zurück
Martinsheim
Schlechte Erntebilanz für Unterfranken: Welche Lebensmittel teurer werden und welche nicht
Wegen Hitze und anhaltender Trockenheit geht der Bauernverband von einer unterdurchschnittlichen Ernte aus. Was bedeutet das für die Verbraucher? Wird alles noch teurer?
Landwirte in Unterfranken - wie hier in Acholshausen (Lkr. Würzburg) - erwarten heuer eine unterdurchschnittliche Ernte.
Foto: Gerhard Meißner | Landwirte in Unterfranken - wie hier in Acholshausen (Lkr. Würzburg) - erwarten heuer eine unterdurchschnittliche Ernte.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:15 Uhr

Erst Nässe, dann Trockenheit: Die Bauern in Unterfranken kämpfen auch in diesem Jahr mit den Folgen des Klimawandels und erwarten abermals eine unterdurchschnittliche Ernte. "Besonders die Getreideernte und die Sommerkulturen wie Zuckerrüben und Mais bleiben erheblich unter dem langjährigen Schnitt zurück", sagt Stefan Köhler, Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV) für Unterfranken, am Montag bei der Erntepressekonferenz in Martinsheim (Lkr. Kitzingen).

Was bedeutet die unterdurchschnittliche Ernte für Landwirte und Verbraucher? Welche Strategien gibt es, um in der Landwirtschaft mit Hitze und Trockenheit zurechtzukommen? Dazu äußern sich BBV-Präsident Stefan Köhler, die Milchbauern Herbert und Michael Nagler aus Martinsheim sowie Martin Hecht, Pressesprecher am bayerischen Landwirtschaftsministerium.

Wie fällt die Ernte 2023 in Unterfranken aus?

"Die Ernte ist zum wiederholten Mal von Wetterextremen geprägt", sagt Stefan Köhler. Im Frühjahr habe es flächendeckend noch viel Regen und kühle Temperaturen gegeben, aber ab Mitte Mai hätten die hohen Temperaturen mit viel Wind und die Trockenheit die Hoffnungen auf eine bessere Ernte schwinden lassen. "Seit Wochen fehlen Niederschläge, es ist viel zu trocken. Wir rechnen mit einer unterdurchschnittlichen Ernte mit deutlichen Ausreißern nach unten", sagt Köhler.

Michael (links) und Herbert Nagler, Landwirte aus Martinsheim (Lkr. Kitzingen) zeigen eine unterschiedliche Zuckerrübenernte. Einige Rüben sind gut gewachsen, andere eher nicht.
Foto: Claudia Kneifel | Michael (links) und Herbert Nagler, Landwirte aus Martinsheim (Lkr. Kitzingen) zeigen eine unterschiedliche Zuckerrübenernte. Einige Rüben sind gut gewachsen, andere eher nicht.

Durch die anhaltende Trockenheit sei der zweite Grünschnitt für das Futter quasi ausgefallen, sagt Landwirt Michael Nagler, der mit seinem Vater 60 Milchkühe hält und Ackerbau betreibt. In der Folge müsse man Futter zukaufen. Mit der Weizenernte sind die beiden Landwirte aber zufrieden. "Das Getreide konnte die Nässe des Frühjahrs nutzen und auch unser Mais und die Rüben stehen noch gut da", sagt Michael Nagler. 

Welche Kulturen sind in Bayern gut durch die Hitze gekommen, welche eher schlecht?

Mit einer Anbaufläche von rund 69.000 Hektar ist der Winterweizen flächenmäßig die wichtigste Kultur in Unterfranken. Während beim Weizen die Erträge teilweise sogar normal ausfallen, sei die Sommergerste die "Problemfrucht" des Jahres, so Köhler. Die Sommergerste wird auf rund 18.000 Hektar in der Region angebaut. "Die Versorgung der Bevölkerung mit heimischer Braugerste ist in diesem Jahr nicht gegeben." Die Mälzereien werden wohl ausländische Ware zukaufen müssen.

