Wer im Sommer von der Vogelsburg in Richtung Nordheim blickte, konnte lange Jahre das bunte Fleckchen kaum übersehen: Ein Sandstrand am Main, voller farbenfroher Punkte, die sich beim genaueren Hinsehen als Schirme oder Boote entpuppten. Ein etwas verstecktes Fleckchen zum Baden und Sonnen. Genau deshalb ein perfekter Platz gerade für viele Einheimische. Die kleine Sandbank am Altmainufer war wie gemacht zum Seelebaumelnlassen. Dann kam der Herbst 2020 und mit ihm schweres Gerät der Bundeswehr. Die Sandbank wurde weggebaggert. Vermeintlich, um so wieder eine Zufahrt vom Altmain zum Wasserübungsplatz der Bundeswehr zu haben.
Die Enttäuschung darüber ist bis heute längst nicht überall verwunden. Zuletzt kam zum "Einjährigen" der Wegbagger-Aktion eine Mail an die Redaktion, in der dem doch eher seltenen Main-Traum-Strand hinterhergetrauert wird: "Schon damals empfand ich als Anwohner der Mainschleife das Wegbaggern des beliebten Sandstrandes als sehr ärgerlich." Und auch wenn der Schreiber betont, dass er sich über die Notwendigkeit der Aktion "weder damals noch jetzt ein Urteil bilden" wolle, bleibt doch eine Frage: Hat die Bundeswehr überhaupt jemals wieder am Wasserübungsplatz geübt? Wird das Gelände überhaupt genutzt?
Um sich hier den Antworten zu nähern, lohnt ein größerer Blick zurück. Die Bundeswehr schien den Nordheimer Standort – so die seinerzeitigen Signale – nicht mehr zu benötigen. Der Pionierübungsplatz mit seinen 45 Hektar, die teilweise als Biotop gelten, stand zusammen mit dem Reupelsdorfer Landübungsplatz (65 Hektar) im Jahr 2005 sogar kurzzeitig zum Verkauf.
Die Übungsplätze standen zum Verkauf
Begründet wurde die Streich- und Verkaufsliste damals mit einer neuen Ausrichtung des Volkacher Standorts, zu dem die beiden Lager gehören. Das damalige Schwere Pionierbataillon 12 stand unmittelbar vor der Auflösung. Weshalb es am Ende doch nicht zum Verkauf kam, ließ sich nie klären. Vermutlich fehlte es mit Blick auf die Biotope an Interessenten. Selbst die beiden betroffenen Gemeinden – Nordheim und Wiesentheid – hatten dankend abgelehnt.
Als das Lager schließlich Ende 2015 zu einem Flüchtlingslager für die Regierung Unterfranken mit Platz für 400 Hilfesuchende umgewandelt wurde, schienen die Bundeswehr-Tage in Nordheim endgültig gezählt.
Von 2015 bis 2017 ein Flüchtlingslager
Aufgelöst wurde das Flüchtlingslager dann wieder Ende 2017, die Regierung von Unterfranken gab das Gelände an die Bundeswehr zurück. Dort hatte ein Umdenken eingesetzt: Die Bundewehr in Volkach meldete erneuten Nutzungsbedarf aufgrund steigender Aufträge an, das Logistik-Bataillon 467 hatte einiges an Material zu bewegen – samt eines Nato-Auftrags.
Nordheim wurde entsprechend reaktiviert. Mit allen Konsequenzen: Die Wache an der Zufahrtsstraße wurde wieder dauerhaft besetzt, die Schutzmaßnahmen erhöht. Und hier kommt nun die Sandbank ins Spiel: Die musste nicht in erster Linie wegen der möglichen Gewässerausbildung verschwinden – sondern aus Sicherheitsgründen.
Zur Begründung hieß es im Herbst 2020 von der Bundeswehr: Von der Sandbank sei man problemlos in den militärischen Sicherheitsbereich gelangt – das sollte durch das Ausbaggern nunmehr verhindert werden. Zudem seien die Schilder „Militärischer Sicherheitsbereich“ – auch direkt an der ehemaligen Sandbank – immer wieder gestohlen worden. Das Abtragen von Sand und Kies – es diente also in erster Linie dazu, Grenzen zu setzen.
Dass Wasserübungen nach der Wiederbelebung erst einmal keine Rolle mehr spielen, zeigt nicht zuletzt die Umbenennung. Seit Juli 2019, so ein Pressesprecher der Bundeswehr auf Anfrage, werde das Gelände als "Lager Nordheim" geführt – und eben nicht mehr als "Standortübungsplatz Wasser".
Lagerplatz auch für die Nato
Seit der Wiederinbetriebnahme diene Nordheim "zur Bewirtschaftung und Lagerung von Material", heißt es dazu aus der Volkacher Kaserne. Unter anderem sei das Lager inzwischen "eine Materialschleuse für Material der Nato Reaction Force (NRF)". Gleichzeitig gelte aber auch: Der Platz werde zunehmend "als Ausbildungsstätte für die Kompanien des Bataillons und als Ausbildungsstätte für externe Truppenteile genutzt".
Und das möglichst langfristig. Zum einen wegen der Lagerflächen. Zum anderen aber auch wieder als Standortübungsplatz. Der Grund: Reupelsdorf sei "in der jetzigen Form für die Ausbildung des Logistik-Bataillons 467 nicht ausreichend dimensioniert", heißt es abschließend von der Pressestelle.