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Kitzingen
Bizarrer Sanierungsstau auf der B8: Bundesstraße für viel Geld erneuert, aber die alten Rohre blieben liegen
Ein kapitaler Rohrbruch bremste neulich den Verkehr auf der B8 in Kitzingen. Wie kann es sein, dass eine Straße teuer saniert wird und die maroden Leitungen im Untergrund nicht?
Für zwei Wochenenden war die B8 in Kitzingen im September dicht. Saniert wurde die Fahrbahn, nicht aber das marode Leitungsnetz in der Tiefe.
Foto: Hans Will | Für zwei Wochenenden war die B8 in Kitzingen im September dicht. Saniert wurde die Fahrbahn, nicht aber das marode Leitungsnetz in der Tiefe.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:10 Uhr

Die Aufregung war groß an diesem Montagmorgen Ende Oktober. Staus auf der B8 in Kitzingen ist man mittlerweile gewohnt, sie sind kaum noch der Rede wert. Doch dieser Stau war anders. Er ging nicht auf die üblichen oberirdischen Verkehrsströme zurück, sondern gründete tief im Untergrund. Ein faustdickes Wasserrohr war geborsten, und weil es an diesem Tag in Strömen regnete, war der Schaden an der Kreuzung zur Jahnstraße zunächst unbemerkt geblieben. Erst nach Stunden fiel das Leck auf.

Und die Frage, die man sich Tage nach dem Vorfall stellte, lautete: Wie kann es sein, dass nur wenige Wochen nach einer aufwendig durchgeführten Straßensanierung eine Wasserleitung platzt? Die Antwort darauf ist so ernüchternd wie beunruhigend – und sie führt direkt in die Tiefbauabteilung des Kitzinger Rathauses.

Monatelang hatte man die Sache auf der B8 vorbereitet. Zwei Ferienwochenenden im September waren nötig, um die marode Fahrbahn in der Repperndorfer Straße unter Vollsperrung auf 600 Metern abzufräsen und mit einer neuen Schicht Flüsterasphalt zu überziehen. Rund 400.000 Euro hat die Erneuerung der Bundesstraße vom McDonald’s bis zur Shell-Tankstelle den Freistaat gekostet, weitere 200.000 Euro hat die Stadt in den Ausbau des Gehwegs gesteckt. Aber wie es scheint, haben die Straßenbauer nur an der Oberfläche des Problems gekratzt und sind nicht bis in die Tiefe vorgedrungen, wie es angezeigt gewesen wäre.

Auch die Ampeln auf der B8 fielen stundenlang aus

So lauert im Untergrund weiter eine Gefahr, unberechenbar wie ein Vulkan: korrodierte und marode Versorgungsleitungen. Jederzeit könnte sich am westlichen Kitzinger Ortseingang ein Fall wie der von Ende Oktober wiederholen – mit allen bekannten Folgen: stundenlanger Ausfall der dortigen Ampelanlagen, vollgelaufene Keller, Anlieger ohne Wasser, Strom und Internet. Experten sprechen von einer "tickenden Zeitbombe".

Als die B8 im Sommer auf rund 600 Metern erneuert wurde, nutzte die Stadt die Gelegenheit, um auch den Gehsteig zu verbreitern.
Foto: Eike Lenz | Als die B8 im Sommer auf rund 600 Metern erneuert wurde, nutzte die Stadt die Gelegenheit, um auch den Gehsteig zu verbreitern.

Der Redaktion liegt der Schriftwechsel einer Anwohnerin mit den zuständigen Behörden vor. Im März und im April 2021 adressiert die Frau jeweils eine "Anfrage um Abhilfe" an die Stadt Kitzingen und das Staatliche Bauamt Würzburg. Sie weist auf den "schlechten Straßenzustand" der B8 in der Repperndorfer Straße hin, klagt über "enorme Lärmbelästigungen" und über "Erschütterungen des Bodens (…) wie bei einem Erdbeben".

Beim Staatlichen Bauamt, das für den Unterhalt von Bundes- und Landstraßen zuständig ist, erntet sie Verständnis, gleichzeitig verweist man auf "städtische Kanäle und Leitungen, die erneuert oder saniert werden müssen". Und weiter: "Es liegt auf der Hand, dass eine aufwändige Erneuerung der Fahrbahn erst sinnvoll ist, wenn die Arbeiten im Untergrund erledigt sind."

