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Bundorf
Jagd in den Haßbergen: Schießen die Jäger zu viele Rothirsche?
Können die Tiere in Bayerns kleinstem Rotwildgebiet langfristig überleben? Der Forstbetrieb wehrt sich gegen den Vorwurf, die Jagd trage zur Ausrottung bei. Was sagen Tierschützer dazu?
Nötiger Beitrag zum Schutz des Waldes oder Lust am Töten? Die Jagd auf Rotwild im Bundorfer Forst, insbesondere auf einen Brunfthirsch sorgt für Kritik. Der Forstbetrieb wehrt sich dagegen.
Foto: Symbolfoto Boris Roessler, dpa | Nötiger Beitrag zum Schutz des Waldes oder Lust am Töten? Die Jagd auf Rotwild im Bundorfer Forst, insbesondere auf einen Brunfthirsch sorgt für Kritik. Der Forstbetrieb wehrt sich dagegen.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:56 Uhr

Die Haßberge gelten als das kleinste Rotwildgebiet in Bayern. Doch nun hat sich ein Leser an diese Redaktion gewandt, der den Bestand gefährdet sieht. In einer E-Mail schreibt er, im Bereich Bundorfer Forst habe es "seit Urzeiten" eine "vitale Population von Rothirschen" gegeben. Vor wenigen Monaten sei aber der letzte Brunfthirsch erlegt worden, "weil jemand halt gern einen Hirsch schießen wollte" - so zumindest die Gerüchte, die er gehört habe.

Im Gespräch mit der Redaktion berichtet der Mann nun, mittlerweile habe er erfahren, dass es schon noch "ein paar Exemplare" gebe. Seine Sorge um den Bestand bleibe aber. Denn auch wenn er selbst kein Jäger sei, habe er aus Jägerkreisen gehört, dass es nur noch einzelne Tiere gebe, in jedem Fall weniger als früher.

Es geht auch um den "Klimawald der Zukunft"

Heiko Stölzner kann darüber nur den Kopf schütteln. Der Leiter des Forstbetriebs Bad Königshofen sieht zwar ebenfalls eine gewisse Gefahr für den Rotwildbestand in den Haßbergen. Er widerspricht aber der Behauptung, dass dafür Jäger verantwortlich sind. So stört er sich an der Aussage, ein Brunfthirsch sei getötet worden, "weil jemand halt gern einen Hirsch schießen wollte". "Jagd ist notwendig", betont Stölzner - gerade in Zeiten des Klimawandels.

Denn: Die Tiere sorgen für Schäden an Bäumen. Den Forstbetrieben gehe es gerade darum, den "Klimawald für morgen" zu schaffen, sprich: Bäume zu pflanzen und auch durchzubringen, die mit den Herausforderungen des Klimawandels klarkommen. "Wir als Waldbewirtschafter müssen darauf achten, dass eine bestimmte Wilddichte nicht überschritten wird", sagt der Forstbetriebsleiter. "Das richtige Maß ist entscheidend."

Verbiss durch Rotwild: Dieses Bild aus dem Bereich des hessischen Forstamtes Jossgrund zeigt, welche Schäden die Tiere an Bäumen verursachen können.
Foto: Kunkel | Verbiss durch Rotwild: Dieses Bild aus dem Bereich des hessischen Forstamtes Jossgrund zeigt, welche Schäden die Tiere an Bäumen verursachen können.

Deshalb gibt es einen Abschussplan, der festlegt, wie viele Tiere in einem bestimmten Zeitraum maximal geschossen werden dürfen. Die Rotwildhegegemeinschaft und die untere Jagdbehörde legen diesen fest. Daran haben sich alle zu halten, die in dem Gebiet zur Jagd berechtigt sind. Zur Hegegemeinschaft Haßberge gehören circa 30 Jagdreviere, darunter Eigenjagdreviere, Gemeinschaftsjagdreviere und Staatsjagdreviere. Bei den Jägerinnen und Jägern kann es sich also um Pächter oder Eigentümer der Flächen handeln, ebenso wie um die Förster der Bayerischen Staatsforsten.

Der Abschussplan ist "bei weitem nicht ausgeschöpft" worden

Forstbetriebsleiter Heiko Stölzner betont, das sogar weniger Rotwild geschossen wurde als im Plan vorgesehen war.
Foto: Martin Schweiger | Forstbetriebsleiter Heiko Stölzner betont, das sogar weniger Rotwild geschossen wurde als im Plan vorgesehen war.