Beim Silomais, der auf rund 26.000 Hektar angebaut wird, sind viele Bestände vertrocknet, hier müsse mit großen Ausfällen gerechnet werden. "Auch bei den Sojabohnen rechnen wir mit massiven Mindererträgen", sagt Köhler. Der Anbau von Sonnenblumen in Unterfranken wurde ebenfalls reduziert, von 5500 auf 4500 Hektar. "Die Landwirte rechnen damit, dass sehr viel Sonnenblumenöl und Sonnenblumenkerne aus der Ukraine zu uns importiert werden."

Die Herausforderungen der Landwirtschaft – gerade in Unterfranken – sind immens, sagt Stefan Köhler, Präsident des unterfränkischen Bauernverbands.
Foto: Thomas Obermeier | Die Herausforderungen der Landwirtschaft – gerade in Unterfranken – sind immens, sagt Stefan Köhler, Präsident des unterfränkischen Bauernverbands.

Wie ist die Stimmung in der Landwirtschaft?

Die Stimmung ist gerade bei den Ackerbauern gedrückt: Hohe Produktionskosten - für Dünger, Pflanzenschutz oder Diesel- treffen auf fallende Erzeugerpreise. Viele Landwirte fühlten sich von den Anforderungen der Gesellschaft in Sachen Tierwohl und Umweltschutz gegängelt und oft auch überfordert. "Stark schwankende Märkte tragen ebenfalls zur Verunsicherung bei", sagt Köhler. 

Was bedeutet die unterdurchschnittliche Ernte für die Verbraucher?

Die Getreidepreise werden in erster Linie von der globalen Marktentwicklung und von Markterwartungen beeinflusst. Insofern lasse sich allein von einer unterdurchschnittlichen Ernte in Bayern oder Unterfranken nicht auf die Erzeugerpreisentwicklung schließen. "Weil uns die Ukraine derzeit mit Getreide überschwemmt, werden die Preise wohl eher fallen", schätzt der Bezirksbauernverbandspräsident. Die Auswirkungen der Erzeugerpreise auf die Preise für Lebensmittel wie Teig- und Backwaren sei marginal, auch wenn Preissteigerungen bei diesen Produkten häufig mit den Erzeugerpreisen begründet würden.

Werden Lebensmittel teurer?

Die Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln ist zuletzt drei Monate in Folge gesunken. Von einem Höchststand von 22,3 Prozent im März dieses Jahres auf 13,7 Prozent im Juni. Da die Preise für verarbeitete Nahrungsmittel neben dem Preis für die landwirtschaftlichen Rohwaren von vielen weiteren Faktoren abhängen, insbesondere von der Entwicklung der Energie- und Lohnkosten, ist nach derzeitigem Stand durch die aktuelle Trockenheit keine wesentliche Trendänderung zu erwarten, heißt es im Landwirtschaftsministerium.

Obst und Gemüse werden vermutlich teurer, prognostiziert Köhler. "Hier sind wir stark abhängig von Spanien und anderen Ländern. Aufgrund der Hitze und Wasserprobleme dort könnten diese Lebensmittel teurer werden." Bei sehr vielen Obst- und Gemüsesorten ist Spanien der mit Abstand größte Lieferant, so das Statistische Bundesamt: So kamen im Vorjahr 79 Prozent der Orangen, die gute Hälfte aller Melonen sowie 72 Prozent der Zitronen und 67 Prozent aller Nektarinen und Pfirsiche aus Spanien, das insbesondere im Süden mit der Trockenheit kämpft.

Angesichts der Hitze und Trockenheit: Überlegen immer mehr Bauern ihren Hof ganz aufzugeben?

"Es ist nicht zu erwarten, dass landwirtschaftliche Betriebsleiter ausschließlich aufgrund der derzeitigen Hitze und Trockenheit eine Betriebsaufgabe in Betracht ziehen", sagt Martin Hecht von Landwirtschaftsministerium. Die Gründe für die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs wirken eher längerfristig, wie beispielsweise eine unsichere Hofnachfolge und damit verbunden veraltete Gebäude und Maschinen aufgrund ausgebliebener Investitionen. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Martinsheim
Würzburg
Schweinfurt
Lohr
Bad Kissingen
Bad Neustadt
Haßfurt
Claudia Kneifel
Bayerischer Bauernverband
Getreidepreise
Melonen
Statistisches Bundesamt
Unterfranken
Weizen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Andreas Gerner
    Es wird in Europa eine unterdurchschnittliche Ernte geben.
    Gegessen wird jedoch wie immer.

