
In den letzten Jahren hatte Johanna Bamberg-Reinwand große Ambitionen gezeigt, politisch Karriere zu machen. Zweimal kandidierte die überzeugte Sozialdemokratin bisher für den Landtag; 2018 nur auf der Liste, 2023 dann auch als Direktkandidatin. Mit dem Einzug ins Parlament klappte es zwar nicht, doch immerhin konnte sie ihre Bekanntheit steigern. 2019 wurde sie außerdem Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes im Landkreis Haßberge. Doch eben von diesem Posten ist die 41-Jährige jetzt zurückgetreten.
Ein anstrengendes Jahr: Die Energiereserven sind aufgebraucht
Es mag viele überrascht haben, was sich in den letzten Tagen auf Bamberg-Reinwands Facebook-Seite getan hat. Noch bis Ende Januar teilte die Politikerin immer wieder Ankündigungen und Nachberichte zu Parteiveranstaltungen und anderen politischen Themen, zuletzt ein Video von der Mahnwache für Demokratie am Haßfurter Marktplatz. Doch am Samstag postete sie dann ein Bild von sich, unter dem zu lesen ist: "Manchmal muss man einen Schritt zurück machen, damit es wieder vorwärts gehen kann."
Wer auf das Bild klickt, erfährt, was es damit auf sich hat: "Seit Mittwochabend bin ich nicht mehr Vorsitzende des SPD-Kreisverbands HAS." Sie trete aus gesundheitlichen Gründen zurück, schreibt sie weiter, auch wenn ihr der Schritt nicht leicht gefallen sei. "Das letzte Jahr war beruflich und politisch zu anstrengend. Meine Energiereserven sind mehr als aufgebraucht."
Dabei macht sie klar, dass die SPD ihre politische Heimat sei und das auch in Zukunft bleiben werde. Das betont sie auch im Gespräch mit dieser Redaktion: "Ich brenne für diese Partei. Aber wer für etwas brennt, kann eben auch ausbrennen."
Der Plan, im Wahlkampf kürzerzutreten, hat nicht funktioniert
Im Gespräch beschreibt sie auch, wie es zu der von ihr beschriebenen hohen Arbeitsbelastung gekommen sei. So habe sie sich, als sie 2023 für den Landtag kandidierte, eigentlich vorgenommen, während des Wahlkampfes beruflich etwas kürzerzutreten. Doch das klappte nicht. Die Diplom-Soziologin arbeitet als Referentin für Gleichstellung in der Wissenschaft an der Uni Bamberg. Der Wahlkampf fiel mit der Arbeit an einem wichtigen Projekt zusammen. Gleichzeitig fielen auch noch zwei ihrer Kolleginnen aus, sodass sie noch mehr Aufgaben übernehmen musste.
Nach dieser stressigen Zeit der Doppelbelastung stellte sich für die Politikerin die Frage, wie es weitergehen soll. Immerhin ist Johanna Bamberg-Reinwand verheiratet und hat zwei Kinder – und bei all der Arbeit und dem politischen Engagement solle ja auch noch Zeit für die Familie bleiben, betont sie. "Ich habe länger darüber nachgedacht, welche von meinen Tätigkeiten ich aufgeben kann", sagt sie.
Kein kompletter Rückzug: Weiterhin Vorsitz in Heimatort und Unterbezirk
Die Formulierung zeigt es schon: Ganz zurückziehen aus allen politischen Ämtern will sie sich nicht. So bleibt sie weiterhin SPD-Ortsvorsitzende in ihrer Heimatstadt Zeil, ebenso wie Co-Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Rhön-Haßberge. Als Teil einer Doppelspitze laste dort immerhin nicht so viel Verantwortung auf ihren Schultern wie im Heimatlandkreis, wo sie den Vorsitz alleine innehatte.
Auch bei Veranstaltungen der SPD will sie sich weiterhin engagieren. So wird sie am 8. März wieder zum Weltfrauentag eine Veranstaltung im Zeiler Kino moderieren, am 17. März steht in Zeil die Fahrradbörse der SPD an. Ihr Rücktritt vom Kreisvorsitz sei eine "Abgabe von zu viel an Verantwortung, aber kein Rückzug aus der Politik".
Kein Druck bei der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger
Und wie sieht es mit der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger aus? "Es besteht kein akuter Handlungsbedarf und kein Druck", sagt Bamberg-Reinwand. Immerhin gibt es mit Martin Horn und Steffen Kropp, den Bürgermeistern von Ebelsbach und Rentweinsdorf, zwei Stellvertreter, die die Amtsgeschäfte erst einmal weiterführen können. Laut Statuten könnte die SPD theoretisch ein ganzes Jahr so weitermachen. So hat auch bislang noch niemand für die Nachfolge den Hut in den Ring geworfen – zumindest nicht öffentlich.
Parteifreunde bedauern den Rücktritt, zeigen aber Verständnis
Paul Hümmer, ebenfalls Mitglied im Kreisvorstand, sagt, er finde es bedauerlich, dass Johanna Bamberg-Reinwand den Kreisvorsitz aufgibt. "Die Arbeit lastet auf immer weniger Schultern", spricht er ein allgemeines Problem des Ehrenamtes an.
Und gerade in Bezug auf politische Ehrenämter nennt er noch ein weiteres Problem, das sich zuletzt immer mehr verschärft habe: "Es gibt kein Maß mehr in der Kritik. Die Stimmung ist aggressiver geworden." So habe auch er selbst schon Einschüchterungen aus Richtung der AfD erhalten, das Klima sei immer mehr vergiftet. "Da fragen sich viele: Muss ich mir das antun?"
Wolfgang Brühl kommentiert Bamberg-Reinwands Rücktritt: "Es ist natürlich schade drum. Sie hat gute Arbeit geleistet." Brühl war ihr Vorgänger als Kreisvorsitzender und kann daher aus eigener Erfahrung bestätigen: "Es gibt viel zu regeln, was man von außen gar nicht sieht." Er selbst hatte den Posten 14 Jahre lang inne und hätte sich gewünscht, dass ihn auch seine Nachfolgerin noch einige Jahre länger machen würde. Ihre Entscheidung könne er aber verstehen und sagt mit Blick auf die ernsthaften Folgen, die eine zu hohe Arbeitsbelastung haben kann: "Die Gesundheit ist natürlich wichtiger."