Der Würzburger Publizist und Autor Wolf-Dieter Raftopoulo hat einen Kulturführer über die Haßberge geschrieben. Neben allseits bekannten Sehenswürdigkeiten wie etwa dem Zeiler Käppele, dem Landschaftspark Bettenburg bei Hofheim oder Schloss Eyrichshof bei Ebern kommen darin viele weitere Sehenswürdigkeiten und Kleinode vor. Teilweise fristen diese ein unscheinbares Dasein, sind aber kultur- und kunsthistorisch nicht weniger bedeutend und geben mitunter noch immer Rätsel auf. Auf Bitte der Redaktion hat der Autor 13 dieser Kulturschätze für eine kurze Vorstellung ausgewählt:
1. Königsberg: Ein Fachwerkhaus mit Rätsel-Inschriften
In Königsberg ist Wolf-Dieter Raftopoulo an der Ecke "Goldene Röhre/Eduard-Lingel-Straße" auf ein Fachwerkwohnhaus gestoßen, das auf den ersten Blick eher gewöhnlich wirkt, aber bei näherem Betrachten eigenartige Reliefinschriften aufweist, wie er berichtet. In Großbuchstaben steht dort in einem Medaillon zum Beispiel "SSESS", was Raftopoulo zufolge für "So stirbt ein Sünder selig" steht. An der Fassade des Hauses kann man gleich mehrere solcher Kürzel, die von oben nach unten und von links nach rechts sowie jeweils auch umgekehrt lesbar sind, entdecken. "Ein altes Haus mit einem Sinnspruch mag nichts Ungewöhnliches sein, aber dass an einem eher schlichten Fachwerkhaus gleich vier Rätsel-Inschriften zu finden sind, macht das Haus ebenso sehenswert wie das Uhrmacherhaus oder das Regiomontanus-Haus", findet der Autor des Kulturführers. Auch diese beiden Häuser sind in Königsberg zu finden.
2. Rotenhan: Die Ruine einer in Franken seltenen Felsenburg
Zwischen Kurzewind und Eyrichshof in der Nähe von Ebern ist im Landkreis Haßberge die Felsenburgruine Rotenhan zu finden. Die Stammburg datiert um das Jahr 1200, wie dem Kulturführer zu entnehmen ist. "Die Burg überdauerte sicherlich nicht mehr als 150 Jahre, möglicherweise nur 100 Jahre, denn ihr Bestehen fiel in die Zeit der sich über Jahrhunderte lang befehdenden Bistümer Bamberg und Würzburg", informiert der Autor. Es sei ein echtes Glück, dass sich ein renommierter Burgenforscher der Ruine der Felsenburg angenommen und diese zu einer Station des beachtenswerten Burgenkundlichen Lehrpfads hat werden lassen, findet Raftopoulo und ergänzt: "Der Typus der Felsenburg kommt in Franken extrem selten vor."
3. Ebelsbach: Ein Stein, der Rätsel aufgibt
An der Ecke "Georg-Schäfer-Straße/Stettfelder Straße" ist in Ebelsbach der sogenannte Rätselstein beheimatet. Fertiggestellt wurde dieser im Jahr 1928, wie Raftopoulo in seinem Kulturführer schreibt. In den Rätselstein sind Gedanken und Reime gemeißelt, die von einem Johann Baptist Andree beauftragt wurden. Das Kuriose: "Die Bedeutung der Inschriften konnte bis heute nicht entschlüsselt werden." Obwohl er günstig an einer Kreuzung gelegen sei, werde der Rätselstein kaum wahrgenommen, berichtet Raftopoulo. "Dabei verdient er Beachtung. Eine Entschlüsselung wäre ungemein interessant."
