Es ist nur ein einspuriger Weg, der vom Bundorfer Ortsteil Kimmelsbach aus durch den nahe gelegenen Wald in Richtung Birnfeld im Nachbarlandkreis Schweinfurt führt. Für die Ortsbevölkerung aber war er jahrzehntelang eine gerne genutzte Abkürzung dorthin. Doch jetzt ist der Weg für Kraftfahrzeuge gesperrt, ausgenommen sind nur der land- und schließlich nur noch der forstwirtschaftliche Verkehr. Das hat vor Ort für einigen Ärger gesorgt: Offenbar hatte niemand die Einwohnerinnen und Einwohner über die Sperrung informiert. Auch Strafzettel hagelte es bereits.
"Ich habe wirklich gedacht, das ist ein Witz", sagt Martin Gundelach mit Blick auf die Schilder, die von Seiten der Bayerischen Staatsforsten nun am Weg angebracht sind und auf das Durchfahrtsverbot hinweisen. Der gebürtige Kimmelsbacher nutzte die ortsbekannte Abkürzung bisher, um von seinem Wohnort zu seinem Elternhaus zu kommen, wo er sich inzwischen um die familieneigene Landwirtschaft kümmert. Im Schnitt dreimal pro Woche ist er hierfür unterwegs.
Für die Kimmelsbacher ein Umweg von drei Kilometern, aber nicht nur das
Die nun gesperrte Abkürzung bedeute für ihn einen Umweg von rund drei Kilometern pro Fahrt, erklärt Gundelach. Es geht dem 61-Jährigen aber nicht nur um die zusätzlichen Kilometer an Wegstrecke, die er jetzt jeweils auf der Fahrt nach und von Kimmelsbach zurücklegen muss. "So alt wie ich bin, bin ich da gefahren", sagt Gundelach. Schon mit seinen Eltern war er als Kind auf der Strecke unterwegs. Die Benutzung des Wegs sei von jedem geduldet worden, erklärt sein Vater Emil.
Und die Abkürzung nutzten im Grunde alle, die davon wussten. "Früher jeder", sagt Emil Gundelach. "Mittlerweile", schränkt er ein, sei der Zustand des Wegs jedoch so schlecht gewesen, "dass manche lieber den Umweg gefahren sind". Sein Auto sei schon an die Schlaglöcher gewöhnt, fügt Martin Gundelach mit einem Augenzwinkern an. "Es waren aber nicht die Autos, die die Straße kaputt gemacht haben, sondern die Holzlaster und Lkw." Zwei Stück kommen beim Ortsbesuch der Redaktion in Kimmelsbach gerade den Weg entlang. Er wird aktuell neu geschottert.
Mehrere Strafzettel hat Martin Gundelach kassiert, seit das Durchfahrtsverbot in Kraft ist. Den Ersten Anfang September. 50 Euro, und teilweise auch mehr, fallen jeweils dafür an, dass er den gesperrten Weg "verbotswidrig befahren" hat, wie es heißt. Ihm sei klar, dass das rein rechtlich gesehen zutreffe, sagt Gundelach. Inzwischen nimmt er, wenn auch zähneknirschend, den Umweg in Kauf. Und dennoch: "Das geht nicht einfach so." Niemand habe Bescheid gegeben, dass der Weg gesperrt wird. Zumindest eine Begründung dafür und eine bessere Kommunikation hätten sie sich gewünscht, erklären Gundelach und sein Vater.
Auch die Gassigeher stieß das Durchfahrtsverbot vor den Kopf
Ähnlich sehen das Ganze offenbar auch viele andere der knapp 100 Kimmelsbacherinnen und Kimmelsbacher. Die deutlichsten Worte findet Michaela Haas: Es sei "zum Kotzen", dass der Weg nun gesperrt ist, sagt die 57-Jährige. Sie habe ihn jeden Tag genutzt, um mit ihrem Hund in Richtung Wald zu fahren und dort spazieren zu gehen. Sie vertrage die Sonne nicht so und daher sei das gerade im Sommer für sie praktisch gewesen. Von dem Durchfahrtsverbot wusste auch Haas zunächst nichts. "Das geht gar nicht", unterstreicht sie ihren Ärger. Wenigstens die Anliegerinnen und Anlieger sollten den Weg weiterhin nutzen dürfen, findet die 57-Jährige.
Auch Winfried Scheller machte sich bislang des Öfteren mit Fahrzeug und Hund in Richtung Wald auf, um dort spazieren zu gehen. Gemeinsam mit seiner Frau ist der 69-Jährige vor einigen Jahren aus dem Raum Würzburg nach Kimmelsbach gezogen. "Wir haben damals gefragt: Dürfen wir da durchfahren?", erinnert sich Scheller. "Das kannst du machen, da fahren alle durch", habe es geheißen. Das Ehepaar wurde vom jetzigen Durchfahrtsverbot genauso überrascht wie der Rest des Dorfes. Scheller kassierte einen Strafzettel und, da dieser erst Ende des Monats eingetroffen sei, seine Frau ebenfalls.
