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Sailershausen/Buch
25 Euro für vier Kilometer: Waldweg zwischen Sailershausen und Buch nur noch gegen Gebühr mit Pkw befahrbar
Die Nutzung eines privaten Forstwegs zwischen den beiden Orten erregt die Gemüter. Neu aufgestellte Regeln sollen den Verkehr ordnen – und kosten Geld.
Buch in Sichtweite: Wer von Sailershausen aus den Forstweg nimmt, spart sich einige Kilometer Fahrtstrecke. Umgekehrt ebenso.
Foto: Wolfgang Aull | Buch in Sichtweite: Wer von Sailershausen aus den Forstweg nimmt, spart sich einige Kilometer Fahrtstrecke. Umgekehrt ebenso.
Wolfgang Aull
 |  aktualisiert: 20.02.2025 02:42 Uhr

Ein kurzer Blick auf das Navi reicht: Über dreizehn Kilometer lang ist die öffentliche Strecke mit dem Auto von Buch nach Sailershausen. Knapp vier Kilometer sind es hingegen mit dem Fahrrad. Und wer die kürzere Strecke kennt, nutzt sie gerne auch mit dem Pkw. Der Weg ist gut befahrbar, geschottert und wird regelmäßig gewartet. Nur eines kann die Fahrfreude trüben: das Verkehrsschild "Durchfahrt verboten". Denn die "Straße" ist ein privater Forstweg und führt größtenteils durch das Waldgebiet des Forstamts Sailershausen.

Eine offensichtlich verschollene Vereinbarung aus dem Jahr 1981 zwischen der Gemeinde Theres, der Stadt Haßfurt und dem Universitätsforstamt besagt laut Volksmund, dass kostenfreie Sondergenehmigungen zum Befahren der Strecke auf Antrag ausgestellt werden. Doch dieses Prozedere ist mit der Zeit im Sand verlaufen. Nach dem Motto "Wo kein Kläger, da kein Richter" wurde es vor Ort gang und gäbe, reinen Gewissens auf dem Weg des Forstamts unterwegs zu sein.

Das Forstamt will wissen, wer den Weg nutzt und warum

Nun ging es Ende Januar im Thereser Gemeinderat darum, dass der Betriebsleiter des Forstamts, Daniel Kraus, "den Verkehr ordnen" möchte. Und zur Kasse bitten. 25 Euro pro Jahr für jedes Fahrzeug, das hier entlang fährt. Sein Begehr führte in der Sitzung des Thereser Gemeinderats zu einer großen Diskussion.

Kraus weist auf Anfrage der Redaktion zunächst darauf hin, dass es sich bei der Strecke um einen privaten Forstweg handelt, um Eigentum des Universitätsforstamts Sailershausen. Er möchte daher wissen, wer auf seinem Grundstück herumfährt und warum. Kraus argumentiert unter anderem mit dem Schutz Erholungssuchender, dem Verbot nach Wald- und Naturschutzrecht sowie der illegalen Müllentsorgung.

25 Euro für vier Kilometer: Waldweg zwischen Sailershausen und Buch nur noch gegen Gebühr mit Pkw befahrbar

Er ist sich bewusst, dass die Ortschaften Sailershausen und Buch schon alleine durch die Vereine eng miteinander verbunden sind, und erklärt: "Wir erkennen ausdrücklich an, dass die Abkürzung durch den Uniwald in diesem Fall sinnvoll ist und im Sinne der guten Nachbarschaft für uns tolerierbar, solange wir wissen, wer durch den Wald fährt." Das Jahresentgelt für die Benutzung des Wegs von 25 Euro begründet er mit den Kosten für den Wegeunterhalt von jährlich 90.000 Euro.

Kraus führt weiterhin aus: "Für die Landwirte gilt, dass sie als Pächter unserer Flächen unsere Wege auch benutzen können. Sind sie keine Pächter, können sie ein Notwegerecht in Anspruch nehmen, das aber nicht umsonst sein muss." Streng genommen sei das auch nur so, wenn sie keine Möglichkeit über andere öffentliche Wege hätten, zu ihrem Grundstück zu gelangen. "Aber auch hier sind wir kompromissbereit, vorausgesetzt wir werden gefragt."