Beim Abschussplan geht es nicht nur um eine Gesamtzahl an Tieren. Auch das Alter und das Geschlecht spielen eine Rolle. Wie Heiko Stölzner berichtet, hätten in den Haßbergen im Jagdjahr 2021/22 insgesamt 23 Stück Rotwild geschossen werden dürfen, davon sechs Hirsche, acht weibliche Tiere und neun Kälber. Tatsächlich sei der Plan aber "bei weitem nicht ausgeschöpft" worden. "Von den geplanten 23 Abschüssen wurden zum jetzigen Zeitpunkt nur 16 realisiert", teilt er die genauen Zahlen später schriftlich mit. Nur drei Tiere seien im Staatsjagdrevier Großer Haßberg, welches durch die Bayerischen Staatsforsten in Eigenregie bejagt wird, erlegt worden.

"Wir als Waldbewirtschafter müssen darauf achten, dass eine bestimmte Wilddichte nicht überschritten wird."
Heiko Stölzner, Forstbetriebsleiter Bad Königshofen

Und was ist dran an der Aussage, dass "der letzte Brunfthirsch" getötet worden sei? Tatsächlich sei unter den 16 geschossenen Tieren ein Brunfthirsch gewesen - also ein männliches Tier, das alt genug für die Fortpflanzung ist und damit eine besondere Rolle für den Erhalt der Population spielt. Dieser sei im Herbst in einem Gemeinschaftsrevier erlegt worden, das sich mehrere Jäger teilen.

Gibt es immer wieder neue Brunfthirsche?

Auch wenn der Forstbetriebsleiter herausstellt, dass das Tier somit von einer Privatperson und nicht von einem Förster im Staatsdienst getötet wurde: An dem Abschuss kann er nichts Schlimmes erkennen. Er sei im Einklang mit dem Plan gewesen, und auch die Befürchtung, dass es den Bestand gefährden könne, wenn ausgerechnet ein Brunfthirsch wegfällt, sei falsch. Denn es gebe noch genug andere Hirsche, die dann "in die nächste Generation aufrücken", sagt er. "Es wird also immer wieder neue Brunfthirsche geben."

Die Wildbiologin Dr. Christine Miller meint hingegen, mit dieser Aussage mache es sich der Forstbetriebsleiter etwas zu leicht. Um die Rolle des Brunfthirsches ausfüllen zu können, müsse das Tier schon ein gewisses Alter haben – mindestens zehn Jahre, sagt sie. Wenn also das nächste männliche Tier, das aufrücken könnte, beispielsweise erst sieben Jahre alt wäre, wäre es mit der Aufgabe überfordert. Die konkrete Situation in den Haßbergen kenne sie zwar nicht. Doch die Aussage, dass immer ein anderer Hirsch da sei, der die Rolle übernehmen kann, sei ihr zu verallgemeinernd.

Keine Verbindung zu anderen Rotwildgebieten

Miller ist Vorsitzende des Tierschutzvereins "Wildes Bayern". Mit diesem wolle sie den konkreten Fall untersuchen und genau unter die Lupe nehmen, ob der Abschussplan in den Haßbergen im Rahmen sei oder ob dort zu viele Tiere geschossen würden. Sie verweist darauf, dass ein artgerechter und gesunder Wildbestand auch eine gesetzliche Vorgabe sei. Dafür sei neben der Zahl an Abschüssen auch die Altersstruktur entscheidend.

Durch den Abschussplan gibt es für die Jäger genaue Vorgaben, wie viele Tiere sie höchstens erlegen dürfen, um den Bestand nicht zu gefährden. Aber ist dieser Plan richtig bemessen?
Foto: Bernd Wüstneck, dpa | Durch den Abschussplan gibt es für die Jäger genaue Vorgaben, wie viele Tiere sie höchstens erlegen dürfen, um den Bestand nicht zu gefährden. Aber ist dieser Plan richtig bemessen?

Forstbetriebsleiter Stölzner  ist überzeugt: Wenn es eine Gefährdung der Population in den Haßbergen gebe, dann habe diese andere Gründe als die Jagd. Das größte Problem: Beim Rotwildgebiet Haßberge handle es sich um ein "kleines Inselvorkommen". Sprich: Es gibt keine Verbindung zu anderen Rotwildgebieten. Wanderbewegungen zwischen verschiedenen Gebieten sind stark eingeschränkt, unter anderem durch Autobahnen, die den Weg abschneiden. So gebe es kaum eine Gelegenheit zu genetischem Austausch zwischen der kleinen Population in den Haßbergen und den Tieren in anderen Regionen.

