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Sailershausen
Kein Wahllokal mehr in Sailershausen: Einwohner des Haßfurter Ortsteils kämpfen für eine Wiedereröffnung
Der Urnengang im eigenen Dorf ist vielerorts nicht mehr möglich. Dagegen regt sich Widerstand. Warum die Stadt Haßfurt dennoch an der Schließung festhält.
Bis zur Bundestagswahl werden wohl viele Wahlzettel in diesem Briefkasten in Sailershausen landen. Volker Ortloff (links) und Adrian Ort (rechts) kämpfen dafür, dass das Dorf wieder ein Wahllokal bekommt.
Foto: Josef Lamber | Bis zur Bundestagswahl werden wohl viele Wahlzettel in diesem Briefkasten in Sailershausen landen. Volker Ortloff (links) und Adrian Ort (rechts) kämpfen dafür, dass das Dorf wieder ein Wahllokal bekommt.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 16.02.2025 02:33 Uhr

Das Wahllokal in Sailershausen ist Geschichte. Bei der Kommunalwahl 2020 konnte die Bevölkerung des Haßfurter Ortsteils zum letzten Mal im Feuerwehrhaus des eigenen Dorfes wählen gehen. Bei der Bundestagswahl 2021 ging das schon nicht mehr, ebenso wie bei den Landtags- und Europawahlen, die seither stattgefunden haben. Stattdessen mussten Sailershäuserinnen und Sailershäuser, die nicht per Briefwahl abstimmen wollten, nach Haßfurt fahren.

Auch bei der anstehenden Bundestagswahl am 23. Februar soll es in Sailershausen kein eigenes Wahllokal mehr geben. Für viele Menschen aus dem Ort ist das ein Ärgernis. "Das Kreuz zu machen im Wahllokal ist immer noch das vornehmste Recht des Bürgers", sagt Volker Ortloff (CSU). Er und Adrian Ort (Junge Liste) sind die beiden Sailershäuser, die ihr Dorf im Haßfurter Stadtrat vertreten.

Wähler und Wahlhelfer müssen nach Haßfurt fahren

Ort verweist auf den Beitrag, den die beiden Stadträte und andere Sailershäuser seit Jahren zum reibungslosen Ablauf der Wahl leisten würden. "Wir stellen einen erheblichen Teil der Wahlhelfer", sagt er. "Nicht nur die Wähler müssen jetzt nach Haßfurt, sondern auch die Wahlhelfer." Dabei seien diese in Sailershausen ein eingeschworenes Team. "Wenn jemand krank wird, sorgen wir selber für Ersatz", betont Ort, wie gut auch die Selbstorganisation funktioniere.

Warum Sailershausen kein eigenes Wahllokal mehr hat, begründet der Haßfurter Wahlleiter Robert Barth auf Anfrage dieser Redaktion. So gehe es vor allem um die Einhaltung des Wahlgeheimnisses. Würde eine zu geringe Zahl an Wählerinnen und Wählern ihre Stimmzettel in die gleiche Urne werfen, wäre es zu leicht möglich, Rückschlüsse zu ziehen, wer bei welcher Partei das Kreuz gemacht hat.

Immer mehr Briefwähler, immer weniger Urnenwähler

Das Wählerverhalten habe sich "in den letzten Jahren erheblich hin zur Briefwahlteilnahme verändert", schreibt Barth. Daraus folgt: weniger Urnenwähler pro Wahllokal. Und eben deswegen müssten nun Wahlbezirke zusammengelegt werden, um das Wahlgeheimnis zu erhalten. Auch für den 23. Februar haben laut Barth bereits 3600 Personen aus Haßfurt und den Ortsteilen Briefwahl beantragt.

Bisher war das Feuerwehrhaus in Sailershausen das Wahllokal für den Ortsteil. Doch seit 2021 müssen Sailershäuser Wählerinnen und Wähler nach Haßfurt fahren.
Foto: Josef Lamber | Bisher war das Feuerwehrhaus in Sailershausen das Wahllokal für den Ortsteil. Doch seit 2021 müssen Sailershäuser Wählerinnen und Wähler nach Haßfurt fahren.

Eine Trendumkehr sei nicht zu erwarten, "insbesondere nicht bei der Kommunalwahl 2026". Aber wäre es dann nicht zumindest für die anstehende Bundestagswahl möglich, die Sailerhäuserinnen und Sailershäuser im eigenen Ort wählen zu lassen? Auch das verneint Barth. "Ein Hin und Her je nach Wahlart wird vermieden." Das sei vor allem nötig, um Wahlstatistiken erstellen zu können, die eine Vergleichbarkeit des Wählerverhaltens zulassen.

Nicht nur Sailershausen: Auch andere Ortsteile haben kein Wahllokal mehr

Es ist eine Entwicklung, die nicht nur Sailershausen trifft. Auch die Stadtteile Oberhohenried, Uchenhofen und Großaugsfeld haben ihre eigenen Wahllokale verloren. Damit bleiben in der Kreisstadt noch elf: sechs davon in Haßfurt selbst sowie jeweils eines in Augsfeld, Prappach, Sylbach, Unterhohenried und Wülflingen.

