
Ob Schließung der Buchhandlung Osiander, ob Ende der Postfiliale: Wenn in Haßfurt ein Geschäft dichtmacht, geht es rund in den sozialen Medien. Die Rede ist schnell vom Aussterben der Innenstadt, da wird die Kreisstadt gerne als "Kuhkaff" bezeichnet. Schnell kommen dann Vorwürfe gegen die Stadt: Bürgermeister und Verwaltung sollten mehr tun, um die Entwicklung aufzuhalten. Doch im Rathaus regt sich Widerstand gegen diese Darstellung.
So sei es in den letzten Jahren immer wieder gelungen, für leerstehende Geschäftsräume schnell einen Nachmieter zu finden, betont Stadtkämmerer Wolfgang Hömer. Ja, einige Läden hätten Haßfurt verlassen. Doch im gleichen Zeitraum habe es auch zahlreiche Neueröffnungen gegeben, sodass insgesamt in den letzten zwei Jahren die Zahl an Geschäften in der Innenstadt sogar leicht gestiegen sei. "Und wir haben noch einiges in der Warteschlage stehen", sagt Silke Brochloß-Gerner vom Stadtmarketing. So gebe es durchaus Geschäfte, die "sofort einziehen würden, wenn wir geeignete Räumlichkeiten hätten".
Wenn die Vermieter nicht mitziehen, ist die Stadt machtlos
Bei denjenigen Geschäftsräumen in der Innenstadt, die schon lange leer stehen, handle es sich zumeist um Fälle, in denen die Stadtverwaltung nichts unternehmen könne, so der Kämmerer. Die Stadt könne zwar beraten und Ladenbetreiber an potenzielle Vermieter von Geschäftsflächen vermitteln. Doch wenn diese sich nicht untereinander einig werden, sei die Kommune machtlos.

Wenn Geschäftsräume in der Innenstadt nicht genutzt werden, liege das in den allermeisten Fällen daran, dass Vermieterinnen und Vermieter nicht von unrealistischen Preisvorstellungen abrücken wollen, berichtet Hömer, auch wenn er keine Namen nennen darf. So gehe es teilweise um Geschäftsräume, die eine neue Mieterin oder ein neuer Mieter erst einmal auf eigene Kosten sanieren müsste. Wenn dann noch hohe Mieten verlangt würden, sei das für Leute, die einen Laden eröffnen wollen, zu unrentabel.
"Am Ende des Tages macht der Eigentümer, was er will", sagt Hömer. Wenn jemand also seine Räume lieber leer stehen lasse, als sich bei der Miete verhandlungsbereit zu zeigen, könne die Stadt nichts machen. Doch das seien Einzelfälle, denen auch Positivbeispiele entgegenstünden.
Beratung und Vermittlung: Stadt tut mehr als nur die Pflichtaufgaben
Und die Verwaltung tue bereits deutlich mehr, als sie tun müsse, betonen alle Beteiligten. Wer Geschäftsräume hat, könne sich bei der Stadt melden, die dann versuche, Mieter- und Vermieterseite zusammenzubringen. Außerdem stünden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Rathaus beratend zur Seite, beispielsweise wenn es um Fördermöglichkeiten für nötige Sanierungen geht. "Das ist ja keine Pflichtaufgabe der Stadt", hebt Silke Brochloß-Gerner hervor. "Aber das ist der Stadt einfach wichtig."

Hömer und Brochloß-Gerner haben auch Erfolgsgeschichten zu erzählen. Beispielsweise die von Philipp Schneider, der im Oktober in Haßfurt sein "Genusskontor" eröffnete, nachdem er sich zuvor durch seinen Stand auf dem Wochenmarkt einen Namen gemacht hatte. Oder die Geschichte des Sanitätshauses Mannl und Hauck, das gerade sein Geschäft in der Innenstadt umfassend saniert. "Das würden sie ja nicht machen, wenn es nicht lukrativ wäre", so Wolfgang Hömer.
Pop-up-Store im Kunsthaus: Eine Möglichkeit für Geschäftsleute, sich einmal auszuprobieren
Ein weiteres Beispiel, das sie anführen, ist "Carpe Diem", ein Laden für Blumen und Accessoires, in dem es auch ein kleines Café gibt. Dessen Geschichte zeige auch, dass die Stadt mit einer Aktion auf dem richtigen Weg sei: Dem Pop-Up-Store im Eckhaus zwischen Hauptstraße und Brückenstraße, besser bekannt als Kunsthaus. Hier haben Geschäftsleute die Möglichkeit, die Räumlichkeiten für einen kurzen, begrenzten Zeitraum zu nutzen. So können sie selbst sehen, ob sich für ihre Geschäftsidee in Haßfurt Kundschaft findet. Auch für "Carpe Diem" habe ein erfolgreicher Test im Pop-Up-Store wohl den Ausschlag gegeben, nun auch dauerhaft einen Laden zu eröffnen.