    Importiert man halt ein bisschen mehr. Was soll´s.

    Geld ist ja offenbar genug da.

    Anderswo auf der Welt führt das zu riesigen Problemen, weil wir dadurch die Preise an den Märkten hoch treiben:

    1. die "Armen" können sich das Essen nicht mehr leisten.
    Putin mag ein schlimmer Verbrecher sein, indem er Hunger schürt. Doch er hat Verbündete: Özdemir und Co.
    Dass in Europa im kommenden Anbaujahr mindestens 4% stilllgelegt (zusätzlicher Bonus für Stilllegen des 5. und 6. %) werden sollen, verschärft die Lage extrem. Europäer werden nicht weniger essen (bzw. dem Haustier weniger geben), sondern auf den internationalen Märkten wird eingekauft.
    Ware, die der Afrikaner dann nicht mehr erhalten kann, mangels Kaufkraft.

    2. Hohe Preise für Agrargüter machen es zum Bombengeschäft, am Amazonas Regenwald zu roden und Plantagen anzulegen.

    Schlechte Ernten und "Grüne" Politik schüren Hunger und Rodungen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Warum nutzen Sie Ihre journalistische Sorgfaltspflicht der Redaktion nicht, um ergänzend auch einmal bei Sonderkulturen (Gemüse, Wein und Obst) nachzufragen, bevor Sie solch verallgemeindenden Schlagzeilen von "Schlechter Ernte" in die Welt setzen? Das ist einfach nur ärgerlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Elisabeth Hofmann
    Jochen Freihold: dann beantworten Sie doch einfach die von Ihnen aufgeworfene Frage selbst, wie zur Zeit die Situation bei Sonderkulturen ist, z. B. Gemüse, oder auch Wein, das ist ja ihr Spezialgebiet. Und geben sie bitte auch einen Ausblick, wie es hier künftig ausschauen wird ? Unter Berücksichtigung der heute schon eingeschränkten Versorgung mit Wasser, den Teuerungen bei notwendigen Betriebsmittel. Vor allem wie kann ein kleiner Genossenschaftswinzer, z. B. in Iphofen mit 1 ha Anbaufläche eine Wasserversorgung mit Leitung aus dem Main und Speicherbecken bezahlen ??
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Liebe Frau Hofmann, das sind ja durchaus angesagte Fragen und Sorgen, die Sie da ansprechen. Danke auch für die persönlichenist Blumen. Zu weiterer Recherche ist vielmehr Frau Claudia Kneifel als Verfasserin des aktuellen Artikels gefragt. Beim besten Willen kann ich derzeit aus der Ferne keine allgemein gültige Diagnose geben.

    Die angesprochenenen Sonderkulturen verfügen über Organisationen und Verbände einschließlich der Bayerischen Landesanstalt (LWG), welche sicherlich gerne zu Auskünften über temporären Vegetationsstand und Ernteaussichten bereit sind.
    Einfach nur redaktionell anfragen. Bin selbst gespannt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wolfgang Schuchard
    Was bei der Nennung von Durschschnittserträgen leider immer wieder untergeht, auch wenn es in dem Artikel sogar von "Ausreißern" die Rede ist:

