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Albertshofen
Kaputte Straße neben Post-Logistikzentrum: Darüber ärgern sich Autofahrer zwischen Kitzingen und Albertshofen
Seit anderthalb Jahrzehnten streiten sich Stadt und Gemeinde darum, wer nun die Straße, die beide Orte verbindet, sanieren muss. Was eine Lösung des Falles so schwierig macht.
Die Straße zwischen Albertshofen und Kitzingen ist zum Teil völlig kaputt auf und soll seit Jahren saniert werden. Die Frage ist nur: Wer zahlt?
Foto: Eike Lenz | Die Straße zwischen Albertshofen und Kitzingen ist zum Teil völlig kaputt auf und soll seit Jahren saniert werden. Die Frage ist nur: Wer zahlt?
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 09.07.2024 02:37 Uhr

Horst Reuther hätte es sich denken können. Schon der Bau des Radwegs zwischen seiner Gemeinde Albertshofen und der großen Kreisstadt Kitzingen war ja ein Drama in mehreren Akten, das bei seinem Start als Bürgermeister 2008 schon eine Zeit lang spielte und ein bisschen absurdes Theater barg. Das Fernsehen war da und berichtete über einen Weg, der auf Kitzinger Seite im Nichts endete. Letztlich aber war es nur eine Einstimmung auf die weitaus größere Geschichte, die sich parallel dazu entwickelte und in der noch immer kein Ende in Sicht ist, schon gar kein glückliches.

Einig sind sich Vertreter beider Seiten immerhin darin, dass eine rund 3,5 Kilometer lange Passage, die sich Ortsverbindungsstraße nennt, teils in einem schlimmen Zustand ist und dringend saniert werden müsste. Desolat sind vor allem die vorderen und die hinteren 700 Meter. Damit endet aber auch schon die gemeinsame Sicht auf diese verfahrene Sache.

Alle Versuche, einen Ausweg zu finden, sind bislang zuverlässig gescheitert. Es geht ums Geld, mindestens 1,75 Millionen Euro im ersten Schritt und noch einmal 850.000 Euro im zweiten – so viel hat das Bauamt der Stadt Kitzingen für das Projekt angesetzt. Es geht aber auch ums Prinzip – und an diesem Punkt wird die Sache kompliziert.

Wer profitiert von dieser Straße hauptsächlich?

Dem Kitzinger Bauamt war der Fall zuletzt nur eine Randnotiz wert. Er tauchte als Punkt 25/26 von insgesamt 27 Straßensanierungsprojekten bis 2034 auf. Bei der Stadt verweist man auf das Bayerische Straßen- und Wegegesetz. In Artikel 49 heißt es vereinfacht gesagt, eine Kommune habe dann für eine Gemeindeverbindungsstraße zu zahlen, wenn sie hauptsächlich davon profitiert.

Spricht man Horst Reuther darauf an, sagt er: "Albertshofen ist eine Insel." Was so viel heißen soll, wie: Die Gemeinde ist umgeben von fremdem Hoheitsgebiet, das überwiegend mit dieser Straße erschlossen wird – hier Kitzingen, dort Dettelbach – und mittendrin eine Straße, die Albertshofen von Kitzingen kommend links liegen lässt.

Kaputte Straße neben Post-Logistikzentrum: Darüber ärgern sich Autofahrer zwischen Kitzingen und Albertshofen

Tatsächlich franst die Flurkarte im Osten Albertshofens deutlich aus. Zahlreiche Felder und Gärten im Umgriff der Straße, dazu eine Biogasanlage, die regelmäßig angefahren wird – sie alle befinden sich auf Kitzinger Gemarkung. So wundert sich Reuther nicht nur über manche Darstellung aus dem Kitzinger Rathaus, er zweifelt auch Zählungen an, die im Auftrag der Stadt in der Vergangenheit durchgeführt wurden: weil sie nur einen kurzen Zeitraum erfasst hätten, weil Betriebe wie die Biogasanlage mit ihrem dauerhaften Schwerlastverkehr überhaupt nicht berücksichtigt worden seien.

