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Ebern
Ein Zeichen gegen Rechts: Großer Zuspruch bei Gedenkgottesdienst in Ebern
Gebete für die Opfer der Pandemie: Mit der großen Teilnehmerzahl konnte eine gleichzeitig stattfindende illegale Demo von Gegnern der Corona-Maßnahmen nicht mithalten.
Gottesdienst auf dem Eberner Marktplatz: Rund 150 Menschen beteten für die Opfer der Corona-Pandemie.
Foto: Peter Schmieder | Gottesdienst auf dem Eberner Marktplatz: Rund 150 Menschen beteten für die Opfer der Corona-Pandemie.
Christian Licha
 und  Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

Von einem "ungewöhnlichen Anlass an einem ungewöhnlichen Ort" sprach Pastoralreferent Markus Lüttke, als er am Mittwochabend die Menschen begrüßte, die zu einem Gottesdienst auf dem Eberner Marktplatz gekommen waren. Die ökumenische Veranstaltung unter freiem Himmel hielt Lüttke in Vertretung für den im Urlaub befindlichen katholischen Pfarrer Rudolf Theiler gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Bernd Grosser im Gedenken an die Todesopfer der Corona-Pandemie.

Gedenken an Opfer, Solidarität mit Pflegekräften

Angemeldet hatten den Gottesdienst die beiden Kirchen, unterstützt von Stadtrat, Bürgermeister und vielen Vereinen. Zeit und Ort waren kein Zufall: Seit mehreren Wochen rufen Gegner der Corona-Politik jeden Mittwochabend zu unangemeldeten Demonstrationen mit Treffpunkt am Eberner Bahnhof auf. Vielen sind diese illegalen Versammlungen ein Dorn im Auge, zumal sich immer wieder auch rechtsradikale Gruppen an den Demos beteiligten.

Mit dem gleichzeitig stattfindenden Gottesdienst wollten die Kirchen daher "ein Zeichen setzen gegen radikale Einstellungen", sagte Lüttke. Im Gespräch mit dieser Redaktion verrieten auch einige Gottesdienstbesucher, warum sie an diesem Abend zum Marktplatz gekommen waren: "Um Präsenz zu zeigen, dass diese Seite auch Aufmerksamkeit braucht", sagte eine Frau. Eine andere berichtete, sie sei einerseits zum Gedenken an die Opfer von Corona dabei, andererseits aus Solidarität mit Pflegekräften. Für die Teilnehmer der illegalen Demo habe sie "wenig Verständnis".

Auch Politiker lassen sich beim Gottesdienst sehen

Ein Mann kritisierte, dass die Demonstranten am Bahnhof ihre Versammlungen als "Spaziergänge" zu tarnen versuchen. "Dabei ist klar: Die wollen eine Demo machen, aber es findet sich keiner, der die Verantwortung übernimmt." Ein Ehepaar berichtete von einer sehr persönlichen Erfahrung, die ihnen gezeigt habe, wie gefährlich Corona ist: "Wir haben gleich in der ersten Welle eine liebe Bekannte verloren." Der Mann betonte mit Blick auf die Aufmerksamkeit, die die Demos bekommen: "Man muss auch mal die andere Seite zeigen. Das ist die Mehrheit."

Ein 'Zeichen gegen radikale Einstellungen' wollten Pfarrer Bernd Grosser (links) und Pastoralreferent Markus Lüttke mit dem Gottesdienst unter freiem Himmel setzen.
Foto: Peter Schmieder | Ein "Zeichen gegen radikale Einstellungen" wollten Pfarrer Bernd Grosser (links) und Pastoralreferent Markus Lüttke mit dem Gottesdienst unter freiem Himmel setzen.

Und tatsächlich war der Gottesdienst an diesem Abend besser besucht als die Versammlung am Bahnhof. Am Anfang schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf dem Marktplatz auf 100 bis 120. Mit der Zeit kamen noch mehr Menschen dazu, so dass schließlich rund 150 Personen dabei gewesen sein dürften – darunter auch einige Mitglieder des Eberner Stadtrats, Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) und der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel (CSU). Im Gegensatz dazu wurden zum Beginn der Demonstration am Bahnhof gerade einmal 36 Teilnehmer gezählt. Im weiteren Verlauf kamen zwar noch einige Personen hinzu, so dass sich die Anzahl vielleicht verdoppelte, aber dennoch weit unter 100 blieb.