Warum vorab niemand informiert wurde, fragt auch er sich. "Etliche wären dann nicht betroffen gewesen." Es sei eine "Schweinerei", dass Durchfahrende oder Parkende direkt zur Kasse gebeten und "einfach abgezockt" würden. Eine Karenzzeit sei nicht eingehalten worden. Man hätte doch auch erstmal einen Zettel mit einer Warnung ausgeben können oder einen Wurfzettel an alle, sagt Scheller. Für Gassigehende, aber auch Pilzsammelnde oder Naherholungssuchende wären seiner Ansicht nach indes ein oder zwei Parkplätze vor dem Wald schon eine Hilfe.
Der gesperrte Weg nach Birnfeld beschäftigt viele Kimmelsbacher
Aber nicht nur die Kimmelsbacherinnen und Kimmelsbacher, die das Durchfahrtsverbot unmittelbar betrifft, haben eine klare Meinung zu dem Thema. Berthold Räder etwa, der gerade mit seinem Hund im Ort unterwegs ist, berichtet, dass er den Weg "natürlich" früher auch immer genutzt habe, zuletzt aber aufgrund des schlechten Zustands doch außenherum gefahren sei. "Ok, finde ich es nicht", sagt er dennoch mit Blick auf den nun gesperrten Weg.
Der Weg sei "immer, immer" befahrbar gewesen, erklärt auch Doris Halbig. Zehn Jahre lang war sie dort täglich unterwegs, um in Richtung Hammelburg zur Arbeit zu fahren. Ihr Mann Michael indes, der 24 Jahre Gemeinderat in Bundorf war, berichtet, dass der Weg im Gremium aufgrund der Instandhaltungskosten immer wieder einmal Thema gewesen sei. Es seien aber nicht die Pkw, sondern die tonnenschweren Holzlaster gewesen, die den Weg kaputt gemacht hätten.
Gemeinde und Staatsforsten zum Auslöser für das jetzige Durchfahrtsverbot
Was aber steckt offiziell hinter dem Durchfahrtsverbot? Bundorfs Bürgermeister Hubert Endres (CSU) erklärt auf Anfrage, dass man bislang stets von einer Vereinbarung von früher ausgegangen sei: Die Gemeinde erhielt ein Stück Wald, im Gegenzug sei sie für den Unterhalt der Straße verantwortlich gewesen. Der größte Teil des Waldes gehöre jedoch zu den Bayerischen Staatsforsten und durch den Holzabtransport seien große Schlaglöcher auf dem Weg entstanden. Daher habe man die Vereinbarung prüfen lassen und festgestellt, dass weder bei der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim noch den Staatsforsten eine solche in schriftlicher Form vorliegt.
Auch Heiko Stölzner, der zuständige Forstbetriebsleiter, berichtet auf Anfrage, dass sich herausgestellt habe, dass der Waldweg "nicht öffentlich-rechtlich gewidmet" sei. Er habe daher den Status einer privaten Forststraße und sei Eigentum des Freistaats Bayern. Der Weg diene ausschließlich der Erschließung der Waldflächen und werde zur Bewirtschaftung des Waldes benötigt. "Er ist nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Deshalb wurde nach Klärung der Sachlage der Weg [...] gesperrt und entsprechend beschildert."
"Die Baulast und Verkehrssicherungspflicht liegt bei den Bayerischen Staatsforsten und wird entsprechend für die Waldbewirtschaftung vollzogen, aber eben nicht für den öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen." Alle Anliegerinnen und Anlieger, die "ein berechtigtes Interesse" haben und zur Bewirtschaftung ihrer Flächen den Weg benutzen müssen, könnten dies auch weiterhin tun, erklärt Stölzner und nennt zum Beispiel Waldbesitzer und Landwirte. Der Weg könne zudem im Sinne der Erholungsfunktion nach wie vor zu Fuß oder mit dem Rad genutzt werden.
Widersprüchliche Aussagen zu Karenzzeit und Information der Bürger
Die Beschilderung haben die Bayerischen Staatsforsten im August nach der Genehmigung durch die Landkreise Haßberge und Rhön-Grabfeld angebracht, wie Stölzner berichtet. Die Kontrolle des Durchfahrtsverbots erfolge durch das zuständige Forstpersonal, erklärt er außerdem. Vor Ort hatte es Spekulationen darüber gegeben, etwa ob im Wald Kameras installiert seien. Stölzners Angaben nach gab es auch eine Karenzzeit. In den ersten Wochen nach Sperrung des Waldwegs für den öffentlichen Verkehr sei nur verwarnt und informiert worden.
Bleibt noch die Frage nach der fehlenden Information über das Durchfahrtsverbot. Stölzner verweist hier auf die Gemeinde. Bei einem Ortstermin sei vereinbart worden, dass diese die Bürgerinnen und Bürger informiere. Endres bestätigt das, entgegnet aber, dass die Gemeinde hierzu vom Forst vorab entsprechende Informationen benötigt hätte. In der nächsten Ausgabe des "Gemee Bläddla" sollen diese nun folgen. Für die Kimmelsbacherinnen und Kimmelsbacher, die zwischenzeitlich bereits Strafzettel kassiert haben, kommt das jedoch zu spät.