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Wiesentheid
Aus der Praxis eines Impfarztes: Von Verschwörern, Gegnern und Zauderern
Der Wiesentheider Allgemeinarzt Dr. Klaus Kolbert spricht über die hohe Nachfrage nach Corona-Impfungen, Ängste und Bedenken seiner Patienten und den Impf-Stand bei den Kindern.
Eine Allgemeinmedizinerin impft in ihrer Praxis eine Patientin gegen das Coronavirus.
Foto: Christoph Schmidt, dpa | Symbolbild | Eine Allgemeinmedizinerin impft in ihrer Praxis eine Patientin gegen das Coronavirus.
Anna Kirschner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:28 Uhr

Anfang April stiegen die Hausärzte und -ärztinnen in die Impfkampagne gegen das Coronavirus ein. Zu Beginn kämpften sie vor allem mit der Knappheit der bestellbaren Impfdosen.  Das Problem besteht aktuell nicht mehr, doch wie hat sich die Nachfrage entwickelt? Wer lässt sich jetzt noch vom Impfen überzeugen? Das berichtet der Wiesentheider Allgemeinmediziner Dr. Klaus Kolbert, der koordinierende Impfarzt im Landkreis Kitzingen.  

Frage: Hausärzte impfen seit etwas über einem halben Jahr gegen Corona. Wie hat sich die Impfkampagne nach anfänglicher  Impfstoffknappheit entwickelt?

Dr. Klaus Kolbert: Es läuft sehr rund, soweit ich weiß in allen Praxen. Es gibt genug Impfstoff, wir können jedem, der geimpft werden möchte, innerhalb von ein bis zwei Tagen ein Impfangebot machen. In unserer Praxis impfen wir fast ausschließlich mit Biontech. Daher müssen wir die Impfungen ein bisschen zusammenfassen, um nichts verwerfen zu müssen. Wir impfen einmal die Woche, mittwochnachmittags. Was wir uns natürlich sehr wünschen, wären Einzeldosen wie bei der Grippeimpfung. Das würde es uns leichter machen, aber laut Biontech kommt das nicht vor Mitte nächsten Jahres.

Dr. Klaus Kolbert (Wiesentheid) ist  koordinierender Impfarzt im Landkreis Kitzingen.
Foto: Foto Koch Kitzingen/Carina Koch | Dr. Klaus Kolbert (Wiesentheid) ist  koordinierender Impfarzt im Landkreis Kitzingen.

Wie hoch ist die Nachfrage nach Impfungen mittlerweile?

Kolbert: Die Nachfrage war zwischendrin etwas eingeschlafen, nachdem die erste Welle durch war. Jetzt ist sie wieder sehr groß. Als Beispiel: Diesen Mittwochnachmittag haben wir über 100 Leute in der Praxis geimpft. Das ist viel für einen Nachmittag. Als es etwas eingeschlafen war, waren wir bei zwanzig, dreißig oder vierzig Leuten maximal. Es zeigt sich schon, dass einige Zauderer, die zunächst abgewartet haben, jetzt kommen. Das hat sicherlich auch mit der Politik zu tun: dass man ohne Impfung doch große Hürden hat, wenn man zum Friseur will, ins Kino will.

Sagen Ihnen das die Leute, dass sie sich deswegen impfen lassen?

Kolbert: Ja. Teilweise sagen sie: Ich habe jetzt die Nase voll und lasse mich jetzt doch impfen. Andere hatten Angst, weil alles neu war, und haben gewartet, wie sie es vertragen. Die Angst muss man den Patienten auch zugestehen. Es sind mannigfaltige Gründe.

Welche Bedenken haben Menschen noch?

Kolbert: Das geht querbeet von ganz wilden Verschwörungstheorien bis zu dem Punkt, dass jemand jemanden kennt, der es schlecht vertragen hat und danach drei Tage krank war. Viele Bedenken konnten wir durch Aufklärung ausräumen, aber nicht alle.

Sind es bestimmte Patientengruppen, die sich nicht impfen lassen wollen?

Kolbert: Nein, das geht querbeet.

Wie können es Hausärzte schaffen, Menschen vom Vorteil einer Impfung zu überzeugen?

Kolbert: Es passiert jeden Tag, dass wir Leute nicht überreden, sondern überzeugen können, dass die Impfung sinnvoll ist. Jeder Patient kommt ja mit anderen Ängsten auf einen zu. Die erste Frage ist meistens: Warum haben Sie sich bis jetzt noch nicht impfen lassen? Dann ist der Grund klar, und dann klären wir das auf. Wir informieren nur über medizinische Sachverhalte, wir sagen zum Beispiel nicht: Wenn Sie sich impfen lassen, dann können sie zum Friseur oder wieder reisen. Es ist aber immer eine individuelle Aufklärung, keine Standardaufklärung.

Sprechen Sie Leute aktiv darauf an, ob sie schon geimpft sind?

Kolbert: Ja, das müssen wir aus Selbstschutz machen. Man merkt im Gespräch schnell, ob man einen Impfgegner oder einen Impfzauderer vor sich hat. Die Hardcore-Impfgegner kann man sowieso schlecht überzeugen. Das ist fast unmöglich. Die haben ihre vorgefasste Meinung, die nicht auf medizinischen Fakten beruht, sondern auf Verschwörungstheorien. Da ist es ganz schwierig. Aber Impfzauderer, die kann man in einem Aufklärungsgespräch ganz oft überzeugen. 

Welche Rolle spielen die Hausärzte bei den Auffrischungsimpfungen, den dritten Impfungen zum Beispiel in Pflegeheimen?

Kolbert: Eine große Rolle. Wir haben relativ zügig alle Altenheime durchgeimpft. Da waren kaum Nachfragen ans Impfzentrum, weil das alles von den Hausärzten abgedeckt wurde. Jetzt geht’s langsam los, dass die Leute für die Drittimpfungen auch in die Praxen kommen. An diesem Mittwoch sind von den 108 Impfungen alleine etwa 40 Drittimpfungen.

Wie ist die Quote in den Altenheimen, in denen Sie die Drittimpfung angeboten haben?

Kolbert: Nahezu 100 Prozent. Es sind nur ganz wenige, die es nicht haben machen lassen. Die könnte ich an fünf Fingern abzählen.

Wie gehen die Impfungen bei den Kindern und Jugendlichen voran?

Kolbert: Die werden auch bei uns geimpft, ab 16 Jahren. Jetzt fordert der Kinderarztverband die Impfung ab 12 Jahren. Das machen wir auf Nachfrage, wenn die Eltern auf uns zukommen. Es müssen ja immer Elternteile oder Erziehungsberechtige dabei sein. Die Nachfrage ist nicht riesig, aber auch nicht wenig. Vielleicht fünf bis zehn pro Woche.

 
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