Eine Glasfaser ist dünner als ein menschliches Haar, und doch genügt theoretisch eine einzige dieser Sehnen, um ganz Iphofen mit leistungsstarkem, schnellem Internet zu versorgen. So hat es der Würzburger Breitband-Experte Joachim Först jetzt im Iphöfer Stadtrat dargestellt. Warum Iphofen dann nicht längst flächendeckend von der Technologie profitiert? Weil eben alles eine Frage der Zeit ist und sich Probleme in diesem Bereich nicht in Millisekunden beheben lassen. Das ist eher eine Sache von Monaten, wenn nicht von Jahren. Immerhin: Die Stadt hat jetzt eine Perspektive.
Die Karte, die Först an diesem Abend auf dem Flachbildfernseher im Rathaussaal präsentiert, zeigt über die Stadt und die Stadtteile verteilt viele grüne und gelbe Punkte. Es sind Standorte mit Bandbreiten mittlerer Geschwindigkeit, von 30 bis 200 Mbit/Sekunde. Einige wenige Gebiete im Osten und Süden Iphofens sowie in Possenheim und Dornheim schimmern rot, ihnen stehen also weniger als 30 Mbit/Sekunde zur Verfügung. Vollständig blau leuchtet der kleinste der sieben Stadtteile: Birklingen mit seinen 26 Haushalten surft seit Ende 2018 dank dem Glasfasernetz der Telekom auf einer Welle von bis zu 1000 Mbit/Sekunde, war bis dahin aber fast gänzlich vom schnellen Internet abgehängt.
Die Karte mit den bunten Punkten ist Teil der sogenannten Markterkundung. Die Stadt erhofft sich davon Antworten auf die Frage: Wer baut wie und wann das Glasfasernetz aus? In Deutschland gibt es dafür zwei Verfahren. Beim einen nimmt der Netzbetreiber den Ausbau selbst in die Hand. Das tut er jedoch nur dort, wo es sich für ihn lohnt, also zuerst in Städten mit reichlich Kundschaft und Anschlusspotenzial. Dort ist dann auch die Konkurrenz unter den Anbietern groß, und es braucht keine Starthilfen von Staat oder Kommune. Inzwischen sehen aber einige Unternehmen auch in ländlichen Regionen lukrative Geschäftsmodelle, wie Beispiele aus Kitzingen und Dettelbach zeigen. Alternativ fördert der Staat den Ausbau mit bis zu 90 Prozent; den Rest muss die beteiligte Kommune tragen.
Die Bundesregierung will den Ausbau mit Glasfaser forcieren
Bis 2025 soll auf diese Weise die Hälfte der deutschen Haushalte einen Glasfaseranschluss haben, so kündigt es der zuständige Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) an. Ein ambitioniertes Projekt, denn zu Jahresbeginn hing laut Bundesnetzagentur gerade einmal ein Fünftel der Haushalte am Glasfasernetz. Die Industrienation Deutschland gilt damit als Entwicklungsland in Europa, liegt deutlich hinter Staaten wie Litauen, Lettland oder Slowenien.
Noch ist nicht klar, für welches Modell Iphofen sich entscheiden wird. Först sprach von zwei Anbietern, die derzeit im Rennen seien, machte aus den Namen aber ein großes Geheimnis. "Im Herbst" soll es dazu nähere Erkenntnisse geben. Schon jetzt ist klar, dass Kommunen wie Iphofen in diesem Spiel meistens die schlechteren Karten haben. Sie müssen nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) dulden, dass jeder Netzbetreiber die öffentlichen Wege und Straßen nutzt, um seine Leitungen zu verlegen, auch wenn Trassen dafür drei- oder viermal aufgerissen werden.
"Sie dürfen niemanden ablehnen", sagte Först. Andererseits können sie niemanden zur Breitbandversorgung zwingen und müssen um Vertragsdetails und Zusagen oft hart ringen. Först stellt sich auch diesmal auf ein "langwieriges Projekt" ein und stellte fest: "Es gibt viele Versprechungen im Markt. Vieles wird aber nicht eingehalten." Ein wiederkehrender Streitpunkt: die sachgerechte Herstellung von Straßen. Sie müssen in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. "In der Praxis passiert das nicht so oft", sagte Först. Auch Bürgermeister Dieter Lenzer warnte: "Nicht alle Firmen sind serös."
Dennoch machte sich der Bürgermeister dafür stark, das Verfahren von Först und dessen Büro weiter vorantreiben zu lassen. Es gebe derzeit "sehr viel Geld von Bund und Land" – in der Regel dort, wo die Wirtschaft den Ausbau nicht anpackt. Oft besteht die Förderung aus einer Mischung von Bundes- und Landesmitteln. Die Große Koalition spendierte 2018 für vier Jahre zwölf Milliarden Euro an Sondervermögen für die Glasfaserinfrastruktur, die bis Ende des Jahres vergeben sein dürften, durchschnittlich also drei Milliarden Euro jährlich.
Der Bund könnte die Förderung von Glasfaser-Projekten bald kürzen
Mitte März kündigte Digitalminister Wissing an, die Förderung umbauen zu wollen. Damit dürfte künftig weniger Geld vom Bund kommen. Denn Wissing plant, die Fördersumme bei einer Milliarde Euro jährlich zu deckeln. Das ist noch nicht alles. Dem Minister schwebt auch eine Priorisierung förderfähiger Regionen vor. Der Staat könnte dann nur in bestimmten Gegenden eingreifen, in anderen hätte die Wirtschaft beim Ausbau Vorfahrt. Deren Tempo allerdings kennt man in den Gemeinden bereits. Auch Iphofen musste seinerzeit lange um den Ausbau des schnellen Internets kämpfen.
Im Stadtrat gab es Appelle, bei einem künftigen Ausbau die Stadtteile und Außenbereiche nicht zu vergessen. Das könne die Stadt zur Not mit dem geförderten Verfahren erledigen, hieß es von Först. "Ziel sollte es sein, möglichst alle Haushalte an das Glasfasernetz anzuschließen", betonte Iphofens Bürgermeister. Glaubt man dem Experten Först, so können sich die mit Glasfaser versorgten Städte entspannt zurücklehnen. Denn während das bestehende Kupfernetz der Telekom in Iphofen an Grenzen stößt und "in den nächsten zehn bis 20 Jahren abgeschaltet" werde, gebe es bei Glasfaser keine Bandbreiten-Begrenzung, so Först. "Da kommt die nächsten Jahrzehnte nichts Besseres mehr."