Und weil offensichtlich Verfahrensfehler gemacht wurden. So sei bei einer Zählung herausgekommen, dass 175 Prozent des Verkehrs von Albertshofen stamme. "175 Prozent!", wiederholt Reuther. "Wie soll das gehen?" Den Gemeinderat weiß der Bürgermeister hinter sich. Der habe einstimmig beschlossen, die Zählung nicht anzuerkennen.

Bei der Stadt Kitzingen beruft man sich auf eben jene Zählung von 2017 und auf eine weiter zurückliegende – beide hätten ein klares Ergebnis hervorgebracht: dass "über 80 Prozent der Nutzer der Straße aus Albertshofen kommen bzw. dorthin fahren" und weitere 15 Prozent von und nach Mainsondheim unterwegs sind. Selbst beim Lkw-Verkehr von und zur Biogasanlage handle es sich "vielfach um Albertshöfer Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe" – und was die von Reuther genannten Felder betrifft: "Der weitaus größte Teil dieser Felder ist in Besitz von Albertshöfer Bürgern."

In dem Bereich befinden sich Netto, Kaufland und Deutsche Post

Man sieht, dass in dieser Geschichte einiges nicht passt, und doch ist man mit Logik oder vermeintlichen Fakten in all den Jahren kein Stück weitergekommen. Sicher ist nur: Die Straße wird nicht besser, wenn immer nur Positionen ausgetauscht werden. Eigentlich müsste an dieser Stelle längst nicht mehr nur eine kaputte Straße geflickt, sondern die gesamte Achse neu vermessen werden.

Der Bereich zwischen den Logistiklagern von Post und Netto sowie dem Einkaufszentrum Kaufland gilt als neuralgisches Verkehrsdreieck.
Foto: Eike Lenz | Der Bereich zwischen den Logistiklagern von Post und Netto sowie dem Einkaufszentrum Kaufland gilt als neuralgisches Verkehrsdreieck.

Am Drehkreuz zweier Logistiklager (Deutsche Post und Netto) sowie eines großen Einkaufszentrums (Kaufland) stößt die Trasse in ihrer heutigen Form an funktionale Grenzen. Statt sich im Klein-Klein von Paragrafen zu verlieren, bräuchte es also eine große Lösung. Nur: Wie soll die aussehen im Streit zweier unversöhnlicher Parteien? Laut Stadt ist 2022 die "Vorplanung für einen Kreisverkehr" im Bereich von Kaufland und Netto erstellt worden. Aber: "Angesichts der aktuellen Bebauung und Belastung funktioniert der Kreuzungsverkehr."

Fragt man Reuther, was passieren müsste, damit die Sache Fahrt aufnimmt, sagt er: "Die Stadt Kitzingen müsste ihre Aufgabe wahrnehmen." Die Realität ist, dass man seit Jahren nicht mehr miteinander redet oder verhandelt. Bei der Stadt heißt es, man warte seit 2020 auf eine Reaktion aus Albertshofen und Dettelbach – bisher vergebens. So wird die von Spurrinnen und sonstigen Verwerfungen zermürbte Straße weiter auf eine Belastungsprobe gestellt, der sie schon jetzt nicht mehr gewachsen ist. Bleibt nur der Gang vors Gericht? Die Stadt äußert sich dazu nicht. Für Reuther wäre es "teuer erkaufte Gerechtigkeit".

 
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  • Edgar König
    So wie Kitzingen hier agiert, ist schlicht und einfach unanständig und antisozial.
    Unsere Demokratie funktioniert nicht, wenn sich große Kommunen fadenscheinig hinter Gesetzen einen schlanken Fuß machen, die grundlegenden Aufgaben der Straßeninstandhaltung um Jahrzehnte verschieben.
    Mal sehen, ob der Wählertend im Osten demnächst auch auf Kitzingen überschwappt, weil da offenbar sehr viel im Argen liegt.
    gez. R. König
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