Robert Barth verteidigt die Entscheidung, kleinere Wahlbezirke zusammenzulegen. Das geschehe nicht grundlos und sei in den letzten Jahren auch in anderen Kommunen so gehandhabt worden. Als Beispiele nennt er die Nachbarstadt Zeil. Der Zeiler Bürgermeister Thomas Stadelmann (SPD) bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion, dass es entsprechende Zusammenlegungen gegeben habe. Auch hier sei der Grund die immer kleiner werdende Zahl an Urnenwählern gewesen, erklärt Stadelmann.

Ortloff vermutet Mangel an Wahlhelfern als Hauptgrund

Ein weiteres Problem in Sailershausen: Wahllokale sollen nach Möglichkeit barrierefrei sein, was im Sailershäuser Feuerwehrhaus nicht der Fall ist. Barth lässt nicht unerwähnt, dass daneben auch der organisatorische Aufwand eine Rolle spiele. Je mehr Wahllokale es gibt, desto mehr Wahlhelferinnen und -helfer werden benötigt, und die müssten erst einmal gefunden werden. Circa 180 Personen seien für die Bundestagswahl angefragt worden, teils stünden die Zusagen noch aus.

Volker Ortloff vermutet gerade darin den Hauptgrund für die Einstellung des Sailershäuser Wahllokals. "Meine These: Die Stadt hat zu wenige Wahlhelfer, deswegen versucht man jetzt, ein funktionierendes Team aus Sailershausen in Haßfurt einzusetzen." Dafür, dass das Wahllokal in Zeiten der Kontaktvermeidung während der Corona-Pandemie geschlossen blieb, zeigt er Verständnis, doch jetzt wollen er und andere dafür kämpfen, das Wahllokal in Sailershausen wiederzubeleben.

In diesem Raum im Feuerwehrhaus wurde früher gewählt. Adrian Ort und Volker Ortloff, die beiden Sailershäuser im Haßfurter Stadtrat, engagierten sich dabei als Wahlhelfer.
Foto: Josef Lamber | In diesem Raum im Feuerwehrhaus wurde früher gewählt. Adrian Ort und Volker Ortloff, die beiden Sailershäuser im Haßfurter Stadtrat, engagierten sich dabei als Wahlhelfer.

Und was ist mit der fehlenden Barrierefreiheit? Ja, es gebe ältere Menschen im Ort, die nicht gut laufen können, aber die vier Stufen zum Feuerwehrhaus würde jeder von ihnen noch schaffen, sagt Volker Ortloff – zumindest leichter als die Fahrt nach Haßfurt.

Die magische Grenze: Mindestens 50 Stimmen pro Urne nötig

Dass in Sailershausen zu wenige Menschen an die Urne gehen würden, hält auch Adrian Ort für eine Fehleinschätzung. Die Vorgaben, wie viele Wählerinnen und Wähler pro Wahllokal nötig sind, um das Wahlgeheimnis zu erhalten, sind je nach Wahlart etwas unterschiedlich. Grundsätzlich gilt aber, dass nicht weniger als 50 Stimmen in einer Urne landen dürfen, sonst müssten sie vor der Auszählung mit denen aus einer anderen Urne zusammengeworfen werden.

Tatsächlich lag die Zahl an Urnenwählerinnen und -wählern in Sailershausen bei den letzten beiden Wahlen unter diesem Wert: Bei der Landtagswahl 2023 waren es 42 Personen, bei der Europawahl 2024 nur 32. Adrian Ort argumentiert allerdings, dass viele Sailershäuserinnen und Sailershäuser sich nur für die Briefwahl entschieden hätten, weil sie sonst für den Urnengang nach Haßfurt hätten fahren müssen. Seiner Einschätzung nach hätte eine Wiedereröffnung des Sailershäuser Wahllokals zur Folge, dass die Zahl an Briefwählern im Dorf sinken und die Zahl an Präsenzwählern dafür steigen würde – und zwar so weit, dass auch die 50-Personen-Grenze kein Problem mehr wäre.

Eigenes Wahllokal – auch aus Umweltgründen

Das bestätigen auch weitere Personen aus dem Ortsteil. Adrian Orts Vater Andreas, ebenfalls ein engagierter Wahlhelfer, kündigt an, er selbst werde per Brief wählen, solange kein Urnengang in Sailershausen möglich ist. Ein eigenes Wahllokal für das Dorf befürworte er schon allein aus Umweltgründen. Schließlich werde ja auch viel Sprit verbraucht, wenn Wählerinnen und Wähler extra nach Haßfurt fahren müssen.

Birgit Heinisch berichtet, bei der letzten Wahl sei sie nach Haßfurt gefahren, habe da aber in einem Wohngebiet erst einmal lange nach dem Wahllokal suchen müssen. Ob sie bei der nächsten Wahl dennoch wieder nach Haßfurt fahren oder Briefwahl machen werde, wisse sie noch nicht.

 
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