Andere Zahlen versucht das rechtsextremistische und vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz überwachte "Kollektive Zukunft schaffen – Heimat schützen" (KZSHS) in ihrem einschlägigen Netzwerken zu verbreiten. Dort wird von etwa 150 Teilnehmern gesprochen und die Polizei als "uniformierte Schlägertruppe" bezeichnet.

Freude über ein "schönes Zeichen der Solidarität"

Die Politiker Vogel und Hennemann sowie die beiden Geistlichen brachten im Gespräch mit dieser Redaktion ihre Freude über den großen Zuspruch für den Gottesdienst zum Ausdruck. Vogel sprach von einem "schönen Zeichen der Solidarität".

Dabei wurde im Gottesdienst nicht nur für diejenigen gebetet, die an Corona verstorben sind. Es ging beispielsweise auch um Menschen, die im Lockdown unter Isolation leiden, um Schulkinder, die unter Pandemie-Bedingungen nicht gut lernen können und um Berufsgruppen, in denen Menschen durch die Pandemie arbeitslos geworden sind. Die aktuelle Lage könne man nur gemeinsam bewältigen, so die beiden Pfarrer, die zu einem "neuen Miteinander" aufriefen. Das sei auch wichtig mit Blick auf Probleme der Zukunft wie beispielsweise den Klimawandel.

Versuch, den Gottesdienst zu stören, blieb erfolglos

Pfarrer Grosser sagte später im Gespräch mit der Presse: "Wir wollten versöhnlich wirken. Die Polarisierung tut der Gesellschaft nicht gut." Pastoralreferent Lüttke sprach deshalb von kurzzeitigen Überlegungen, auch die Demonstranten einzuladen. "Aber da sind die Brücken noch nicht da", betonte er.

Die Musik zum Gottesdienst kam vom Posaunenchor der evangelischen Kirche Ebern. Die Feuerwehr sperrte die Zufahrtsstraßen zum Marktplatz für den Autoverkehr ab. Ebenfalls präsent war die Polizei, die einen friedlichen Verlauf sicherte. Eine Person versuchte, den Gottesdienst mit lauter Musik zu stören, was jedoch erfolglos blieb.

Illegale Demo am Bahnhof: Polizei lässt keinen Zug durch die Stadt zu

Auf dem Gelände vor dem Bahnhof blieb es während der illegalen Demonstration friedlich. Jedoch leitete die Polizei Bußgeldverfahren ein, weil einige Teilnehmer sich nicht an Auflagen hielten, so Einsatzleiter Detlef Hauck. Da die Demonstration nicht angemeldet war, ließ die Polizei diesmal keinen Zug durch die Stadt zu – die Demonstranten mussten am Bahnhof bleiben.

Zur Demonstration kamen diesmal nur wenige Teilnehmer. Die Polizei ließ einen Marsch durch die Stadt nicht zu.
Foto: Christian Licha | Zur Demonstration kamen diesmal nur wenige Teilnehmer. Die Polizei ließ einen Marsch durch die Stadt nicht zu.

Der junge Mann aus dem Landkreis Bamberg, der sich vor einer Woche spontan als Versammlungsleiter zur Verfügung gestellt hatte, war indes am Mittwoch nicht zu sehen. Wie die Polizei bestätigte, leitet sie gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, weil er als Verantwortlicher am 5. Januar die Demonstration nicht ordnungsgemäß 48 Stunden vorher angemeldet hatte. Dass das auf ihn zukommen würde, hatte ihm die Polizei allerdings bereits mitgeteilt, als er sich als Versammlungsleiter zur Verfügung stellte.

MdL Steffen Vogel betonte im Gespräch mit der Redaktion, das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut. Es könne aber nicht sein, dass man sich nicht an die Gesetze halte und Versammlungen nicht anmelde: "Es ist schade, dass die Regeln bewusst nicht eingehalten werden und die Versammlungen von Rechten instrumentalisiert werden." Jeder müsse sich überlegen, mit wem er gemeinsame Sache macht.

 
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    Der Steffen Vogel muss doch überall dabei sein. Ist ja dem Söder seine rechte Hand.
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  • P. K.
    So wird legal demonstriert, aber das bringen halt nur anständige Bürger zustande.
    Nach Ebern fahre ich deshalb nicht falls es eine Wiederholung gibt, aber in näherer Nähe wäre ich dabei.
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