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KREIS HAßBERGE
Listenkandidaten: Wahlkampf in der zweiten Reihe
Harald Pascher (FDP)
Foto: Schmieder | Harald Pascher (FDP)
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:50 Uhr

Könnten Johanna Bamberg-Reinwand, Harald Pascher und Ortwin Pinke bald im bayerischen Landtag sitzen? Wirklich daran glauben tut keiner der drei aus dem Haßbergkreis. Dennoch sind sie überzeugt, mit ihrer Kandidatur wichtige Arbeit für ihre Parteien zu leisten. Sie sind Listenkandidaten und damit nicht direkt mit der Erststimme wählbar. Theoretisch könnten sie ins Parlament einziehen, wenn ihre jeweiligen Parteien ein gutes Zweitstimmenergebnis einfahren. Praktisch dürfte das schwierig werden, denn dafür stehen Bamberg-Reinwand, Pascher und Pinke zu weit unten auf der Liste.

Einzug wäre Herausforderung

„Es wäre schon reizvoll“, sagt Harald Pascher über die Möglichkeit, doch Abgeordneter zu werden. Er steht auf Platz 15 der Unterfrankenliste der FDP. Für realistisch hält er, dass ein Listenkandidat aus Unterfranken für seine Partei in den Landtag kommt. Doch was, wenn andere verzichten und er überraschend doch einzieht? „Ich würde dann die Aufgabe auch wahrnehmen. Es wäre eine Herausforderung.“

Der Eberner Fahrlehrer übernahm 1990 die Fahrschule von seinem Vater. Seine Schwester und sein Schwager arbeiten als angestellte Fahrlehrer bei ihm, sollte er nach München gehen, könnten die beiden die Fahrschule weiterführen. Auch seine Familie würde ihn bei der Kandidatur unterstützen, sagt er. Harald Pascher ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Seit 1996 er Mitglied des Eberner Stadtrats, mittlerweile ist er auch Zweiter Bürgermeister. Seit 2008 sitzt er im Kreistag. Daneben ist er Hauptjugendschöffe am Landgericht und Vierter Vorsitzender des Landesverbands bayerischer Fahrlehrer. Seine politische Heimat habe er bei der FDP gefunden, „weil man da auch unterschiedliche Meinungen innerhalb der Fraktion haben kann“.

Auf die Frage nach seinen politischen Zielen nennt er als erstes die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen. Dafür müsse unter anderem die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessert werden. „Aber ich halte auch nichts von Geisterbussen.“ Fördern würde er auch gerne die Elektromobilität. Wichtig dafür sei aber, dass die Automatikbeschränkung beim Führerschein wegfalle. Denn dann könnten auch Fahrschulen mehr E-Autos einsetzen und ihre Schüler so auf den Geschmack bringen, meint der Fahrlehrer.

Weiter würde er gerne politische Bildung als Schulfach einführen und die Real- und Mittelschulen aufwerten: „Wir brauchen nicht nur Leute mit Abitur, sondern auch wieder mehr gute Handwerker.“

Auch zu Tempolimits positioniert er sich: Er wünscht sich klare Regeln: Innerorts sollten grundsätzlich 30 Stundenkilometer gelten, nur auf Vorfahrtsstraßen die bisher üblichen 50. Ob er mit dieser Forderung bei Autofahrern gut ankommt? „Man sollte nicht immer mit dem Strom schwimmen. Man muss auch mal freche Forderungen stellen“, sagt er.

Auffällig ist, dass der Fahrlehrer einige verkehrspolitische Themen auf der Agenda hat. Auch bei Johanna Bamberg-Reinwand fällt ein Zusammenhang zwischen ihrem Beruf und den politischen Themen auf, die sie besonders bewegen: Die 36-jährige Diplom-Soziologin, die für die SPD antritt, ist Referentin der Frauenbeauftragten der Uni Bamberg, und setzt sich auch politisch für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Auf dieses Thema sei sie aber nicht erst durch ihren Beruf gekommen, betont Bamberg-Reinwand.

Kampf gegen Abhängigkeiten

Einsetzen möchte sie sich für die Entgeltgleichheit, eine Aufwertung sozialer Berufe und eine Teilhabe von Frauen am Arbeitsleben. So kritisiert sie etwa das Betreuungsgeld, das sie als „Herdprämie“ bezeichnet. „Es geht mehr ums Kind, aber die Mutter wurde dabei aus dem Blick verloren.“ Sie sieht vor allem das Problem, dass Frauen, die im Beruf lange pausieren, um sich um die Kinder zu kümmern, in dieser Zeit keine Altersversorgung aufbauen könnten und damit immer auf die Versorgung durch andere angewiesen seien. Gegen die dadurch entstehende Abhängigkeit vieler Frauen will sie kämpfen.

