In der Region gibt es einige sagenumwobene Klöster, Kirchen oder Ruinen - und Orte mit ganz besonderer Anziehungskraft. Viele von ihnen sind einen Besuch wert. Wir haben im Buch "Sagen aus Mainfranken" des Schweinfurter Heimatforschers Karl Treutwein (1921-1985) gestöbert und uns umgeschaut. Fünf Tipps für kleine Ausflüge zum Staunen, Wandern und Einkehren.
Tipp 1: Zum Würzburger Käppele, wo Maria ihre Fußspur hinterließ
Vom Nikolausberg auf der linken Mainseite, hoch über Würzburg, grüßt das Käppele. Die nach Plänen Balthasar Neumanns umgebaute barocke Wallfahrtskirche sollte ein Geschenk an Maria sein, die hier als "Herzogin von Franken" verehrt wurde. Besonders schön ist der Aufstieg zu Fuß über die knapp 300 Stufen vom Mainufer aus. Valentin Ickelsheimer schuf 1761 bis 1766 die Treppenanlage mit ihren fünf Podesten. 14 Kapellen mit fast lebensgroßen Figurengruppen des Kreuzweges säumen den Aufstieg.
Früher – so wird erzählt – legten manche Gläubige den Weg gar auf Knien zurück. Pfarrer Josef Treutlein, der die Seelsorge im ehemaligen Kapuzinerkloster übernommen hat, beobachtet, dass auch heute noch einige Pilger auf jeder Stufe des Stationswegs zum Beten innehalten. Denn: "Das Käppele ist ein besonderer Ort."
War die Gottesmutter selbst womöglich hier? Im Bereich der zweiten Plattform des Stationswegs ist links ein Stein mit einer deutlichen Vertiefung zu finden. "Die Legende besagt, dass hier die Heilige Maria auf dem Weg zum Käppele einmal innegehalten und dabei ihre Fußspur hinterlassen habe", sagt der Pfarrer. Der tiefere Sinn: "Wer zum Käppele pilgert, möchte mit Maria in den Fußstapfen Jesu gehen." Wallfahrer setzten noch heute gerne ihren Fuß in die Höhlung. "Ein Männerschuh passt allerdings kaum hinein."
Ein Hinweisschild zur Legende sucht man allerdings vergebens. Dabei sind solche "Fußtritte" aus anderen Städten und Gemeinden bekannt - zum Beispiel am Kunigundenstein am Alten Berg über dem Tal der Gollach bei Burgerroth (Lkr. Würzburg). Dort soll die Heilige Kunigunde ihre Hand-, Knie- und Fußabdrücke hinterlassen haben.
Lage, Zugang und Zufahrt: Das Käppele am Nikolausberg zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Würzburg. Man gelangt am besten zu Fuß über den Kreuzweg zur Kirche. Wer die Stufen nicht laufen kann, kommt mit dem Auto über den Spittelbergweg hinauf, dort gibt es Parkplätze für Menschen mit Gehbehinderung. Die Kirche ist das ganze Jahr über geöffnet. Gottesdienste finden täglich um 9.30 Uhr, sonntags auch um 11 Uhr und 17 Uhr statt.
Einkehrmöglichkeiten: Es gibt einen Kiosk am Käppele mit Kaffeeausschank und Andenkenverkauf. Wer sich stärken möchte, kann auch im nahen Nikolaus- oder Schützenhof einkehren.
Tipp 2: Auf Engelsspuren zum Zabelstein
Die barocke Kirche St. Michael und St. Georg in Michelau (Lkr. Schweinfurt) ist ein Kleinod: Von Balthasar Neumann zwischen 1738 und 1742 errichtet, hat die kleine Dorfkirche auf rechteckigem Grund einen halb aus der Fassade springenden Rokokoturm. Prachtvolle Stuckarbeiten zieren das Innere des Chors und das tonnengewölbte Langhaus. Besonders schön ist der viersäulige Rokoko-Hochaltar mit den seitlichen Durchgängen von 1750.
Und da schweben sie auch schon: die Engel. Kleine, üppige Putten schmücken die beiden Seitenaltäre, am Hauptaltar frohlockt ein ganzer Engelschor. "Manchmal sind es nur Gesichter, viele aber haben Flügel – sie lachen, freuen sich, sind in Bewegung", schreibt der Theologe Georg Magirius in seinem Buch "Frischer Wind auf alten Wegen. Spirituelle Wanderungen durch Unterfranken".