    Gerade bei langen Trockenperioden merkt man die Unterschiede in der Wasserhaltefähigkeit der unterschiedlichen Böden und einzelne lokale Gewitterschauer sehr deutlich. Ein Kollege, der Flächen in mehreren Gemarkungen bewirtschaftet, berichtete mir beim Weizen von Schlägen mit Erträgen unter 40 dt / ha bei einer Ertragserwartung von etwa 70 dt in "normalen" Jahren, während andernorts auf besserem Boden die Erwartung von 90 dt sogar in diesem Jahr erreicht wurde. Leider habe ich in dieser Flur aber keine Flächen...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Matthias Braun
    Egal ob die Ernteerträge gut oder schlecht sind, die Preise steigen doch immer. Mal liegt es an hohen Energiekosten, dann wieder am Klima. Gestern war Fr. Merkel schuld, heute die Ampel. Wer hat morgen schuld ? Was ist eigentlich mit der Gewinnmaximierung der Agrarkonzerne ? Immer steigenden Renditen von Aktionären? Dieses Geld muss doch auch erwirtschaftet werden . Lebensmittel, Futtermittel ....werden gehandelt an den Börsen wie Öl, Gas und Gold...... Wir alle zahlen das an der Kasse im Supermarkt. Dem Verbraucher wird aber immer nur suggeriert es läge am Klima. Die anderen Einflüsse auf die Preise in unserem Wirtschaftss ystem werden in den Medien meistens ausgeblendet. Das ist einseitige Berichterstattung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ulrich Wilhelm Kretzer
    Ein paar Artikel vorher in der MP:
    "Zuckerpreis auf Rekordhoch ...durch den Preisanstieg rechnet Ziegler für die Ernte 2022 mit einem Rüben-Grundpreis von 50 bis 55 Euro je Tonne, nach 35 Euro im Vorjahr. Der Mehrerlös reiche aus, um die gestiegenen Produktionskosten zumindest im Durchschnitt weitgehend auszugleichen. Das Geld brauche die Landwirtschaft aber auch, damit der Zuckerrüben-Anbau auf rund 23.000 Hektar in Franken weiterhin wirtschaftlich bleibe. "

    Das ist eine Erlössteigerung von über 60% (35€ auf 55€).

    Mein Gehalt ist trotz gestiegener Preise nicht um 60% geklettert. Das ist Jammern auf höchstem Niveau.

    Wie sagt mein Vater immer: "Dem Bauern, der jammert, dem ziehe den besten Zahn".
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wolfgang Schuchard
    Woraus schließen Sie denn, dass der Landwirt 60 % mehr verdienen würde? Sie zitieren den Grundpreis je t, berücksichtigen aber nicht, dass der Ertrag zumindest auf den schlechteren Böden deutlich niedriger sein wird, und auch die Kosten deutlich gestiegen sind. Abgesehen davon vergleichen Sie mit den Vorjahrespreisen, und nicht mit einem langjährigen Schnitt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Gebert
    Wenn man das als Zeitung natürlich jetzt schon so prognostiziert, braucht man sich nicht wundern, wenn alle in der Verdienstkette schön die Preis künstlich hoch halten. Nur weil die Ernte unterdurchschnittlich sein könnte, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht ausreichend ist!
    Als Zeitung könnte man hier einfach mal die Füße still halten und dem Gejammer nicht auch noch eine Plattform bieten.
    Es ist für uns genug von allem da! Mehr als genug!
    Mit unter durch solche Berichte wird der Preis aber eben künstlich hoch gehalten!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Gerner
    @Michael Gebert
    "Es ist für uns genug von allem da! Mehr als genug!" ?

    Ist das so?
    Schauen wir mal in die Statistik: Ganze 5 Agrarprodukte gibt es, wo Deutschlands Landwirtschaft "mehr als genug", also 100% des deutschen Bedarfs oder mehr erzeugt.
    Zucker(-rüben)
    Kartoffeln
    Weichweizen
    Milch(und Milchprodukte)
    Schweinefleisch (noch)

    Das war´s.

    Alles andere, und da geht´s um tausende Produkte erzeugt Deutschlands Landwirtschaft weniger, teils weit weniger, als hier verbraucht werden.

    "Genug da" ist also nicht, weil hier ausreichend erzeugt wird, sondern weil wir dank deutscher Kaufkraft auf internationalen Märkten Ware beschaffen.
    Mit anderen Worten:
    Wir kaufen den Armen der Welt ihr Essen von den Tellern.
    Der Afrikaner mit einem Gehalt von oft weniger als 1 $ pro tag kann sich nicht leisten, 50% Preissteigerungen mitzugehen, während wir kaum oder gar nicht merken, ob im Brötchen, welches für 25 bis 60 Cent verkauft wird nun 1,0 oder 1,5 Cent Weizen stecken.

    Mahlzeit!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten