Viele Landwirte finden keine Nachfolger für ihren Hof oder müssen aufgeben, weil sich der Betrieb nicht mehr rechnet. Dabei ist der Job abwechslungsreich und bietet viel Raum zum Experimentieren - finden Theresa Fertig, Rafael Ott und Oliver Huth aus Main-Spessart. Die drei Jung-Landwirte erzählen, warum sie sich für den Beruf entschieden haben.
Theresa Fertig aus Eichenfürst: "Das ist alles extrem abwechslungsreich"
Früher, da war ihr Tagesablauf klar: "Ich habe acht Stunden gearbeitet, mich ausgestochen, fertig. Dann hatte ich Freizeit", erzählt Theresa Fertig. Früher, das war bis 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die 27-Jährige bei Warema als Verfahrensmechanikerin gearbeitet. Dann kündigte sie, um auf dem landwirtschaftlichen Bio-Betrieb ihres Vaters in dem Marktheidenfelder Weiler Eichenfürst einzusteigen. Und stellte ihren bisherigen Tagesablauf auf den Kopf. Geschafft wird immer das, was gerade anfällt: Die Tiere müssen versorgt werden, das Getreide gedroschen, die Heuernte eingefahren, der Hofladen neu bestückt. "Im Sommer sind das schon mal 12- bis 14-Stunden-Tage", erzählt die junge Landwirtin.
Dennoch war 2019 für sie klar, dass sie beruflich umsattelt. "Ich bin schon vorher immer nach der Frühschicht rausgefahren zum Hof", erzählt sie. Seit über 30 Jahren bewirtschaftet ihr Vater Andreas Fertig den Hof mit Ackerbau und Mutterkuhhaltung ökologisch, nach Naturland-Richtlinien. Mit der Natur zusammenzuarbeiten. Zu säen und zu ernten. Den ganzen Tag draußen zu sein. "Das ist alles extrem abwechslungsreich", beschreibt sie ihre Motivation. Seit August 2021 ist sie fest im väterlichen Betrieb. Das bedeute neben viel Mitverantwortung auch, dass sie ihre Ideen einbringen und umsetzen kann.
Und so entstand als Erstes ein eigener Hofladen. Im zweiten Schritt schafften Vater und Tochter ein zweites Hühnermobil an. Ganz aktuell probiert sich Theresa Fertig in der Mast von Bio-Hähnchen. Die möchte sie dann, wie die bisherigen Fleischerzeugnisse, über den Hofladen und die Direktvermarktung vertreiben.
Was alles an dem Beruf hängt und wie kritisch er auch bei manchen gesehen wird – darüber hat sie sich nie Gedanken gemacht. "Klar, nach langen Erntetagen liege ich manchmal im Bett und frage mich, warum ich das mache", sagt sie. Aber dann komme jemand in den Hofladen und sage, wie gut die Lebensmittel, die sie produzieren, schmecken. "Das gleicht viel aus. Das macht glücklich", erzählt sie.
Was macht ihre Generation von Landwirtinnen und Landwirten anders als ihre Eltern? "Wir schauen zum Beispiel, dass wir sichtbarer sind für die Bevölkerung", so Fertig. Das verbessere auch das Bild von Landwirtschaft. Sei es durch einen guten Internetauftritt und auch durch eine offene Hoftür. "Die Menschen können bei uns immer in den Kuhstall kommen und gucken, wir haben nichts zu verbergen." Eines aber macht sie nicht: Den Betrieb über Social Media vorstellen. "Einerseits fehlt mir die Zeit, Inhalte für so einen Account zu erstellen. Andererseits muss man auch auf Kommentare und Reaktionen antworten, vor allem auf jene, die Nutztierhaltung kritisieren", begründet sie.
Rafael Ott aus Hasselberg: "Man muss ganz viel ausprobieren"
Rafael Ott baut gerne ausgefallene Kulturen an: Auf dem Bio-Hof in Hasselberg, den er gemeinsam mit seinem Vater betreibt, hat er zum Beispiel schon Ölrettich, Hanf oder Kulturmalve angepflanzt. In diesem Jahr hat er iberischen Drachenkopf angebaut, auch Ölziest genannt – daraus werden ätherische Öle gemacht. "Ich habe gehört, dass das gesucht wird, aber sich keiner traut, es zu machen. Da hab ich mir gesagt, einen Versuch ist es wert", erzählt Ott. Der Versuch sei gut gelaufen, nächstes Jahr werde er die Pflanze wahrscheinlich wieder anbauen.