Vereinsleben der Orte ist eng miteinander verknüpft

Adrian Ort wohnt in Sailershausen. Er ist Mitglied im Haßfurter Stadtrat und befährt die Strecke von seinem Wohnort nach Buch oft. Sein Vater stammt von dort und weitere Verwandtschaft. Ort sagt: "Sailershausen ist traditionell eng mit Buch verbunden. Über die Musikkapelle, den Sport." Für ein eigenständiges Vereinsleben sei der Ort einfach zu klein. Er selbst ist aktuell Vorstandsmitglied im Bucher Musikverein.

Ort ist sich bewusst, dass er sich während der Durchfahrt auf privatem Gelände befindet und das Forstamt ein Fahrverbot durchsetzen könnte. Doch dies sei erfreulicherweise nicht das Thema. "Es ist legitim, dass das Forstamt Sailershausen wissen möchte, wer auf dieser Strecke unterwegs ist." Er verstehe gut den Unmut, wenn hier beispielsweise Fahrzeuge von Paketdiensten im Eiltempo unterwegs seien.

Das Wässernachtal durch das der genannte Weg führt.
Foto: Hubert Multerer | Das Wässernachtal durch das der genannte Weg führt.

Ort möchte den Konflikt "im Guten regeln". Viele Jahre sei von Seiten des Forstamts die Durchfahrt geduldet worden, "jetzt wird volle Karre kontrolliert", meint er. Auch die Kommunen seien in der Verantwortung. Gerne würde er hierzu einen "Runden Tisch" sehen, um so Argumente auszutauschen und Lösungswege auszuloten. Angeregt habe er einen solchen bereits im Juli 2024. Doch der Konflikt schwele so vor sich hin.

Ihn stört an der derzeitigen Situation insbesondere der Bürokratismus: "Die Durchfahrerlaubnis muss jedes Jahr aufs Neue beantragt werden." Und auch die Höhe der Gebühr. Sein Ansatz, aus dem Bauch heraus: "Fünf Jahre Gültigkeit und insgesamt 50 Euro Gebühr." Oder die Kommune übernimmt die Kosten. Auf alle Fälle: "So kann man das nicht stehen lassen."

Die Sondergenehmigung, ausgestellt im Jahr 1984, erlaubt es, amtlich gesperrte Forststraßen zu befahren. 
Foto: Wolfgang Aull | Die Sondergenehmigung, ausgestellt im Jahr 1984, erlaubt es, amtlich gesperrte Forststraßen zu befahren. 

Orts Onkel übrigens trägt eine Fahrerlaubnis für den Weg stets mit sich – ausgestellt 1984 vom damaligen Bürgermeister der Stadt Haßfurt, Rudolf Handwerker, und dem der Gemeinde Theres, Theo Stierhof. Abgestempelt und unterzeichnet. Unbefristet bis auf Widerruf.

Einige Fragen in Sachen Waldweg sind weiterhin offen

Oswald Mantel ist Mitglied im Gemeinderat Theres. Als die Redaktion wegen einer Stellungnahme anfragt, bittet er zu einer Gesprächsrunde: das aus der Landwirtschaft kommende Brüderpaar Stefan und Thomas Weinig stößt hinzu, ebenso Daniel Schonunger, Vorsitzender der Feuerwehr Buch. Zu spüren ist, allen brennt das Thema unter den Nägeln.

"Sollen wir für jedes Fahrzeug extra zahlen? Oder geht die Abrechnung nach Personen?"
Stefan Weinig, Betroffener

Welche Regeln denn aufgestellt würden, fragt sich Stefan Weinig: "Wir haben fünf Bulldogs, einen Häcksler, einen Mähdrescher und drei Pkw. Sollen wir für jedes Fahrzeug extra zahlen? Oder geht die Abrechnung nach Personen?" Sein Bruder Thomas ergänzt: "Wir bewirtschaften die Wässernachswiese, da müssen wir einfach die Strecke befahren."

