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Geiselwind
Millionenschaden: Die Lärmschutz-Posse von der A3 bei Geiselwind
Seit Jahren kämpft Geiselwind gegen den Lärm der Autobahn. Als der Kampf endlich gewonnen schien, ging alles von vorne los. Eine Bestandsaufnahme - zum Kopfschütteln
Der Lärmschutzdamm an der A 3 bei Geiselwind – hier in Fahrtrichtung Frankfurt – wird gerade erneuert.
Foto: Thomas Obermeier | Der Lärmschutzdamm an der A 3 bei Geiselwind – hier in Fahrtrichtung Frankfurt – wird gerade erneuert.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:57 Uhr

Da stand er also. Auf seinem Damm. Hart erkämpft. Erlitten. Ersehnt. Wenn Geiselwinds Bürgermeister Ernst Nickel in diesem Moment die Arme ausgebreitet hätte - naja, der Gedanke an die berühmte Szene am Schiffsbug im "Titanic"-Film wäre nicht weit gewesen. Der Lärmschutzwall war fertig. Bald würde darauf noch eine Lärmschutzwand kommen. Das Ziel der Geiselwinder Träume, den Lärm der Autobahn endlich vom Ort wegzuhalten, war fast erreicht. Dachte der Bürgermeister. Dachten die Anwohner.

Dass es ein böses Erwachen geben könnte – davon ahnte beim Damm-Erklimmen im Oktober 2018 keiner ansatzweise etwas. 

Der Kampf um diesen Damm, um den Lärmschutz, hatte im Grunde schon im vergangenen Jahrhundert begonnen. Spätestens 2005 reichte es dann, das Autobahndorf wurde zunehmend ungeduldiger und letztlich auch bockig. Vehement wurde der vorzeitige Ausbau der A 3 samt Lärmschutz gefordert. Der Verkehr auf einer der wichtigsten deutschen Hauptverkehrsachsen rollte teilweise weniger als 50 Meter an den Häusern vorbei. An der engsten Stelle lagen 33,5 Meter zwischen rauschendem Verkehr und Wohnung.

Das öffentlichkeitswirksame Aufbegehren der Gemeinde hatte schließlich auch die Gründung einer Interessengemeinschaft zur Folge. Am Ende siegten elf Jahre Zähigkeit und Rebellion: Für den Geiselwinder Abschnitt gab es 2009 Baurecht, Anfang 2016 begann der vorzeitige Bau für die knapp fünf Kilometer rund um die Anschlussstelle. Kosten: gut 57 Millionen Euro.

Die neue Lärmschutzwand an der A 3 in Geiselwind im Oktober 2018: 'Die Steilwallkonstruktionen wurden insgesamt nicht vertragsgerecht hergestellt.'
Foto: Frank Weichhan | Die neue Lärmschutzwand an der A 3 in Geiselwind im Oktober 2018: "Die Steilwallkonstruktionen wurden insgesamt nicht vertragsgerecht hergestellt."

Das Projekt war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. An der Baustelle lag auf der einen Seite mit dem  Autohof Strohofer eine der meistfrequentierten Rastanlagen in Europa. Auf der anderen Seite lag das Freizeitland, in dem sich pro Saison bis dahin bis zu einer halben Million Menschen vergnügten.

Privates Konsortium am Start

Zudem bildete die Baustelle den Auftakt zu der Mammutaufgabe, die A 3 auf den knapp 80 Kilometern zwischen Biebelried und dem Kreuz Fürth/Erlangen sechsstreifig auszubauen. Während die Erweiterung auf durchgehend sechs Fahrbahnen auf 94 Kilometern zwischen Biebelried und Frankfurt langsam zu Ende ging, stand man zwischen Biebelried und Nürnberg erst am Anfang. Nicht mehr die Autobahndirektion Nordbayern ist hier Bauherr, sondern ein privates Konsortium. 