Von Michelau aus kann man über den Steigerwald Panoramaweg auf den Zabelstein wandern, dem mit 489 Metern höchsten Berg des nördlichen Steigerwalds. Der kürzeste Weg führt von Neuhof, einem Weiler bei Altmannsdorf, auf den Berg. Ein Parkplatz ist ausgeschildert. Man läuft etwa eine halbe Stunde auf geschotterten Wegen oder einem daneben angelegten Naturpfad hinauf auf die Höhe.
"Immer wenn Würzburg im Mittelalter von Feinden bedroht war, kam der Fürstbischof auf den Zabelstein", sagt Beate Glotzmann von der Tourist-Information Gerolzhofen. Dort stand einst die mächtigste Burganlage im ganzen Bistum nach der Feste Marienberg. Heute sind nur noch Relikte zu sehen. Dafür lohne sich der Aufstieg auf den 20 Meter hohen, neu errichteten Aussichtsturm, sagt Glotzmann. Wegen seiner Holz-Stahl-Bauweise allein schon ein echter Hingucker. Bei guter Sicht kann man von oben bis in die Rhön, nach Thüringen und in das Steigerwaldvorland blicken.
Wanderung: Der Spazierweg von Neuhof auf den Zabelstein ist gut ausgeschildert. Man läuft etwa 30 Minuten. Wer etwas länger unterwegs sein möchte, kann von Hundelshausen aus loswandern. Wandertipps gibt es bei der Tourist-Info Gerolzhofen, Altes Rathaus – Marktplatz 20, 97447 Gerolzhofen, Tel. (09382) 903512. www.gerolzhofen.de
Einkehrmöglichkeit: Rund um den Zabelstein gibt es einige Gasthäuser. In Altmannsdorf bietet das Gasthaus zum Zabelstein neben fränkischen Spezialitäten auch vegane Gerichte an.
Tipp 3: Wo in Schweinfurt die "tote" Susanna an die Tür klopfte
Mystisch wird es am Alten Friedhof in Schweinfurt. Dort befindet sich an der Südmauer das Grabdenkmal der "auferstandenen Frau": Susanna Alberti, die Gemahlin des Schweinfurter Stadtschreibers und Rechtsrates Adam Alberti. An diesen Grabstein knüpft sich eine schaurige Sage, die Karl Treutwein in seinem 1969 erschienenen Sagen-Buch aufschrieb.
Susanna Alberti soll anno 1564 in einen Starrkrampf verfallen sein. Sie wurde für tot gehalten - und noch in der Nacht im Fackelschein in einem Gruftgewölbe des Alten Friedhofs beigesetzt. Der Totengräber bemerkte einen wertvollen Ring an ihrem Finger. "Voll Habgier schlich er sich in die Gruft, öffnete den Sargdeckel und versuchte, den Ring vom Finger der vermeintlichen Leiche zu ziehen", heißt es bei Treutwein.
Plötzlich richtete sich die Totgeglaubte auf! Jähes Entsetzen packte den Totengräber, der eilig von dem unheimlichen Ort floh. Die wiedererwachte Susanna aber erhob sich, ergriff die Laterne des Totengräbers, ging damit aus dem Friedhof hinaus zu ihrem Haus in der Hellersgasse. Dort zog sie die Hausglocke. Die Magd glaubte ein Gespenst zu sehen und weckte den schlafenden Herrn Alberti. Dieser konnte erst nicht glauben, dass seine Frau noch am Leben sein sollte. Er entdeckte sie frierend im Hof.
Wenig später, so die Sage, schenkte sie ihm ein Töchterchen. Doch Mutter und Tochter starben. Und so wurde Susanna zum zweiten Mal am Alten Friedhof begraben. Die steinerne Grabplatte zeigte sie lebensgroß mit ihrem Wickelkind, ihr Bildnis wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombensplitter zerstört.
Lage: Der Alte Friedhof Schweinfurt war erst Klostergarten, dann Friedhof und ist seit 1949 Grünananlage. Seit der letzten Umgestaltung 2009 ist der Park gegenüber der Heilig-Geist-Kirche ein beliebter Ort für Ruhesuchende. Im Park verteilt können noch weitere historische Grabmäler besichtigt werden. Von 1560 bis 1874 wurden rund 40 000 Schweinfurter Bürger dort bestattet. Adresse: Alter Friedhof, An den Brennöfen 10, 97421 Schweinfurt. Der Friedhof ist ganzjährig geöffnet.
Tipp 4: In den Landschaftspark bei Hofheim, wo künstliche Ruinen und Denkmäler stehen
Einen magischen Landschaftspark hat Christian Truchseß von Wetzhausen rund um die Bettenburg bei Hofheim (Lkr. Haßberge) anlegen lassen. Der Schlossherr (1755-1826) widmete sein Leben nach einer kurzen Militärlaufbahn ab 1787 dem Obst-, vor allem dem Kirschenanbau und der Pflege der kulturellen Hinterlassenschaften. Seine Bettenburger Tafelrunde war ein Zentrum des geistigen Lebens. "Christian Truchseß wurde gern als letzter Ritter bezeichnet oder auch mit Götz von Berlichingen verglichen", sagt Reinhard Schneider. Der Gästeführer vom "Gartenerlebnis Bayern" bietet immer wieder Führungen durch die künstlerisch angelegte Waldanlage an.