4. Junkersdorf: Besondere Fresken in der St. Veitskirche
In Junkersdorf bei Königsberg sind Raftopoulo die St. Veitskirche und die darin enthaltenen sehenswerten Fresken besonders in Erinnerung geblieben. "Es sind die gut erhaltenen Farben, Formen und Darstellungen, die dem Besucher beim Betreten der Kirche sofort auffallen", berichtet der Autor. Zu sehen sind auf den Fresken in der Kirche unter anderem der Erzengel St. Michael und der Kirchenpatron St. Veit, der in seiner Martyriumsdarstellung in einem Kessel über dem Feuer sitzt und mit siedendem Pech übergossen wird.
5. Lußberg: Hinweise auf Exorzismus am Veitenstein
"Der sagenumwobene und zugleich wirklich mystisch anmutende Veitenstein lädt zum Entdecken und Nachvollziehen zahlreicher Ritzungen ein", berichtet Raftopoulo über den bekannten Felsen, der in der Nähe von Breitbrunn zu finden ist. Dort lassen sich unter anderem um das Querkelesloch, das am Fuß des Veitensteins gelegen ist, mehrere Ritzzeichungen entdecken. "Die Zeichen um das Querkelesloch legen einen von der Kirche beziehungsweise einem Priester initiierten Exorzismus nahe, denn so sollte etwas Unheimliches, das im Felsen war, gebannt werden", schreibt Raftopoulo.
6. Memmelsdorf: Reich bemalte Brüstungsfelder an den Emporen mit einer Doppelung
Das bei Untermerzbach gelegene Memmelsdorf beheimatet mit der evangelischen Pfarrkirche St. Bartholomäus ein Gotteshaus, das sich als barocker Neubau von 1722/1723 zeigt, wie es im Kulturführer heißt. Die zu dieser Zeit entstandenen Stuckarbeiten und Deckenbemalungen gehen auf den fürstlich sächsischen Hofmaler Johann Schuster aus Coburg zurück. 1739/1740 kam ein weiteres Detail hinzu: "Beim Besuch der Ortskirche beeindrucken die reich bemalten Brüstungsfelder der Emporen", berichtet Raftopoulo dazu. "Wer die Szenenbilder genau betrachtet, stellt fest, dass die Darstellung des guten Sämanns zweimal vorkommt."
7. Zeil: Ein Sühnedenkmal und die 14 heiligen Nothelfer
Mit Blick auf seine Eindrücke aus Zeil am Main hebt Raftopoulo zum einen die Golgothakapelle hervor. Diese könne als Sühnedenkmal verstanden werden, schreibt er. Zurückgehe dieses auf ein Verbrechen: Der Sohn einer wohlhabenden Zeiler Familie hatte einen Zeiler Schulmeister erstochen. "Anscheinend entschloss sich die Obrigkeit von einer Todesstrafe abzusehen, und griff auf ein mittelalterliches Sühnegesetz zurück", so der Autor zum Hintergrund der Golgothakapelle. Ebenfalls hervor hebt er zum anderen die bemalten Emporenbrüstungsfelder in der Heilig-Kreuz- beziehungsweise Friedhofskapelle. Sie zeigen die Abbilder der 14 heiligen Nothelferinnen und -helfer.
8. Walchenfeld: Eine unscheinbare und doch einzigartige Relieftafel
In Walchenfeld bei Bundorf hat Raftopoulo eine graue, unscheinbare Steinplatte entdeckt, die sich jedoch als reiche Reliefarbeit entpuppte, wie er berichtet. Die große Tafel aus Sandstein beinhaltet Szenenreliefs aus der Renaissance. Sie wurde 1553 von Bildhauer Bernhard Friedrich gefertigt. Raftopoulo beschreibt die Platte in seinem Kulturführer als "bemerkenswerte und einzigartige Relieftafel". Dargestellt sind auf ihr Szenen aus der Bibel. Zu finden ist die Tafel in der örtlichen Kirche.