Deshalb pochte Geiselwind so auf den Lärmschutz: Die A 3 führt unmittelbar an dem Ort vorbei.
Foto: Thomas Obermeier | Deshalb pochte Geiselwind so auf den Lärmschutz: Die A 3 führt unmittelbar an dem Ort vorbei.

Der Geiselwinder Vorab-Ausbau samt Lärmschutz wurde aber noch vorher erledigt, also unter Federführung der Autobahndirektion. Während der Ausbau auf sechs Streifen auf fünf Kilometern rund um die Auffahrt Geiselwind problemlos voranging, machte der Wall schon während des Baus Probleme. Das ersehnte Lärmschutzprojekt, für das im Jahr 2015 rund vier Millionen Euro veranschlagt worden waren, ging gründlich schief.

Mängel nicht beseitigt trotz Aufforderung

"Die Steilwallkonstruktionen wurden insgesamt nicht vertragsgerecht hergestellt", teilt die Autobahndirektion Nordbayern in Nürnberg mit. Die Pressestelle schildert den Fall so: Trotz mehrfacher Aufforderung waren die Mängel nicht beseitigt worden. Deshalb habe man den Bauvertrag im September 2018 – noch vor einer Abnahme – gekündigt.

Und die Kosten? Dazu heißt es, man habe "aufgrund der festgestellten Mängel einen Einbehalt vorgenommen". In welcher Höhe, das will die Direktion mit Verweis auf den laufenden Rechtsstreit nicht sagen: "Aufgrund der Auseinandersetzung mit der seinerzeit ausführenden Baufirma kann leider der von der Firma angebotene Betrag zur Zeit nicht veröffentlicht werden." Man suche "eine außergerichtliche Lösung mit der Baufirma". Klar ist jetzt aber: Es geht um einen Millionenschaden.

Für den untauglichen Damm ging es Ende 2018 erst einmal nicht weiter. Abriss und Neubau wurden kurzerhand mit in das große Ausschreibungspaket für das neue Konsortium genommen. Welche Kosten für das Nach- und Ausbessern anfallen, muss noch geklärt werden: "An der Ermittlung eines exakten Schadenersatzbetrages wird derzeit gearbeitet, dieser steht aber noch nicht abschließend fest", heißt es dazu.

Mit dem Ausbau losgelegt

Inzwischen gibt es das neue Konsortium, es hat mit dem Ausbau losgelegt – samt Erneuerung des Lärmschutzdamms. Der Gesamtauftrag für den sechsstreifigen Ausbau der A3 von Biebelried bis zum Kreuz Fürth/Erlangen sowie den Betrieb der Strecke auf 30 Jahre umfasst 2,8 Milliarden Euro. 

Auch an den imposanten Steilwällen wird gearbeitet. Die Verkleidung mit schallschluckendem Lavagestein, die sich beiderseits der Autobahn über 4,2 Kilometer hinzieht, ist teilweise abgetragen. Sind die steinverkleideten Wälle endlich ausgebessert, startet die zweite Ausbaustufe: Auf die Wälle kommen zusätzlich Lärmschutzwände.

Wann es so weit sein wird, da mag sich im Moment keiner der Beteiligten so recht festlegen. Aber eines ist sicher: Am ersehnten Tag X wird Geiselwinds Bürgermeister Ernst Nickel ganz sicher auf dem Damm sein.

Ausbau der A 3 von Biebelried nach Fürth

Bauherr dieses Abschnitts ist nicht mehr die Autobahndirektion Nordbayern, sondern ein privates Konsortium. Die Idee dahinter: Der Staat geht mit Privatinvestoren eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) ein. Die Autobahn wird bei diesem Modell nicht privatisiert und bleibt in öffentlicher Hand. Ein privates Konsortium, hinter dem im Regelfall größere Baufirmen stecken, baut auf zunächst eigene Rechnung und ist anschließend auch 30 Jahre für Erhaltungs- und Betriebsmaßnahmen zuständig. In dieser Zeit zahlt der Staat dem Konsortium dafür eine  monatliche Vergütung.
Die Reduzierung des Lärms rund um die Anschlussstelle Geiselwind wird durch eine Kombination erreicht: Lärmschutzwände und Wälle sowie ein durchgehender lärmmindernder Fahrbahnbelag. Der Schalldruckpegel wird so laut Autobahndirektion bei Geiselwind um acht bis elf dB (A) gemindert. Eine Lärmreduzierung von zehn dB (A) entspricht einer Reduktion der Lärmquelle um 90 Prozent. Im Falle Geiselwind entspricht die künftige Lärmbelastung also einer Straße mit 6500 Kraftfahrzeugen am Tag gegenüber bisher 65 000 Kfz/Tag. 
fw
 