Auch sonst setzt sie sich für Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein, unter anderem in der Bildungspolitik. „Wenn ich im Kindergarten schon sehe, welches Kind mal Karriere machen wird, dann tut mir das in der Seele weh.“ Und noch etwas liegt ihr am Herzen: „Ich bin definitiv ein Europa-Fan.“

Dass sie antritt, obwohl sie mit Listenplatz 17 kaum Chancen hat, sieht sie sowohl als „Dienst an der Partei“ als auch als Möglichkeit, selbst in der Region bekannter zu werden. „Es motiviert auch anders für den Wahlkampf, wenn man weiß, dass man für sich selbst kämpft“, sagt die verheiratete Mutter zweier Kinder, die seit acht Jahren in Zeil wohnt. Allerdings habe sie durch die Kandidatur schon gemerkt, „dass eine politische Karriere etwas ist, das mir gefällt“. Für die Zukunft könnte sie sich also durchaus vorstellen, einmal auf einem aussichtsreicheren Platz zu kandidieren.

Weiter oben auf der Liste seiner Partei steht Ortwin Pinke. Allerdings rechnet kaum jemand damit, dass die recht junge Partei „mut“ überhaupt den Einzug in den Landtag schaffen könnte. Für Pinke, der auf Platz sechs der Unterfrankenliste steht, liegt das auch daran, dass noch kaum jemand die Partei kennt. So bestehe Wahlkampf für ihn vor allem darin, den Leuten erst einmal erklären zu müssen, was das eigentlich für eine neue Partei ist. Dabei seien viele Menschen durchaus überrascht, wenn sie beim Wahl-O-Mat feststellen, dass zwischen ihren politischen Vorstellungen und denen von mut eine große Übereinstimmung besteht.

Politischer Spätzünder

Der 56-jährige Softwareentwickler begann seine politische Tätigkeit relativ spät. 2011 trat er den Grünen bei. Diese verließ er wieder, da ihm der „Ruck zur Mitte“, den die Partei gemacht habe, nicht passte. So schloss er sich der neuen Partei mut an, die Grünen-Aussteigerin und Landtagsabgeordnete Claudia Stamm Mitte 2017 gründete.

Auslöser dafür, auf die Liste zu gehen und sich selbst zu engagieren, sei der Erfolg der AfD gewesen, berichtet Ortwin Pinke. Dem Aufstieg der Rechtspopulisten wolle er etwas entgegensetzen.

Geboren ist Ortwin Pinke in Frankfurt am Main, dann wuchs er in Rheinland-Pfalz auf. Etwa um die Jahrtausendwende kam er nach Franken, 2005 zog er nach Eltmann. Mittlerweile lebt er im Ortsteil Limbach. Zwar hört man am Dialekt, dass er kein gebürtiger Franke ist, doch Pinke ist „mit einer Fränkin verbandelt“.

Kritisch gegenüber Abschiebung

Auf die Frage nach seinen politischen Anliegen, spricht er zunächst über die Flüchtlingspolitik. „Ich halte nichts von Ankerzentren“, sagt er. Dass es zu Spannungen kommt, wenn Menschen „zusammen eingesperrt werden“, sei ja offensichtlich. Außerdem spricht sich Pinke deutlich gegen die Abschiebung gut integrierter Menschen aus. Stattdessen könnte man gerade diese Menschen brauchen, um Probleme im eigenen Land zu lösen, beispielsweise was fehlendes Personal in der Altenpflege angeht.

Ein weiteres Anliegen ist für ihn die Digitalisierung. Er beklagt, dass der ländliche Raum hier immer noch hinterherhinke. Sinnvoll fände er, die Netze in öffentliche Hand zu geben und beim Ausbau „mit den kleinen Sachen anzufangen“. Und mit einem Seitenhieb auf Bundespolitikerin Dorothee Bär meint der Softwareentwickler: „Das geht auch ohne Flugtaxis.“ Ein weiterer Punkt ist die Energiewende. Hier habe er den Eindruck, es fehle ein Gesamtplan zu deren Umsetzung.

An seinen eigenen Einzug in den Landtag glaubt Pinke nicht. Dennoch wolle er „als kleines Stellrad in dem großen Getriebe etwas verändern“.

Johanna Bamberg-Reinwand (SPD)
Foto: Peter Schmieder | Johanna Bamberg-Reinwand (SPD)
Ortwin Pinke (mut)
Foto: Peter Schmieder | Ortwin Pinke (mut)
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Kommentare
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  • J. B.
    So einen Quatsch können auch nur die FDP machen, Leute ohne Erststimme aufstellen als Listenkandidaten, da sieht man wiedermal, dass selbst bei der FDP einige das bayerische Wahlrecht nicht verstanden haben.
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