Geschäftsführerin Eva-Maria Hoffart. Die Auflistung soll es möglichen, die Ausstellung vorzubereiten und gleichzeitig die Übersicht über alle Bestandteile zu behalten.
Werbung für Oberschwarzach
"Wenn das Schloss renoviert ist, wollen wir im zweiten Stock an einem geeigneten Platz eine Bibliothek einrichten", sagt Bürgermeister Manfred Schötz. Für die geplante Dauerausstellung soll ein Fachbüro ein Konzept erstellen. Die Kosten im Schloss trägt die Gemeinde. Denn: "Die Werke des bekannten Schriftstellers sind Werbung für unseren Ort." Bis das Schloss bezugsfertig ist, vergehen voraussichtlich aber noch fast drei Jahre. Fragen der Barrierefreiheit und der Gastronomie im Erdgeschoss sind noch ungeklärt.
Von Gunda Fleischhauer, der Gründerin des Kinderdorfs, übernahm das Gemeindeoberhaupt jetzt die Kartons mit den Kästner-Werken und die Zusammenstellung der Akademie. "Ich bin sehr froh, dass die Weiler-Sammlung im Schloss gut zur Geltung kommen wird", meinte Gerald Möhrlein. Damit Leben in die künftige Dauerausstellung einkehrt, kann sich der Vereinsvorsitzende ein museumspädagogisches Konzept vorstellen.