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  • robert.erhard@gmx.de
    Wo war die Bauaufsicht? Bei einem solchen Projekt der Autobahndirektion, den schwarzen Peter der Baufirma zuzuschieben ist doch unseriös, billig und weit hergeholt!
    1. die Autobahndirektion hat geplant
    2. die Autobahndirektion hat die Grundlagen ermittelt
    3. die Autobahndirektion hat die Bauaufsicht!
    ... und bei einem solchen Projekt sind da sicherlich mehrere Personen in der Aufsicht täglich an der Baustelle!
    Wie also kann es sein, dass man dann das Ganze soweit hat kommen lassen?
    Das Controlling hat versagt!
    Seitens der Autobahndirektion muß die Verantwortung übernommen werden.
    Keine Baufirma baut was sie will! Dafür gibt es Pläne und Vorgaben. Und die Firma ist ja wohl aus Franken, hat Jahrzehnte Erfahrung und arbeitet mit einheimischen Arbeitern.
    Im Gegenzug zu dem Konsortium, welches den Auftrag nur bekommen hat, weil sie die ganze Verantwortung haben (da hat sich die Autobahndirektion aus der Verantwortung gestohlen) und der Kopf aus dem Ausland kommt!
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  • jutta.noether@web.de
    Kein Wunder, dass sich selbst die Wölfe das Elend angucken kommen... 😜
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  • georg-ries@web.de
    Man hätte eben gleich die Immisionsschutzexperten von der MP und der Kommunalpolitk einschalten müssen! grinsen
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  • hessdoerferth
    Was für ein Irrsinn!
    Als wenn solche künstlichen Mauern etwas bringen würden..
    Ein Erdwall würde wesentlich besser den Schall schlucken, wäre umweltverträglicher und hätte kein so hässliches Ansehen. Den entstehenden Echo-Effekt der Wände werden die Anwohner schon noch zu hören bekommen. Will man damit eigentlich den Verkehr oder die Anwohner einsperren?!
    Da lob ich mir trotz allem doch die Bahn: Inzwischen sind fast keine Lärm-Züge mehr unterwegs. Die Flüster-Züge - bei Personen und erst recht bei Güterzügen - sind da fast schon unheimlich leise.
    Aber in WÜ werden trotzdem auch dort Lärmschutzwände mehr schlecht als recht hingezimmert.
    Wie viel besser wären diese enormen Gelder in die Forcierung der Flüster-Bahn zu investieren gewesen...!
    Scheuer lässt grüßen...
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  • rasputin32
    Wenn man am Stein spazieren geht, hört man bei Güterzüge von Flüstern wenig.
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  • jutta.noether@web.de
    Stimmt. Man hört den Krach bis rüber in die Zellerau, besonders nachts, wenn alles andere ruhig ist.
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  • al-holler@t-online.de
    WAs erzählen Sie denn da für fakes:
    Bereits 1999 hat die damalige Bundesregierung das freiwillige Programm „Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes“ ins Leben gerufen und m.W. auch die Gelder geblockt und die entspr. Verträge geschlossen. Ihr populistischer Schlenker Ri. Herrn Scheuer ist somit blanker Unsinn; alles hat der auch nicht "verbrochen"...
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  • e.max.s@t-online.de
    Dobrinth?
    Ramsauer?
    ...
    Alles CSU'ler!
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  • al-holler@t-online.de
    1999 ???😉
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