Der Landkreis Haßberge nimmt in Unterfranken einen traurigen Spitzenplatz ein. Seine Bewohner sind Sieger in der Disziplin Übergewicht. Dies ist einer aktuellen Erhebung der AOK Bayern zu entnehmen. Laut dieser im März 2023 veröffentlichten Auswertung sind 20,4 Prozent der erwachsenen AOK-Versicherten im Landkreis Haßberge stark übergewichtig.
Damit sind die AOK-Versicherten in den Haßbergen nicht nur in Unterfranken weit vorn, was das Übergewicht betrifft, sondern auch im gesamten Freistaat: Im Vergleich mit 70 anderen bayerischen Landkreisen und 25 bayerischen Kommunen landen die Haßbergler auf Platz 2. Nur die oberfränkische Stadt Hof hat noch mehr übergewichtige Erwachsene, nämlich 22,7 Prozent.
Starkes Übergewicht begünstigt Diabetes und Herzerkrankungen
Als stark übergewichtig, also adipös, gilt, wer einen Body-Mass-Index (BMI) über 30 aufweist. "Die Adipositas ist ein Hauptrisikofaktor für Diabetes mellitus Typ 2 und koronare Herzerkrankung“, sagt Dr. Anja Schramm, Leiterin der Versorgungsforschung bei der AOK Bayern. Dies erklärt, warum Adipositas von Krankenkassen als "behandlungsbedürftiges Übergewicht“ eingestuft wird.
Menschen aus dem Norden Bayerns sind öfter übergewichtig als Leute aus dem Süden
Aber warum sind ausgerechnet die Menschen aus den Haßbergen und aus dem Staigerwald öfter übergewichtig als etwa Menschen etwa aus den Kreisen Starnberg, Garmisch-Partenkirchen oder München?
"Hier auf dem Land wird oft noch sehr fettreich gekocht. Meine Oma hat das so gemacht, sie hat es meiner Mutter weitergegeben und meiner Mutter mir“, sagt Sabrina Kolb, die selbst mit Adipositas kämpft und in Haßfurt eine Selbsthilfegruppe gegründet und geleitet hat. Kolb findet, dass gerade in den Haßbergen das Bewegungsangebot gering sei und die Beratungsmöglichkeiten für Betroffene nicht reichten.
Der Krankenstand in den Haßbergen ist laut örtlicher AOK überdurchschnittlich hoch
Mit Verweis auf die ungenügende Datenlage winken Ärzte aus der Region ab, werden sie nach dem Grund gefragt, warum ausgerechnet die Haßberge bei der Fettleibigkeit so weit vorn liegen. Ähnlich beim Landratsamt Haßberge. Der Landkreis Haßberge trägt seit acht Jahren den Titel "Gesundheitsregion Plus", womit zahlreiche Programme zur Gesundheitsförderung verbunden sind.
Franziska Markert weist als Sprecherin der AOK Haßberge darauf hin, dass nicht nur die Prozentzahl der Fettleibigen, sondern "der Krankenstand an sich" in den Haßbergen "überdurchschnittlich" sei. Mit Angeboten zur Bewegungsförderung versuche man gegenzusteuern.
Ältere Bevölkerungsstruktur in den Haßbergen lässt Neigung zu Übergewicht steigen
Laut Anja Schramm von der Versorgungsforschung der AOK Bayern weisen Kommunen oder Kreise mit überdurchschnittlich vielen fettleibigen Menschen einen "niedrigeren sozioökonomischen Status“ sowie eine "ältere Bevölkerungsstruktur“ auf.
Für die Haßberge trifft beides zu. So bezieht der Kreis "Stabilisierungshilfen“ vom Freistaat Bayern. Diese Hilfen erhalten nur Kommunen, die laut Bayerischem Finanzministerium als "strukturschwach gelten beziehungsweise von der negativen demografischen Entwicklung besonders betroffen sind und deren finanzielle Leistungsfähigkeit gefährdet ist“. Zum Vergleich: Der Kreis Starnberg, der bayernweit die wenigsten adipösen Menschen aufweist, zählt zu den reichsten Landkreisen in Bayern.
Auch der Kreis Rhön-Grabfeld und Aschaffenburg sind bei Adipositas-Auswertung vorn
Aber nicht nur der Kreis Haßberge, sondern auch etliche andere Kreise und Kommunen aus Unterfranken sind laut der Adipositas-Auswertung Sorgenkinder. So weist auch der Kreis Rhön-Grabfeld 19,6 Prozent stark übergewichtige Menschen auf. Die Stadt Aschaffenburg verzeichnet 18,9, der Kreis Miltenberg 17,9 und der Kreis Aschaffenburg 17,8 Prozent Übergewichtige. Die Stadt Schweinfurt kommt auf 17,6 Prozent Übergewichtiger und der Kreis Bad Kissingen auf 17,5 Prozent.
Im Mittelfeld liegen der Kreis Kitzingen mit 16,8 Prozent Übergewichtiger, der Kreis Main-Spessart mit 19,1 Prozent, der Kreis Schweinfurt mit 15,7. Die wenigsten Menschen mit starkem Übergewicht leben in der Stadt Würzburg (13,9 Prozent) und dem Kreis Würzburg mit 13,8 Prozent übergewichtiger Menschen.
Spass beiseite, wie kommt dia AOK an die Daten?