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Ebern
Corona-Spaziergang in Ebern: Rechtsextreme Szene marschiert voran
Der Verfassungsschutz hatte erhebliche Bedenken, doch die Demonstration der Impfgegner ist friedlich verlaufen. Allerdings waren unter anderem Anhänger des III. Weges mit dabei.
'Hände weg von unseren Kindern': Mit diesem Transparent gegen die Corona-Impfung führten zwei Männer den Eberner 'Spaziergang' am Mittwochabend an. 
Foto: Lukas Reinhardt | "Hände weg von unseren Kindern": Mit diesem Transparent gegen die Corona-Impfung führten zwei Männer den Eberner "Spaziergang" am Mittwochabend an. 
Martin Sage
 |  aktualisiert: 10.02.2024 00:28 Uhr

Auch am Tag danach konnte Eberns Polizeichef und Einsatzleiter vor Ort Detlef Hauck noch einmal erleichtert zusammenfassen: "In der Summe sind wir mit dem Einsatzgeschehen zufrieden": Bei der als "abendlicher Spaziergang gegen die Spaltung" getarnten Kundgebung von Impfgegnern und Kritikern der Corona-Maßnahmen der Politik war es am Mittwochabend zu keinerlei kritischen Vorfällen gekommen. Und das obwohl die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit gut 500 je nach Perspektive alle Erwartungen oder Befürchtungen bei weitem übertroffen hatte.

Sorgen bei den Einsatzkräften hatte es aber vor allem gegeben, weil das Landesamt für Verfassungsschutz in München Anfang der Woche vor einer Gruppierung gewarnt hatte, die für die Veranstaltung kräftig die Werbetrommel gerührt hatte. Dabei geht um die Gruppierung "Kollektiv Zukunft schaffen - Heimat schützen" (KZSHS), das die Verfassungsschützer als rechtsextremistisch mit ideologischer Nähe zum Neonazismus einstufen und dem sie verfassungsfeindliche Agitation vorwerfen. Über soziale Netzwerke wie Instagram und Telegram hatte das KZSHS den Eberner "Spaziergang" beworben.

Noch am Abend hatte die Polizei festgestellt, dass die Masse der Demonstranten aus dem bürgerlichen Lager kommt. Worunter Teilnehmer zu verstehen sind, die sich auf dem Boden von Demokratie und Verfassung bewegen. Am Donnerstag sprach Polizeihauptkommissar Hauck dann von einzelnen Personen, die seine Beamten identifizieren konnten, weil sie schon in der Vergangenheit wegen ihrer politischen Gesinnung und ihrer Nähe zur rechten Ideologie aufgefallen seien. Dem KZSHS oder anderen Gruppierungen wollte der Eberner Polizeichef die Betreffenden nicht vorschnell zuordnen.

Das Kollektiv allerdings feierte sich selbst noch am Mittwochabend für seine Präsenz vor Ort: Auf Instagram und Telegram etwa findet sich folgender Post: "Heute Abend waren Brüder und Schwestern in Ebern und begleiteten den vorweihnachtlichen Spaziergang gegen die Spaltung."

Sowohl in der Telegrammgruppe des Kollektivs als auch in der des Dritten Wegs bestätigten Mitglieder ihre Teilnahme am Eberner Spaziergang.
Foto: Screenshot: Redaktion | Sowohl in der Telegrammgruppe des Kollektivs als auch in der des Dritten Wegs bestätigten Mitglieder ihre Teilnahme am Eberner Spaziergang.

Gegenüber der Redaktion wollte sich niemand als Anhänger des KZSHS zu erkennen geben. Dies gilt auch für Mitglieder oder Sympathisanten der als rechtsextrem eingestuften Kleinpartei "Der Dritte Weg", die noch während der laufenden Aktion in Ebern postete: "Soeben spazieren hunderte Bürger durch die Innenstadt von Ebern. Sie alle fordern ein Ende der Corona-Zwangsmaßnahmen. Auch Mitglieder unserer Partei unterstützen die Proteste vor Ort."

Verfassungsschutz bestätigt Teilnahme von Extremisten

Am Donnerstagmorgen machte eine Leserin die Redaktion aufmerksam, dass Personen, die in Ebern mit dem Transparent "Hände weg von unseren Kindern" den Demonstrationszug lautstark angeführt hatten, zuvor mehrmals auch bei Kundgebungen des Dritten Wegs in Bamberg aufgefallen waren - was die Informantin mit Fotos belegte. Und am Donnerstagnachmittag schließlich bestätigte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz auf Anfrage der Redaktion, dass an dem Spaziergang in Ebern "Personen teilgenommen haben, die der rechtsextremistischen Gruppierung ,Kollektiv Zukunft gestalten - Heimat schützen (KZSHS) sowie der neonazistischen Partei Der Dritte Weg (III. Weg) zugerechnet werden können."

