
Alles neu macht der Mai könnte das Motto für den neuen Volkacher Stadtrat lauten: Heiko Bäuerlein als neuer Bürgermeister steht nun dem 20-köpfigen Gremium mit neun neuen Mitgliedern vor. Neu dabei sind auch die Grünen mit drei Vertretern, davon zwei Frauen. Bäuerlein brachte es also gut auf den Punkt, als er bei seiner Rede den Stadtrat als "jünger, weiblicher, bunter" vorstellte. Das tat er vor großem Publikum in der Mainschleifenhalle. An die 100 Besucher verfolgten dort die konstituierende Sitzung im wegen der Corona-Pandemie gebotenen Abstand.

25 Tagesordnungspunkte galt es abzuarbeiten. "Top 1: Begrüßung durch den neuen Bürgermeister. Bin ich", schien sich Bäuerlein lieber noch einmal versichern zu wollen. 18 Jahre lang hatte er die Sitzungen von der anderen Seite als Stadtratsmitglied verfolgt, nun der Rollentausch mit seinem Vorgänger Peter Kornell (FWG). Bäuerlein bat um Nachsicht, sollte er Hilfe brauchen zu Beginn, betonte aber in Anlehnung an eine berühmte Rede des britischen Premiers Winston Churchill: "Ich übernehme meine Aufgabe mit Schwungkraft und Hoffnung."
Gerlinde Martin setzt sich durch
Schwungvoll arbeitete sich der neue Chef alsdann durch die lange Liste an Vereidigungen und Entscheidungen, wer mit welchem Stellvertreter in den Gremien wie Bauausschuss, Schulverbandsversammlung oder Verwaltungsrat der Stadtwerke sitzt. Bei der Höhe der Aufwandsentschädigungen folgte der Stadtrat geschlossen einem Antrag der Freien Wähler-Gemeinschaft, die sich angesichts der Krise gegen eine Erhöhung der Beträge ausgesprochen hatten. Auch beim 2. Bürgermeister war man sich noch einig: Udo Gebert, der bei der Bürgermeisterwahl nur knapp unterlegen war, machte das Rennen. Spannender wurde es dann bei Bäuerleins weiterem Stellvertreter: Gerlinde Martin (CSU) setzte sich mit zwölf Stimmen gegen Andrea Rauch (Grüne, 7) und Mathias Krönert (FDP, 2) durch.

Auch bei der Verteilung der Referenten-Posten wurde durchaus deutlich, dass hinter den Kulissen vorab reichlich diskutiert worden war. Der Vorschlag von Simon Rinke (CSU), einen neuen Umweltreferenten einzuführen, scheiterte. Sowohl Grüne als auch Freie Wähler betonten, dass der Klima-Aspekt jeden Stadtrat und jede Entscheidung betreffe. Rauch nannte einen Umweltbeirat, der Verbände wie den Bund Naturschutz einbeziehe, sinnvoller. Sie wurde später einstimmig zur Referentin für Soziales und Fair Trade gewählt. Ebenso herrschte Einstimmigkeit bei Cengiz Zarbo (FWG) als Referent für Kindertagesstätten, Simon Rinke als Jugendreferent und Moritz Hornung als Feuerwehr-Referent.
Stephan Dinkel ist neuer Sport-Referent
Im Bereich Sport behauptete sich der Neu-Stadtrat Stephan Dinkel (CSU) mit 17 Stimmen deutlich gegen Gerhard Schulzki von der SPD (4). Und um den Bereich Landwirtschaft, Weinbau, Forst kümmert sich Peter Kornell (13 Stimmen). Die Grünen hatten Marlies Dumbsky (8) vorgeschlagen. Für die Belange ihres jeweiligen Wohnorts wollen sich künftig Jochen Flammersberger (Bürgerliste, Astheim), Uwe Koßner (CSU, Fahr), Gerlinde Martin (Obervolkach) und Herbert Römmelt (FWG, Escherndorf) einsetzen. Alle weiteren Ortsteile werden so bald wie möglich einen Sprecher wählen.
Nach Ende dieser konstituierenden Stadtratssitzung wurde es kurz emotional: Ex-Stadtrat Karl-Heinz Bernard ergriff das Mikrofon. Der offizielle Abschied der neun ausgeschiedenen Mitglieder wird verspätet erfolgen. 30 Jahre lang hatte er dem Gremium angehört, zwei Bürgermeister erlebt. Dass Bernards Engagement und Fachwissen als Landwirtschaftsreferent vermisst werden wird, wurde in den vergangenen Sitzungen mehrfach deutlich. Am 19. November 1989 sei er gefragt worden, ob er kandidieren wolle – zehn Tage nach dem Mauerfall. "Damals Mauerfall, heute Corona", sagte er ob dieser denkwürdigen Situation in der Mainschleifenhalle. Und bevor ihn langer Applaus zu seinem Platz begleitete, betonte er mit einem Lächeln: "Es gibt ein Leben nach dem Stadtrat."