Der 25-Jährige findet es wichtig, immer wieder Neues auszuprobieren. Das habe er schon auf der Öko-Fachschule in Landshut gelernt, die er nach seiner Ausbildung besucht hat. Seit 2020 ist er voll auf dem Hof eingestiegen. "Für nächstes Jahr denke ich über Sonnenblumen oder Soja nach – aber das ist mir fast ein bisschen zu langweilig", sagt er. Auch die Lupine ist eine Pflanze, auf die Ott setzt: Denn sie lockert den Boden auf und bildet Knöllchenbakterien an den Wurzeln, durch die die Pflanze Stickstoff aus der Luft speichern kann.
Dass er in die Landwirtschaft gehen möchte, war für Ott eigentlich immer klar. Ein Bürojob, da ist er sich sicher, wäre nichts für ihn. Neben der Bewirtschaftung der rund 90 Hektar Ackerland und 30 Hektar Grünland hat er sich einen kleinen Handel aufgebaut, über den er Landmaschinen vertreibt. Einerseits aus Interesse, aber auch, um ein weiteres Einkommen neben der Landwirtschaft zu haben.
Der Druck, den heute viele Landwirte verspüren, macht auch dem 25-Jährigen manchmal zu schaffen. Die Arbeitstage sind lang und selbst wenn man Feierabend gemacht habe, arbeite der Kopf weiter. Steigende Materialkosten, teurer Sprit und ständig die Sorge um die Ernte: "Man ist dem Wetter einfach ausgeliefert."
Der Klimawandel bereitet ihm deshalb zwar Sorgen, aber er hat viele Ideen, wie sich die Landwirtschaft anpassen kann. Neben dem Ausbringen von Kulturen, die gut mit Trockenheit zurechtkommen, möchte Ott zum Beispiel ein Auffangbecken bauen, in dem Regenwasser von allen Dachflächen gesammelt wird. Er würde gerne Gemüse anbauen, das er damit bewässern könnte. Die kleine Christbaum-Kultur, die die Otts noch haben, wird es wohl in einigen Jahren nicht mehr geben. "Die Setzlinge müsste ich bewässern und das sehe ich bei Weihnachtsbäumen nicht ein", sagt er.
Oliver Huth aus Unterwittbach: "Ich wünsche mir mehr Verständnis von den Leuten"
"Wenn man damit groß wird, war eigentlich schon immer klar, dass man das auch weiterführen will", sagt Oliver Huth. Den Gedanken, etwas von Generation zu Generation weiterzugeben, findet er schön. 2020, nach seiner Ausbildung, ist er in den Ackerbau-Betrieb seines Vaters in Unterwittbach eingestiegen. Dort bauen sie vor allem Getreide, Raps und Mais an und haben eine Biogas-Anlage. Die Schweinezucht haben sie vor drei Jahren aufgegeben.
Was ihm besonders an seinem Beruf gefällt: Er ist sein eigener Chef, kann seinen Tagesablauf selbst planen, Termine legen, wie er will – natürlich immer mit dem Blick aufs Wetter. Dass seine Wochen deutlich mehr als 40 Stunden haben und er in der Erntezeit auch am Sonntag aufs Feld muss, sei natürlich manchmal anstrengend. Doch der 25-Jährige kann dem auch viel Positives abgewinnen: "Wenn man abends im Sommer auf dem Schlepper sitzt und die Sonnenuntergänge beobachtet, dann hab ich das in keinem anderen Job." Auch wenn er schon mal über manche Dinge fluche, sagt er: "Ich kann mir gerade keinen anderen Beruf vorstellen."
Wichtig ist ihm, dass den Landwirten von der Bevölkerung mehr Verständnis entgegengebracht wird. Vor zwei Wochen zum Beispiel, als er Gülle aufs Feld gebracht hat, habe ihn eine Spaziergängerin gefragt, was er da mache und ob das sein müsse, der Geruch störe sie. "Da wünsche ich mir schon mehr Verständnis von den Leuten. Miteinander reden ist immer gut, es kommt aber auf den Ton an." Er erkläre dann immer, was er mache, das findet er wichtig.
Ein großes Thema ist für Huth die Digitalisierung der Landwirtschaft. Ein Großteil der Arbeit findet heute am Computer statt, der 25-Jährige verbringt viel Zeit im Büro, setzt sich mit neuen Vorschriften auseinander. Dort ermittelt er zum Beispiel den Düngebedarf. In den Maschinen hängen teilweise Bildschirme, auf denen er genau sieht, wo wie viel Dünger ausgebracht werden muss. Diese technische Arbeit übernimmt hauptsächlich er, erzählt er, da es ihm leichter falle als seinem Vater. Mehr Spaß macht ihm aber trotzdem die Arbeit auf dem Feld. "Ich bin eher der Praktische und bin lieber draußen, als dass ich Zeit im Büro verbringe", sagt Huth.