Kleine Gegendemonstration skandiert: Nazis raus

Dass die meisten "Spaziergänger" zumindest geahnt haben müssen, wer da in ihren Reihen oder gar vorweg marschiert, das drückte ein Beobachter vor Ort so aus: "Ebern ist eben ein Dorf und da kennt man sich." Gut 30 Bürgerinnen und Bürger hatten sich deshalb im Umfeld des Bahnhofs, wo der "Spaziergang" startete und endete, zu einer kleinen Gegendemo zusammengefunden, sie konnten Namen derer nennen, die ihrer Überzeugung nach der rechtsradikalen Szene zuzuordnen sind.  "Nazis raus", riefen sie den Impfgegnern und Kritikern der Corona-Politik entgegen. Ein junger Mann, der sich gegen den Abendspaziergang positionierte, sagte: "Wir wissen, dass da ganz normale Bürger mitlaufen. Aber wenn nur eine Handvoll Nazis dabei ist, ist das ein No-Go."

'Wahnsinn - das hätten wir nie gedacht', freute sich eine Spaziergängerin: Dass sich ihr gut 500 Männer, Frauen und Kinder anschließen würden.
Foto: Lukas Reinhardt | "Wahnsinn - das hätten wir nie gedacht", freute sich eine Spaziergängerin: Dass sich ihr gut 500 Männer, Frauen und Kinder anschließen würden.

"Weil man uns die Freiheit raubt"

Davon hatten sich die "Spaziergänger" nicht groß provozieren lassen. Sie pilgerten, begleitet von Polizei und Medien, durch die Stadt, und skandieren Sprüche wie "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit raubt". Es waren Eltern dabei, die sich in erster Linie Sorgen machen, die Corona-Impfung könnte ihren Kindern schaden und eine Nicht-Impfung die Mädchen oder Buben stigmatisieren. Aber es waren auch Männer und Frauen darunter, die aus ihrer Verachtung gegenüber dem Staat, den Medien oder der Pharma-Industrie, die ihnen angeblich alle Freiheiten rauben, keinen Hehl machten. Manche Teilnehmer trugen Fackeln oder hatten Kerzen in der Hand, andere führten Banner mit sich.

Es gab auch eine kleine Gegenkundgebung mit einem eindeutigen Tenor: Kundgebungen, die in Zusammenhang mit Rechtsextremismus stehen, sind ein No-Go.
Foto: Lukas Reinhardt | Es gab auch eine kleine Gegenkundgebung mit einem eindeutigen Tenor: Kundgebungen, die in Zusammenhang mit Rechtsextremismus stehen, sind ein No-Go.

Mit Mund-Nasen-Schutz war kaum jemand unterwegs, obwohl es immer wieder vorkam, dass die Mindestabstände kaum eingehalten werden konnten, insbesondere wenn der doch beträchtliche Demonstrationszug etwa bei einer Straßenüberquerung stockte. Ermahnung seitens der Polizei waren nicht zu hören; die Ordnungshüter schienen erleichtert, dass sie bei keinen gravierenderen Vorfällen einschreiten mussten. 

Organisatoren geben sich nicht zu erkennen

Die Veranstaltung war nicht angemeldet, was laut Polizei eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Belangt werden könnten aber nicht diejenigen, die mitlaufen, sondern nur die Organisatoren. Die sich allerdings nicht zu erkennen geben. Die beiden Männer, die vornweg marschierten und das Transparent mit der Aufschrift "Hände weg von unseren Kindern" trugen, wollten "irgendwie zufällig" an die Spitze des Zuges gelangt sein. "Die Versammlung wäre mit Sicherheit genehmigt worden", wunderte sich noch am Donnerstag Eberns Polizeichef Hauck, dass niemand den Mut hatte, als Verantwortlicher aus der Deckung zu kommen.  

Jeder Kritiker "wird gleich als systemfeindlich eingestuft"

Mancher Spaziergänger waren durchaus bereit, mit der Presse zu reden: Er finde es schlimm, dass jeder, der die Corona-Maßnahmen kritisch sehe, gleich als systemfeindlich eingestuft werden, sagte zum Beispiel einer der Männer an der Spitze des Umzugs. Wie viele andere Gleichgesinnte sieht er sich durch die pandemiebedingten Beschränkungen nicht nur massiv in seiner Freiheit beschränkt. Sondern er glaubt auch, dass die Öffentlichkeit völlig einseitig über das Virus und seine Bekämpfung informiert ist - und dass dies von den Mächtigen so gewollt ist.

Die Polizeipräsenz in Ebern war groß - die Ordnungshüter trugen damit Sorgen insbesondere des Verfassungsschutzes Rechnung.
Foto: Lukas Reinhardt | Die Polizeipräsenz in Ebern war groß - die Ordnungshüter trugen damit Sorgen insbesondere des Verfassungsschutzes Rechnung.