Der Landschaftspark hat viel Interessantes zu bieten: Auf dem rund fünf Hektar umfassenden Areal findet man Ritterdenkmäler von Götz von Berlichingen, Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten, es gibt einen Minnesängerplatz, eine Totenkapelle und ein Dichterhaus. Und die künstlich angelegte Burgruine verzaubere auch heute noch die Besucher: "Man fühlt sich dort fernab der Welt und kann prima entspannen", sagt Schneider, der ein Buch über den Garten geschrieben hat.
"Die von Weltschmerz geplagte Seele sollte in dem sanft melancholischen Garten wieder zu frischen Kräften kommen", erklärt Schneider. Englische Landschaftsgärten lösten im 18. Jahrhundert die streng geometrischen Barockgärten ab. Christian Truchseß von Wetzhausen folgte den aufklärerischen Ideen. Die Kraft der Natur könne man auch heute noch bei einer Tour durch den Park spüren, sagt der Gartengästeführer: "Das Naturerlebnis steht immer im Mittelpunkt."
Lage: Der Landschaftspark ist frei zugänglich, die Wege sind beschildert. Von Hofheim kommend Richtung Manau fährt man circa drei Kilometer, dann befindet sich links eine ausgeschilderte Zufahrt zum Landschaftspark. Es gibt Parkmöglichkeiten. Der Fußweg über die Totenkapelle zur künstlichen Burgruine beträgt ca. 500 Meter und ist gut begehbar.
Tipp: Führungen sind nach Anmeldung bei Reinhard Schneider möglich, Tel. (09527) 9520755. Buchtipp: Reinhard Schneider, "Vielfalt und Wandel im Landschaftspark Bettenburg – Die Gartenkunst oder der Mut Natur neu zu denken".
Tipp 5: Unterwegs auf dem Sagen- und Mythenweg rund um Dettelbach
Die Herz-Jesu-Höhe mit dem Jahrhundertdenkmal gehört zu den schönsten Plätzen rund um Dettelbach (Lkr. Kitzingen). "Von dort hat der Betrachter einen einmaligen Blick über das historische Dettelbach, die Weinberge und die Landschaft des Mains bis nach Mainsondheim und Kitzingen", sagt Hermann Göb. Der Ort hat es dem Vorsitzenden des Dettelbacher Wein-, Obst- und Gartenbauvereins angetan, und so entstand 2006 die Idee, dort eine Schutzhütte für Wanderer zu errichten und einen Sagen- und Mythenweg anzulegen.
"Früher wurde uns immer erzählt, dass es eine unterirdische Verbindung nach Mainsondheim, auf die andere Mainseite gibt", sagt Göb. Die Sage über den "Fluchtweg der Ritter von Tetilenbach" halte sich noch immer hartnäckig, auch wenn bei Grabungen nie ein Gang gefunden wurde. "Solche Legenden über unsere Heimat wollten wir weiterleben zu lassen", sagt Göb. So informieren auf dem Sagen- und Mythenweg durch die Weinberge zwölf Tafeln auf einer Strecke von rund zwei Kilometern über Legenden, Landwirtschaft und Weinbau.
Denn: "Selbst die Dettelbacher lieben diesen Wanderweg", sagt Göb. Start der etwa eineinhalbstündigen Wanderung ist das historische Rathaus. Von dort geht es hinauf zur Herz-Jesu-Höhe. Das Denkmal geht auf eine Pilgerreise des Dettelbacher Stadtpfarrers Konrad Lippert zurück. Lippert besuchte im Jahr 1900 Jerusalem und brachte von dort einen Kreuzpartikel mit zurück.
Lage: Der Sagen- und Mythenweg führt vom historischen Rathaus Dettelbach an der Stadtmauer entlang durch die Weinberge. Die gut zwei Kilometer sind in etwa 1,5 Stunden zu bewältigen. Infos: Touristinformation im Kuk Dettelbach, Rathausplatz 6, 97337 Dettelbach, Tel. (09324) 3560.
Tipp: In Dettelbach gibt es viele Einkehrmöglichkeiten wie den Gasthof Engel, das Gasthaus zum Bacchus oder das Restaurant Franziskaner. Sehenswert ist auch das Kunstmuseum Pilger und Wallfahrer.