Manchmal hat der Bau einer Autobahn etwas mit Klötzchen zu tun. 76 Kilometer liegen zwischen den Drehkreuzen Biebelried und Fürth/Erlangen, und auf jedem Meter kann etwas schiefgehen, überall lauern Gefahren und Risiken. "Man muss sich das wie beim Domino vorstellen", sagt Thomas Schwenzer. "Wenn in Kitzingen an einer Stelle ein Stein umfällt, kann sich das bis nach Erlangen auswirken."
Schwenzer ist geübt in diesem Spiel. Als Geschäftsführer der A3 Nordbayern GmbH & Co. KG koordiniert er den Autobahnbau in der Region. Seine Auftraggeberin ist die Autobahn GmbH des Bundes, und von ihr gibt es eine klare Ansage: Bis Ende 2025 muss alles fertig sein, egal wo und wie viele Dominosteinchen auch umfallen, sonst drohen empfindliche Vertragsstrafen. Es ist ein aufregendes Spiel.
Könnten Schwenzer und seine Leute auf den 76 Kilometern ungestört arbeiten, wäre das alles kein Problem. Doch eine Autobahn verläuft eben nicht im luftleeren Raum, sie hängt an Dutzenden anderen Adern, großen und kleinen, sie über- und unterquert Bundes- und Landesstraßen, ist an Kreis- und Staatsstraßen angebunden. Auf sämtliche Zweige und Verästelungen gilt es Rücksicht zu nehmen, keiner darf austrocknen oder gekappt werden. Schwenzer sagt: "Wir versuchen das so konzipieren, dass immer noch irgendwo ein Schlupfloch bleibt." Er weiß, dass sein Job bisweilen einem akrobatischen Akt gleicht. "Wir haben viele Bälle, die wir jonglieren und in der Luft halten müssen, ohne dass einer runterfällt."
Es ist ein großer Wanderzirkus, der im Mai 2020 seine Zelte entlang der A3 aufgeschlagen hat und sich seither wie auf einem großen Schachbrett in acht Abschnitten über die einzelnen Felder schiebt. Vieles ist schon geschafft, im Januar 2024 soll nun auch der Verkehr zwischen den Anschlussstellen Wiesentheid und Geiselwind jeweils dreispurig Richtung Frankfurt und Nürnberg rollen. Dort gab es Probleme mit den Lärmschutzwänden, sonst wäre längst alles erledigt. Kürzlich haben die Bauabschnitte 2 und 4 begonnen – sie umfassen den Bereich von der Anschlussstelle Kitzingen/Schwarzach bis kurz vor Wiesentheid sowie das Teilstück zwischen den Auffahrten Geiselwind und Schlüsselfeld.
Die B286 bei Wiesentheid ist immer wieder mal gesperrt
Betroffen davon sind im Landkreis Kitzingen mehrere Strecken diesseits und jenseits der A3: die Staatsstraße 2272 zwischen Kleinlangheim und Feuerbach, die von Mittwoch (29. November) bis Dienstag (5. Dezember) wegen Brückenbauarbeiten voll gesperrt sein wird, die B286 an der Anschlussstelle Wiesentheid, die seit Juli immer wieder mal dicht ist, und die Staatsstraße von Kitzingen nach Hörblach, wo es Anfang 2024 an den Neubau der Brücke unterhalb der Autobahn geht. Die Sperrungen dort sollen jedoch immer nur Tage, nicht Wochen, dauern, wie Schwenzer verspricht.
Dass es rund um die Anschlussstelle Wiesentheid immer wieder zu Sperrungen kommt, hat laut Schwenzer nichts mit Verzögerungen oder Fehlplanungen zu tun, sondern liegt einfach in der Natur der Sache. Auch dort wird die Bundesstraße von einer Brücke überspannt, dem Bauwerk 320b, und wie überall entlang der A3 muss diese Brücke an die neue Breite der Autobahn angepasst werden. Das geschieht im laufenden Betrieb. Zunächst wird eine Hälfte des Bauwerks abgebrochen und neu gebaut, dann wechselt man die Seiten und es geht an die andere Hälfte, eine aufwendige Geschichte.
Beim Bauwerk 320b kam eine Besonderheit hinzu: Die Strecke gilt als sogenannte Bedarfsumleitung der Autobahn und muss daher spezielle Anforderungen erfüllen. So müssen unter der Brücke auch große Transporter durchpassen. Doch in diesem Fall gab es ein Problem: Für die Betonschalung des Neubaus musste ein Traggerüst erstellt werden, das die lichte Höhe des Bauwerks drückte – was tun?
An der A3-Auffahrt werden die Abwässer der Autobahn gesammelt
Schwenzer und seine Leute griffen zu einem Trick: Die Brücke heben ging nicht, also gruben sie sich in die Tiefe und legten so die Straße tiefer. Als die Brücke fertig war und das Gerüst wegkam, glichen sie das Niveau der Fahrbahn wieder an. Ein guter und günstiger Kompromiss, aber das alles kostete Zeit. Auch ein großes Regenrückhaltebecken wurde an der Auffahrt errichtet, eine Folge der immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse. Die Abwässer der Autobahn werden dort gesammelt und können kontrolliert versickern.
Inzwischen ist das Projekt in der "finalen Phase" – was noch fehlt, ist die Deckschicht auf der Bundesstraße. Diese sollte in dieser Woche aufgebracht werden, der Asphalt war bereits bestellt. Dann brach der Winter über den Landkreis herein, und die Straßenbauer mussten wieder abbestellt werden. Ob das Wetter in diesem Jahr noch einmal mitspielt, ist ungewiss – wenn nicht, soll die Strecke freigegeben werden und erst im neuen Jahr mit der Feinschicht überzogen werden. Vier bis fünf Tage sind laut Schwenzer für diese Schlussarbeiten nötig. Dann wäre die Geschichte auf der B286 beendet.
Die A3-Baustelle bei Hörblach wirkt auch auf die Staatsstraße
Was die Baustelle bei Hörblach angeht, so wird der Ablauf gerade überarbeitet und mit den "zuständigen Verkehrsbehörden" abgestimmt, wie Schwenzer mitteilt. Wie an der Anschlussstelle Wiesentheid, finden der Neubau der Brücke und der Umbau der Anschlussstelle "in einer Vielzahl von Schritten" statt. Die Staatsstraße soll dabei – wie alle vom A3-Ausbau betroffenen "größeren Strecken" – weitestgehend offengehalten und laut Schwenzer nur dann gesperrt werden, "wenn wir akut am Arbeiten sind". Bei der Brücke über die A3 zwischen Hörblach und Großlangheim, die vor einem Jahr weggerissen wurde, bleibt es beim bisherigen Zeitplan. Dort soll der Verkehr im Mai 2024 wieder fließen.