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Ebern
Kommentar: Die Gesellschaft ist der wahre Verfassungsschützer gegen rechte Umtriebe
Die Strategie rechtextremer Brandstifter zeigt: Es liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, die Wehrhaftigkeit der Demokratie zu erhalten, findet unser Autor.
Bei den Protestzügen gegen die Coronamaßnahmen in Ebern Ende Dezember 2021 liefen auch Menschen mit, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.
Foto: Lukas Reinhardt | Bei den Protestzügen gegen die Coronamaßnahmen in Ebern Ende Dezember 2021 liefen auch Menschen mit, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:06 Uhr

Die Nachricht an sich ist nicht neu. Rechtsextremisten haben nicht angemeldete Corona-Demonstrationen, getarnt als sogenannte Spaziergänge, unterwandert. Auch im Haßbergkreis. Im Zuge der Proteste von Ebern etwa - damals gingen in der Spitze bis zu 500 Menschen auf die Straße - versuchten sie, ihre menschenverachtenden Ideologie in die Region zu tragen, und in die Mitte der Gesellschaft.

Neu aber ist die nun bekanntgewordene Qualität, mit der die Gruppierung "Kollektiv Zukunft Schaffen - Heimat Schützen" auch hier aktiv war - und offenbar weiter ist. Das legt der am Montag von Innenminister Joachim Hermann (CSU) vorgestellte Verfassungsschutzbericht nahe. Er zeigt: Die zivilgesellschaftliche Brandmauer gegen Rechts ist wichtiger denn je.

Rechtsextremisten gehen nicht in den Lockdown

Das Papier widmet sich der Gruppierung gleich auf mehreren Seiten und in unterschiedlichen Kapiteln. Es macht deutlich: Diese Rechtsextremisten gehen nicht in den Lockdown. Genauso wenig wie ihre Ideologie. Und auch nach der Pandemie werden sie nicht verschwinden. Vielmehr nutzen sie jede politische und gesellschaftliche Eruption, um die Spaltung des Landes voranzutreiben. Um die Gräben, die sich inzwischen durch die gesamte Bundesrepublik ziehen, noch tiefer, noch breiter und somit unüberwindbar werden zu lassen. Ihr Ziel ist der Umsturz des bestehenden Systems.

Genau deshalb braucht es Demokraten, die sich diesen Extremisten entschlossene entgegenstellen. Wie jene in Ebern zu Beginn dieses Jahres. Damals mobilisierten Initiativen wie "Ebern ist bunt", "Omas gegen Rechts" oder die Kirchen zu Gegenprotesten. Sie setzten das unmissverständliche Zeichen, dass sich die Mehrheit der Menschen sich nicht von einer rechtsextremen Minderheit instrumentalisieren, sich zu deren Steigbügelhalter machen lässt.

Vertrauen in den Verfassungsschutz beschädigt

Es ist eben diese Zivilgesellschaft, die unsere Verfassung schützt. Keine Behörde vermag das mit vergleichbarer Kraft und Nachhaltigkeit. Auch das hat die Vergangenheit bereits deutlich gezeigt. Darüber hinaus haben die Erfahrungen aus dem NSU haben für berechtigtes Misstrauen gegenüber dem Verfassungsschutz gesorgt. Erkenntnisse von damals -  etwa die dubiose Rolle von V-Leuten im Umfeld der Rechtsterroristen, das Schreddern von Akten, der fehlende Wille zu Aufklärung und Transparenz - legen nah, dass die Behörde mitunter als Teil des Problems verstanden werden kann.

Umso größer ist die Verantwortung, die jedem und jeder Einzelnen zukommt - und damit der vielbeschworenen Zivilgesellschaft. Auf die Initiativen, Vereine und Organisationen, deren Arbeit im Alltag direkten Einfluss auf die Lebenswirklichkeit der Menschen hat. Das mag anstrengend sein, mitunter aufreibend. Doch diese Arbeit ist unverzichtbar, um die Wehrhaftigkeit der Demokratie gegen rechtsextreme Auswüchse zu erhalten.

 
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