Kurz vor 20 Uhr war alles vorbei

Dass Personen aus der rechtsextremen Milieu unter den Marschierenden sind, wollten am Mittwochabend in Ebern viele "Spaziergänger" einfach nicht glauben; andere erklärten frei heraus, es sei ihnen egal, wenn es um gemeinsame Ziele gehe. Kurz vor 20 Uhr hatte sich die Versammlung, die nach Lesart der Teilnehmer gar keine war, dann wieder aufgelöst.

Für viele Männer und Frauen scheint es die einzige Kundgebung dieser Art gewesen zu sein, weil vor der "eigenen Haustüre", andere hörte man hingegen von ihren Erfahrungen andernorts und davon reden, wie sie sich beim nächsten "Spaziergang" treffen wollen. Die Proteste gegen die Corona-Politik dürften auch in der Region nicht aufhören, schon gar nicht, wenn die Einschränkungen nach Weihnachten schärfer werden sollten. 

Und inzwischen tauscht sich die Szene über einen weiteren abendlichen Spaziergang in Ebern am kommenden Mittwoch aus. 

 

 

 

 
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Das rechte Gesindel sieht man nur dann auf der Straße, wenn die Menschen verunsichert sind und wenn es Probleme in der Gesellschaft gibt . Das rechte Gesindel ist wie ein Parasit oder ein Schimmelpilz der nur altes ungeschützt es Holz befällt.
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  • lutterbeck
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  • schiwa1
    Diese Leerdenker könnten bei ihren Spaziergängen doch gleich zum Impfen gehen, dann hätte ihr Tun wenigstens einen Sinn!
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  • Alfisti
    Wer hinter Nazis hermarschiert ist wohl selber Einer / Eine.
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  • Schottenanger
    Was soll er sein?
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  • dbuettner0815@gmail.com
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  • thomashemmerich@web.de
    Was mir nicht gefällt ist, dass alle die hier mitlaufen und mitgelaufen sind (nein, ich war nicht dabei und werde auch nicht mitlaufen) immer sofort als rechts eingesruft werden bzw als Leute eingestuft werden, die sich für deren Anliegen instrumentalisieren lassen. Klar, das gibt es, aber das ist die Minderheit. Den meisten geht es doch wirklich darum, dass der Staat / die Politik einen Fehler nach den anderen macht (Maskendeals / mangelte Masken & Schutzkleidung / mangelnder Impfstoff / keine kostenlose Tests, dann doch wieder usw) und niemand dafür gerade steht. Ein Versprechen nach dem anderen (Impfpflicht / für geimpfte keine Einschränkungen mehr / kein Lockdown usw.) gebrochen wird, immer mit dem Hinweis, dass dies alles notwendig ist. Doch was hat das alles gebracht? Nichts, rein gar nichts. Nicht falsch verstehen, ich weiß beileibe nicht alles besser, ich bin geimpft und geboostert und leugne den Virus nicht. Mich ärgert aber, dass man das ganze Geschehen nicht kritisieren darf
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  • martinsage
    Hallo "purer-luxus",
    danke für die sachlich-kritischen Anmerkungen. Ich möchte aber in einem Punkt widersprechen. Wir alle, Bürgerinnen und Bürger, Journalisten oder Wissenschaftler, können doch frei die Corona-Maßnahmen der Politik kritisieren. Je nach Überzeugung und Färbung kritisieren sich doch die Politikerinnen und Politiker gegenseitig für die Entscheidungen, die sie zur Bekämpfung der Pandemie treffen oder eben nicht. Siehe jetzt ganz aktuell die Uneinigkeit innerhalb der FDP.
    Wir haben doch eine freie Meinungsäußerung, sofern wir uns auf dem Boden von Demokratie und Verfassung bewegen. Und das beweist doch unter anderem eine Veranstaltung wie diejenige in Ebern.
    Ich wünsche Ihnen ein friedliches und frohes Weihnachtsfest,
    liebe Grüße aus der Redaktion, Martin Sage
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  • Griller
    Wenn unsere Politiker einen*******in der Hose hätten, wäre die allgemeine Impfpflicht schon lange eingeführt, und solche sinnlose Spaziergänge ( ich meine Demos) wären überflüssig.
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  • Mae
    Viel zu viel Raum für die paar Hansel. Geht lieber zum Impfen, damit diese verdammte Pandemie und die flankierenden Maßnahmen endlich aufhören!
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  • lutterbeck
    MAE: Glauben sie wirklich, das die Pandemie und die Maßnahmen dann aufhören?
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  • Mae
    Ja.
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  • Schottenanger
    Was sollten wir tun ihrer Meinung nach?
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  • Mae
    s.o.
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