Zwar habe sich die Situation für Einzelhändler durch den zunehmenden Online-Handel verschlechtert. Früher musste man für mehr Auswahl nach Bamberg oder Schweinfurt fahren, heute sei "das ganze Angebot der Welt nur einen Bildschirm entfernt", sagt Wolfgang Hömer. Ein Vorteil der Innenstadt sei aber die große Zahl an inhabergeführten Geschäften, die gegenüber dem Online-Handel mit guter Beratung punkten können.
Nicht mit allem zufrieden: Die Schließung der Postfiliale sieht die Stadt als Problem
Dennoch räumen die Verantwortlichen der Stadt ein, dass sie nicht mit allen Entwicklungen zufrieden sind. Wünschen würden sie sich beispielsweise mehr Abendgastronomie, und auch die für Ende 2025 geplante Schließung der Postfiliale sei unerfreulich. "Wir bemühen uns, dass zumindest ein Postbetrieb in der Innenstadt bleibt", verspricht Hömer.
Doch zur Belebung der Innenstadt gehört nicht nur, Geschäfte in der Innenstadt zu halten. So versuche die Stadt auch, den "Wohlfühlfaktor" zu verbessern. Helfen soll die "grüne und blaue Innenstadt, sprich: mehr Pflanzen und mehr Wasser an öffentlichen Plätzen. Ein gutes Beispiel für eine gelungene Umsetzung sei der Wasserlauf mit den Schweinen am Marktplatz. Ein anstehendes Projekt sei die Begrünung des Pierrelatte-Platzes am Oberen Turm.

Wichtig, um Menschen in die Innenstadt zu ziehen, seien auch Veranstaltungen, vom traditionellen Straßenfest über die verkaufsoffenen Sonntage, die Abendlicht-Konzerte oder das Winterdorf bis hin zur Kirchweih. Wer diese ausrichtet, ist unterschiedlich. In manchen Fällen ist die Stadt selbst der Veranstalter, in anderen ist es der Einzelhandelsverein "Aktionskreis Haßfurt Aktiv" (AHA), wobei die Stadt den Verein finanziell und personell unterstütze.
Kommissarischer AHA-Chef sieht den Einzelhandelsverein in der Krise
Der Verein befindet sich allerdings derzeit in der Krise, wie dessen kommissarischer Vorsitzender Stephan Heinisch im Gespräch mit dieser Redaktion verrät. Mit der Zusammenarbeit mit der Stadt sei er zwar sehr zufrieden, sagt er: "Wir kriegen die nötige Unterstützung." Doch es gebe zu wenige Geschäftsleute, die wirklich mitziehen.
Heinisch führt den Verein kommissarisch seit dem Rücktritt des Vorsitzenden Marco Tonin im Mai 2023. Dauerhaft möchte Heinisch nicht an der Spitze stehen, schon alleine, weil er sein Hauptgeschäft nicht in Haßfurt macht. Dennoch müsse er momentan eine "One-Man-Show" abliefern, um den AHA überhaupt noch am Laufen zu halten.
Über diese Situation hätten er und andere auch die Stadt informiert, woraufhin diese zum Jahresende die finanzielle Unterstützung für den Verein aufgekündigt habe. Zwar laufen Verhandlungen über eine Fortsetzung der Unterstützung, doch sollten diese scheitern, läuft die Unterstützung aus.
Heinisch wünscht sich mehr Aktionen am verkaufsoffenen Sonntag
Heinisch kritisiert unter anderem, Geschäftsleute in der Innenstadt würden sich bei Veranstaltungen wie den verkaufsoffenen Sonntagen zu wenig mit Aktionen einbringen. Es reiche eben nicht, ein paar Ständer herauszustellen und letztlich das Gleiche zu verkaufen, das es an jedem Tag im Laden zu kaufen gebe. Als positives Gegenbeispiel, wenn auch nicht aus der Innenstadt, nennt Heinisch das Möbelhaus XXXLutz. Dieses hole zu verkaufsoffenen Sonntagen viele externe Verkäufer an den Standort und locke mit Rabattaktionen.
Dennoch sieht Heinisch auch in der Innenstadt durchaus Potenzial. "Grundsätzlich gibt es in Haßfurt eine gute Mischung an Geschäften", sagt er. Und es sei gut gelungen, die Leerstände nachzubesetzen.