Stefan und Thomas Weinig nutzen die Strecke, um die Wässernachswiese zu bewirtschaften.
Foto: Wolfgang Aull | Stefan und Thomas Weinig nutzen die Strecke, um die Wässernachswiese zu bewirtschaften.

In der Runde herrscht ebenfalls volles Verständnis dafür, dass Kraus wissen möchte, wer auf dem Weg unterwegs ist. Keiner solle zum Beispiel dort mit dem Quad spazieren fahren. Und nur Bürgerinnen und Bürger aus Buch und Sailershausen sollten einen Passierschein erhalten können.

Wunsch: Ausnahmen für Feste in den Ortschaften

Feuerwehrmann Schonunger, dessen Schwiegerleute in Sailershausen wohnen, drückt noch ein weiterer Schuh: "Feste feiern wir immer gemeinsam. In Buch dreimal im Jahr." Umgekehrt, wenn die Sailershäuser feiern. "Könnten solche Tage nicht von der Regelung ausgenommen werden?"

Oswald Mantel fasst zusammen: In Sachen Nutzung durch die Landwirtschaft seien noch Fragen offen, ebenso die Frage der potenziellen Festbesuche. Die jährliche Neubeantragung nerve und auch die Höhe der Gebühr sei mit Fragezeichen versehen. Was koste der Passierschein im nächsten Jahr, oder in drei oder fünf Jahren?

Laut Schild ist land- und forstwirtschaftlicher Verkehr auf dem Weg erlaubt.
Foto: Wolfgang Aull | Laut Schild ist land- und forstwirtschaftlicher Verkehr auf dem Weg erlaubt.

"Wir wollen einfach nur wissen, was Sache ist." Und eine Lösung, die alle zufriedenstellt. Vielleicht könne eine solche ja durch die Bürgermeister von Theres und Haßfurt herbeigeführt werden, wie damals 1981?

Matthias Schneider (CSU), Bürgermeister der Gemeinde Theres, erklärt auf Nachfrage, dass er die Argumente der Forstverwaltung nachvollziehen könne, wissen zu wollen, wer im Wald unterwegs sei und aus welchen Gründen. "Gerade Motorräder und Quads, aber auch Pkws, haben auch für mich im Wald nichts verloren." Dieser sei zur Erholung und weniger als Verkehrsfläche gedacht.

Auch wenn es eine Abkürzung nach Sailershausen sei, so stelle sich die Frage, ob die 25 Euro nicht auch gerechtfertigt seien, wenn man die Benzinkosten für den Umweg gegenrechne. Die Kosten für die Landwirte indes seien bei den Betriebsausgaben überschaubar.

Runder Tisch wäre eine Chance, aber auch zeitintensiv

Was einen "Runden Tisch" betrifft, meint Schneider: "Grundsätzlich sehe ich einen 'Runden Tisch' immer als Chance, er kostet jedoch Zeit und sicherlich auch für manchen viele Nerven, da unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Wenn Bürger und Uni nicht von ihrem Standpunkt abrücken, ist er kaum gewinnbringend."

Haßfurts Bürgermeister Günther Werner (WG) braucht nur wenige Worte: "Für mich ist die Begründung des Forstamts mehr als nachvollziehbar." Und auch die Höhe der Gebühr von 25 Euro pro Jahr sei angemessen. Da werde er sich nicht einmischen.

Anfang Mai 2025 jedenfalls wird groß gefeiert: 950 Jahre Sailershausen. Sicherlich wurden seit Ortsgründung viele Probleme gütlich gelöst. Vielleicht ja auch – trotz aller Differenzen und offenen Fragen – rechtzeitig bis zur Jubiläumsfeier der Zwist um die Nutzung des Waldwegs.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, dass der Vater von Adrian Ort Inhaber der Sondergenehmigung ist. Richtig ist, dass der Onkel die Fahrerlaubnis besitzt.

 
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