Die Leitungen unter der B8 sollten bereits erneuert sein

Diese "vorauslaufenden Maßnahmen" lägen in der Verantwortung der Stadt, und im Rathaus ist man zu dieser Zeit offenbar auch bemüht, seiner Verantwortung nachzukommen. So heißt es im März 2021 im Antwortschreiben an die verunsicherte Anliegerin: "Aus Sicht der Stadt Kitzingen ist anzumerken, dass vor einer Erneuerung der Decke durch das Staatliche Bauamt Arbeiten am städtischen Kanal durchgeführt werden sollen." Diese Arbeiten seien für 2022 vorgesehen. Doch das Jahr vergeht, ohne dass sich an der B8 etwas bewegen würde. Fragt man heute nach, warum das Projekt nicht wie geplant umgesetzt wurde, beruft sich die Stadt auf "zeitliche Aspekte" und "finanzielle Gründe".

Eine Erneuerung der kompletten Leitungsinfrastruktur hätte eine mindestens viermonatige Vollsperrung, alternativ eine achtmonatige Teilsperrung der B8 bedingt – und das bei der ohnehin angespannten Verkehrslage durch den Ausbau der A3. Außerdem hätte man in diesem Fall deutlich tiefer gehen und sich durch den (weitgehend intakten) Unterbau der Straße graben müssen, um an die maroden Leitungen zu gelangen. Ein solcher Vollausbau in Eigenregie wäre "im Wesentlichen" auf Kosten der Stadt gegangen. Im Rathaus, Abteilung Tiefbau, setzt man vor diesem Hintergrund andere Prioritäten und richtet den Blick lieber auf "Straßen, bei denen auch der Unterbau einer grundlegenden Erneuerung bedarf".

Auch eine Ampel an der B8 musste versetzt werden

Das alles leuchtet ein, erklärt jedoch nicht, warum die Stadt vor zwei Jahren noch zu einer umfänglichen Sanierung bereit gewesen ist und plötzlich – trotz des Wissens um die fragilen Leitungen – nicht mehr. Schon seit 2019 steht sie mit dem Staatlichen Bauamt und der eigenen Tochter, den Licht-, Kraft- und Wasserwerken (LKW), wegen der Sache in Kontakt. So lange sind auch die staatlichen Ausbaupläne der B8 bekannt.

Mit dem Verzicht auf die Maßnahme hat sich die Stadt letztlich nur Zeit gekauft. Denn irgendwann müssen die Leitungen und Rohre raus. Und auch dann wird man nicht ohne eine längere Sperre der Bundesstraße und weiträumige Umleitungen auskommen. Beim jüngsten Rohrbruch liefen nicht nur Keller voll, auch das Fundament der gerade erst installierten Ampel wurde unterspült und musste an anderer Stelle neu gesetzt werden. Die vage Hoffnung aller Beteiligten ist nun, dass der Vulkan erst mal Ruhe gibt.

 
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  • Edgar König
    Beim Arikel fehlen mir viel zu viel technische Informationen, weshalb die Rohre unter der Straße sanierungsbedürftig sein sollen ??
    Das war auch keine "umfangreiche Straßensanierung" sondern lediglich eine neue Fahrbahndecke, was wohl auch der Grund für den Wasserrohrbruch war.
    Zum Vergleich:
    Eine umfangreiche Straßensanierung gab es z.B. auf der Ortsverbindungsstraße zwischen dem Kaufland und Albertshofen.
    Dort wurde der alte Asphalt abgefräst, der Untergrund auf etwa 50cm ausgekoffert, neu begründet,(Schotter) und eine richtig schöne, stabile Straße asphaltiert.
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  • Daniel Gotthold
    Schön zu sehen, das die öffentliche Hand unsere vielen Steuergelder gut einsetzt.
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  • Friedrich Angene
    Wie sagt der Volksmund - Der Fisch fangt am Kopf zu stinken an.
    Schwacher Oberbürgermeister, Stadträte - na ja und in Teilbereichen unkompedente Verwaltung. Wohin das führt ist nicht nur im Bereich der B8 zu sehen. Die nächste Wahl kommt bestimmt und hoffentlich setzt dann der Wähler sein Kreuz an der richtigen Stelle.
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