
Sie ist kaum 200 Meter lang, aber in der Einbahnstraße vor dem ehemaligen Kaufhaus Storg am Kitzinger Stadtgraben kehrt auch zehn Monate nach ihrer Wiedereröffnung keine Ruhe ein. Bedrückend eng fühlt man sich als Autofahrer, auf der schiefen Bahn und irgendwie nicht gesehen als Fußgänger. Und immer mehr verdichtet sich die Gemengelage zu Fragen wie: Wie konnte die Straße in dieser Form überhaupt realisiert werden? Wieso wurden offensichtliche Probleme nicht als solche erkannt, Bedenken beiseitegeschoben und offenbar sogar Auflagen ignoriert? Fragen, die direkt zu Stadtverwaltung und Polizei führen.
Beide hat die Redaktion in den vergangenen Monaten mehrfach kontaktiert und mit der Situation konfrontiert. Immer hieß es: alles in Ordnung. Die Stadt schreibt auf eine aktuelle Anfrage hin: "Die Abstände und Maße waren mit der PI Kitzingen besprochen und entsprachen der Norm." Doch wer sich selbst ein Bild der Lage macht, muss an dieser Version starke Zweifel bekommen. Die Redaktion ist tief in Verordnungen und Verwaltungsvorschriften abgetaucht – und dabei auf Ungereimtheiten gestoßen.
Das Bundesverkehrsministerium hat 2001 die "Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen", kurz R-FGÜ, in Kraft gesetzt. Darin enthalten: genau vorgegebene Abstände, was die Sichtachsen im Bereich der Überwege angeht. So müssen Fußgänger im Wartebereich eines Zebrastreifens bei Tempo 30 auf 30 Meter erkennbar sein, bei Tempo 50 sogar auf 50 Meter. Das ist im Fall des Überwegs vor dem Kaufhaus Storg schwierig bis unmöglich.
Schulkinder sind aus größerer Distanz nicht zu erkennen
Wer aus Richtung der B8 kommt, kann linksseitig keinesfalls auf 50 Meter Entfernung Fußgänger erkennen, die dort am Straßenrand warten, schon gar keine Kinder, die hier morgens zur Schule und nachmittags nach Hause laufen. Der Grund: die auf dieser Seite angelegten Parkplätze. Stehen dort Fahrzeuge, nehmen sie Autofahrern die nötige Sicht, besonders wenn es sich um größere Wagen, etwa von Handwerkern, handelt. Da es sich kraft Gesetz um Mindestsichtweiten handelt, müssen diese Achsen in jedem Fall frei von Hindernissen sein.

Seitens der Stadt heißt es: "In der Praxis zeigte sich, dass bei einer nicht ordnungsgemäßen Nutzung der Parkflächen – oder wenn Transporter bzw. andere längere Fahrzeuge die Parkflächen belegen – die Verhältnisse sehr beengt sein können." Und auch hier taucht die Frage auf: War mit einer solchen "Praxis" nicht zu rechnen?
Unerklärlich bleibt, wie die Polizei die Kreuzung so hat abnehmen können. Noch vor wenigen Wochen hieß es auf Anfrage, es handle sich hier um eine "normale Innerorts-Situation". Von Problemen oder Beschwerden sei der Inspektion nichts bekannt. Die Parkplätze seien auf den vorgelegten Plänen so eingezeichnet gewesen. Gefahren oder Probleme sah man offenbar nicht.
Zur eingeschränkten Sicht kommt die Enge durch die auf beiden Seiten angebrachten Parkplätze. Ein Mann, der in dem Bereich einen Laden führt, berichtet von kritischen Situationen und Engpässen. Immer wieder müssten Busse warten, weil sie nicht durchkämen. Autos ragten mit ihren Hecks in die Fahrbahn. Ein Handwerker berichtet, dass er seinen Kleinbus vorsorglich ums Eck geparkt habe, weil er den Parkplätzen hier nicht traue. Die Aussagen decken sich mit Beobachtungen, die man hier oben Tag für Tag machen kann.

Mit den zusätzlichen Stellplätzen sei man einem "Wunsch der Geschäftsleute" nachgekommen, heißt es bei der Stadt. Aus vormals drei wurden elf Parkplätze. Einer ist inzwischen wieder weg: Weil er näher als fünf Meter am Zebrastreifen war und damit gegen die Straßenverkehrsordnung verstieß, hat die Stadt ein Halteverbot erlassen – und die Markierung Mitte September wieder überpinseln lassen. Dort sollen jetzt die Fahrradständer entstehen, die vor einem Jahr dem Umbau des Bereichs zum Opfer gefallen sind.
Die Stadt lässt den Bereich um den Zebrastreifen umbauen
Auf die verkehrlichen Missstände reagiert die Stadt nun. Nachdem sie bis vor Kurzem keinen akuten Handlungsbedarf erkannt hat, soll der Bereich bis Jahresende umgebaut und entschärft werden. Die Parkplätze auf Seiten des ehemaligen Kaufhauses Storg werden "ein Stück weit in Richtung Gebäude gerückt". Und der Wartebereich des Zebrastreifens wird in Richtung der Fahrbahn erweitert, um die Sichtbarkeit der Fußgänger zu verbessern.

Der Gehsteig selbst soll grundlegend erst später saniert werden, und zwar im Rahmen der großen Maßnahme Kaiserstraße/Königsplatz. "Frühestens in fünf Jahren" wird das der Fall sein. Jemand, der sich auskennt mit Barrierefreiheit, hat den Bereich umfangreich vermessen und festgestellt, dass sich Menschen mit Rollator oder Rollstuhl dort über eine "nicht verkehrssichere, geneigte Gehwegfläche" bewegen müssen.
Die Stadt schreibt dazu auf Anfrage: "Bei Begehungen mit dem VdK und dem Senioren- und Behindertenbeirat wurde diese Neigung bislang nicht kritisiert." Mit dem Eigentümer des Gebäudes, dem Immobilienentwickler Wolfgang Rosentritt, sei man dennoch "seit Längerem in intensiven Gesprächen", um die Situation zu verbessern. Den schlechtesten Bereich will man in den nächsten Wochen angehen und begradigen.
Wenn man sich so verhält ist auch diese Kreuzung kein Problem.
Als Fußgänger (und insbesondere als solcher mit Behinderungen) weiß man sowieso, dass man als Verkehrsteilnehmer unterster Kategorie gilt (und alle anderen einen ungestraft gefährden können wie sie wollen); von daher sind solche Zustände (leider) schon fast normal.
Stadtplanung/ Verkehrspolitik nach Kassenlage - und wenn irgendwas passiert, sind selbstverständlich die (blöden) anderen schuld, die nicht genug aufgepasst haben.
Und dann völliges Unverständnis aufbringen für einen gewissen Unmut, der sich da bei den Betroffenen einstellt...
wenn die Kassenlage das hergeben würde. Aber jedenfalls hat man es in KT ja schon mal geschafft, die Eisenbahn von Großlangheim bis Etwashausen verschwinden zu lassen, um endlich die Nordtangente weiterführen zu können...