9. Steinbach: Die östlichsten Weinbergslagen Unterfrankens
Die alten Weinbergsterrassen und -treppen in Steinbach bei Ebelsbach geben "beredtes Zeugnis ab, dass auch in diesem Teil Frankens Wein angebaut wurde und wird", berichtet Raftopoulo. Bei den Weinbergslagen Nonnen- und Pfaffenberg zwischen Steinbach und Ziegelanger handelt es sich um die östlichsten Unterfrankens, wie der Autor schreibt. Als besonders eindrucksvoll ordnet er die Winzertreppe ein – eine steile Treppe, über die mehrere, übereinander angelegte Terrassen zugänglich sind. Wie im Kulturführer beschrieben ist, war schon 1327 die Rede von Weingärten am Schön- und am Ebelsberg.
10. Unterhohenried: Flügelalter zum Leben des Heiligen Laurentius und weitere Heilige
In der Pfarrkirche St. Michael in Unterhohenried bei Haßfurt ist unter anderem ein spätgotischer Flügelaltar zu finden. "Dieser kann als eine Auftragsarbeit für die alte Laurentiuskirche von Unterhohenried angesehen werden", schreibt Raftopoulo, "da das Leben des Märtyrers und Heiligen Laurentius Thema der Innenseiten ist." Ist der Altar geschlossen, sind darauf die Heilige Barbara, die Heilige Katharina, die Heilige Anna (Selbdritt mit Tochter Maria und Jesuskind) und die Heilige Margaretha zu sehen.
11. Dörfleins (Lkr. Bamberg): Der größte und bedeutendste Bildstock in der Bamberger Gegend
In Dörfleins bei Hallstadt ist Raftopoulo unter anderem auf eine sogenannte Wetter- beziehungsweise Hagelmarter gestoßen. Es handelt sich dabei um einen Tabernakelbildstock aus Sandstein. Die Höhe der Marter beträgt über 5,50 Meter, wie der Autor zu berichten weiß. Damit sei sie der größte Bildstock im Bamberger Umland. Und, so Raftopoulo: "Man kann sie zurecht als das bedeutendste Flurdenkmal der weiteren Umgebung bezeichnen."
12. Serrfeld (Lkr. Rhön-Grabfeld): Spätgotische Reliefs zum Leben Marias
Die Kirchenburg und Kirche St. Maria in Serrfeld bei Sulzdorf an der Lederhecke sind Heimat anmutiger Reliefkunst der Spätgotik, wie Raftopoulo berichtet. Es gibt dort unter anderem einen dem Autor nach sehenswerten spätgotischen Flügelaltar mit Szenenreliefs aus dem Leben Marias in modernem Arrangement. Dargestellt sind dabei in der linken Flügelseite die Verkündung und die Heimsuchung Marias, in der rechten Flügelseite die Geburt Jesu sowie dessen Beschneidung im Tempel.
13. Kleinbardorf (Lkr. Rhön-Grabfeld): Rätselhafte Hofpforte mit Relief
"Mit Sicherheit die schönste und zugleich rätselhafteste Hofpforte der Umgebung", erklärt Raftopoulo zu einer Rundbogenpforte, die er in Kleinbardorf bei Sulzfeld entdeckt hat. Die Pforte stammt aus dem Jahr 1692. Auf den Sturzinnenbögen zeigt sie "das Relief einer sechsblättrigen Blüte, eines Phi-ähnlichen Symbols, eines Hauptes mit Kopfschmuck, einer Raute mit konkaven Seiten und einer sechsstrahligen Rosette", beschreibt der Autor ein Detail der Pforte in seinem Kulturführer.
Der "Haßberge Kulturführer" von Wolf-Dieter Raftopoulo ist 2022 im RMd-Verlag erschienen und bietet eine "kunst- und kulturhistorische Dokumentation der alten Kulturlandschaft Haßberge". Das Buch konzentriert sich vorrangig auf den Haßbergkreis, streift aber auch die Bamberger, Schweinfurter und Rhön-Grabfelder Gegend. Der Preis für den Kulturführer beträgt 24,90 Euro.