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Kitzingen
Alarm im Schweinestall: Druck auf die Landwirte "fast nicht auszuhalten"
Warum Windräder aus Sicht der Bauern besser geeignet sind als Solaranlagen und der Anteil der Biobetriebe stagniert. Ein Gespräch mit dem neuen AELF-Chef Gerd Düll.
Gerd Düll leitet seit September das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg. Die Behörden hatten zum 1. Juli 2021 fusioniert.
Foto: Ralf Dieter | Gerd Düll leitet seit September das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg. Die Behörden hatten zum 1. Juli 2021 fusioniert.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:45 Uhr

Gerd Düll ist als Leiter zurück am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen Würzburg und damit zuständig für mehr als 2500 Betriebe: 1222 im Landkreis Kitzingen, 1406 im Landkreis Würzburg. Die Region, ihre Struktur und die Aufgaben seiner 150 Mitarbeiter kennt Düll bestens. Im Interview spricht er über die Digitalisierung der Landwirtschaft, Flächenverluste und das umstrittene Thema der Bewässerung.

Wenn Sie in die Statistik schauen, müssten Sie es doch mit der Angst bekommen, oder? Immer mehr Höfe sterben. 

Düll: Was verstehen Sie unter Höfesterben? Im Landkreis Kitzingen gab es das nie. Seit der Jahrtausendwende hatten wir Jahre, in denen kein einziger Landwirt aufgehört hat. Die Tierhaltung wird manchmal aufgegeben, vor allem aus sozialen Gründen. Die Kinder wollen nicht 365 Tage im Stall stehen. Aber die Leute hängen an ihren Höfen und bewirtschaften ihre Äcker meist weiter.

Die Landwirtschaft wird in der Öffentlichkeit oft kritisiert.

Düll: Bei der Tierhaltung ist der politische und gesellschaftliche Druck tatsächlich da, bei der Schweinehaltung ist er fast nicht auszuhalten. Das trifft aber nicht nur die kleinen Landwirte, sondern auch die großen Betriebe.

Was drückt die Landwirte noch?

Düll: Die Bürokratie – über alle Sparten hinweg. Die Antragstellung und die rechtlichen Vorgaben sind oft sehr komplex. Außerdem beschäftigt sie natürlich die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel. Und der Umbruch in der Tierhaltung – niemand weiß, wie es damit weitergeht. Hinzu kommt der Flächenverlust.

Wichtiger Teil der Arbeit Ihres Amtes ist die Beratung. Bekommen die Mitarbeiter dabei den Frust der Landwirte ab?

Düll: Manchmal schon, das hängt vom Druck ab, unter dem der Betrieb steht. Aber wir haben gar nicht mehr so viel persönlichen Kontakt zu den Landwirten wie früher.

Woran liegt das?

Düll: Wir sind durchdigitalisiert. Schon vor Corona wurden viele Anträge online abgegeben, durch die Pandemie dann alle. Nachfragen werden meist telefonisch geregelt. Wobei die Leute natürlich zur Beratung wieder ins Amt kommen können. Aber man kann 100 Prozent digital erledigen. Da sind wir im Vergleich zu anderen Behörden führend.

Die Anträge betreffen vor allem das Kulturlandschaftsprogramm und den Mehrfachantrag. Wie viel Geld zahlen Sie an die Landwirte im Dienstbereich aus?

Düll: Ungefähr 40 Millionen Euro gehen jährlich an 2700 Antragsteller, darunter sind etwa 100 aus Baden Württemberg, die Flächen hier haben. Dazu kommen Zuschüsse für Investitionen, aber die schwanken stark – je nachdem, wieviel gebaut wird.

Haben Sie ein Beispiel für eine Maßnahme, die gefördert wird?

Düll: Am stärksten gefördert wird die Umstellung auf Öko-Landbau – beim Ackerbau zum Beispiel 423 Euro pro Hektar, für die Beibehaltung 314 Euro pro Hektar.

Wie groß ist der Anteil der Biobetriebe hier?

Düll: Etwa zehn Prozent. Ziel sind 30 Prozent. Aber das werden wir nie erreichen.

Weil die Landwirtschaft es nicht will?

Düll: Weil der Verbraucher es nicht will. Damit möchte ich keinen anklagen, weil er keine Ökoprodukte kauft. Das ist mir zu moralisch. Ich sehe nur, was der Markt zeigt. Wenn die Verbraucher die Produkte nicht kaufen, bricht der Preis ein. Das hat man bei der Milch gesehen.

Gemüse und Salat wachsen nicht ohne Wasser. Die Beregnung ist eines der Themen, die Landwirte, Gärtner und Winzer gleichermaßen beschäftigt.
Foto: Hartmut Hess | Gemüse und Salat wachsen nicht ohne Wasser. Die Beregnung ist eines der Themen, die Landwirte, Gärtner und Winzer gleichermaßen beschäftigt.
Die Bewässerung im Garten- und Weinbau wird derzeit kontrovers diskutiert. Wie ist Ihre Haltung?

Düll: Gemüsebau ohne Bewässerung geht nicht. Das kann jeder an seinem Hausgarten nachvollziehen. Bei dem Thema sind drei große Faktoren zu betrachten: Niederschlagsmenge, Verdunstung und Wasserabfluss. Die Niederschlagsmenge in Unterfranken ist sehr niedrig, Teile der Region haben eine negative Wasserbilanz. Aber die Niederschläge können wir nicht beeinflussen. Die Menge hat sich nicht wesentlich verändert. Die Verdunstung dagegen hat sich geändert, es ist wärmer geworden. Das ist der eine Punkt. Und auch beim Oberflächenabfluss können wir ansetzen.

Sind Betriebe gefährdet, wenn die Wasserrechte geändert werden?

Düll: Das gefährdet Existenzen massiv. Und man muss auch die Folgen betrachten: Wenn das Gemüse nicht hier angebaut wird, kommt es von woanders.

Sie haben den Flächenverlust angesprochen. Wo liegt da das Hauptproblem?

Düll: Hauptproblem beim Flächenfraß ist der Verbrauch von Fläche durch Photovoltaikanlagen. Ich bin nicht gegen diese Anlagen, irgendwo muss der Strom ja herkommen. Aber aus Sicht der Landwirte wären Windräder die bessere Lösung, weil sie nicht so viel Fläche verbrauchen. Zugleich sehe ich aber in der Region noch viele leere Scheunendächer. Die Landwirte sollten erst mal diese Flächen für PV-Anlagen nutzen.

Was ist aus Sicht Ihres Amtes das Besondere am Landkreis Kitzingen?

Düll: Der Landkreis Kitzingen war immer der intensivste landwirtschaftliche Raum, Grund dafür sind die Sonderkulturen Wein und Gemüse. Bei der Tierhaltung ist es genauso: Da hatte Kitzingen immer mehr Kühe und Schweine.

 
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