Inzucht könnte zum Problem werden

Die Folge dieser Isolation könne Inzucht sein. Wie viele Tiere es insgesamt gibt, lasse sich bei Wildbeständen nicht genau ermitteln, lediglich schätzen und hochrechnen. Stölzner geht in den Haßbergen von rund 60 bis 80, maximal aber 100 Tieren aus. "Hierbei befindet man sich nach wissenschaftlichen Angaben an der Untergrenze einer in sich überlebensfähigen Population", schreibt er. Wissenschaftliche Untersuchungen dazu, ob eine "Inzuchtdepression" in den Haßbergen zu erwarten ist, gebe es aber nicht.

Das ändere aber nichts an der Sinnhaftigkeit der Bejagung: "Der momentan festgelegte Abschussplan von 23 Stück ist bemessen auf die Erhaltung der Gesamtpopulation und sichert aus jagdlicher Sicht deren Existenz."

"Wildes Bayern" fordert eine Auflösung der Rotwildgebiete

Biologin Christine Miller zeigt sich etwas optimistischer, was den genetischen Austausch angeht: Gewisse Wanderungsbewegungen, beispielsweise zwischen den Haßbergen und dem Spessart, gebe es schon. Allerdings hält auch sie es für ein Problem, wenn Rotwildgebiete voneinander abgeschnitten sind. Gerade deshalb ist eine Forderung ihres Vereins "Wildes Bayern" die Auflösung der Rotwildgebiete, die aktuell 14 Prozent der bayerischen Landesfläche ausmachen.

Denn Abschusspläne, die es verbieten, zu viele Tiere zu schießen, gibt es nur in den ausgewiesenen Gebieten. Überall sonst seien die Jäger dazu angehalten, jedes Stück Rotwild zu erlegen. Ziel der Wildtierschützer wäre dagegen, dass überall eine gewisse Rotwildpopulation leben darf. "Eine Bejagung gäbe es ja dann immer noch, aber die Tiere könnten sich frei bewegen."

 
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  • G. W.
    Gleich als Erstes: Wildtiermanagement durch Hege und Jagd ist notwendig.

    Waldschutz und Waldbewirtschaftung ist auch wichtig.

    ( Man sollte aber auch mehr Mut aufbringen, Natur sich öfter selbst zu überlassen ).

    An den derzeitigen Strukturen gibt es trotzdem einiges zu kritisieren !

    Was wirklich wichtig wäre, das ist der Beruf Wildpfleger/in ( Ranger ).

    Dieser Beruf, analog zu Förster/in für den Baumbestand, würde sich dann um den Wild-Bestand kümmern.

    Die Forstämter würden dadurch sogar aufgewertet.

    Und interessierte Jäger/innen könnten da auch nebenberuflich tätig sein.

    Was ich nicht akzeptieren will, das ist die Hobby-Jagd für Menschen, die es sich leisten können, ein Jagdrevier zu pachten.

    Solange Politiker*innen, Jurist*innen oder Ärzt*innen, Firmen-Boss*innen und deren Freund*innen mit dem dicken Geldbeutel durch die Wälder streifen und ihrem Hobby

    " Tiere töten und rumballern "

    nachgehen können,
    solange glaube ich nicht
    an Wald-und Waidgerechte Naturraumpflege.
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  • T. R.
    Das der Abschuss von einem Hirsch an gut betuchte Jagdgäste verkauft wird ist ja längst ein alter Hut und da braucht sich das hiesige Forstamt auch nicht rauszureden . Der hohe verbiss und die schälschäden beruhen tatsächlich darauf das das Wild egal ob Reh oder Rotwild zum Äsen nicht mehr auf freien Flächen bewegen kann . Zum einen fehlt jegliche Deckung weil alle Büsche und Stauden dem Landwirt ein Dorn im Auge ist , dann der hohe Freizeitdruck der Gesellschaft zu jeder Tages und Nachtzeit mit Mountainbike Quad und ähnlichem wir die Flur erkundet dann noch so einzelne Hundehalter die zu faul zum laufen sind und Fifi vom Auto aus oft in der Dämmerung wenn das wild Austreten möchte oder morgens wenn es noch auf dem Feld steht am besten noch mit Fernlicht damit der Autotiurist auch was sieht und stört somit Reh und Hirsch .
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  • H. M.
    stellt fest, alle drei Jahre wieder!

    Die Herren Jäger regen sich jedes Mal über den Abschussplan auf, aber erfüllen ihn doch?
    Alle Jäger sagen, sie können den Plan nicht erfüllen, deshalb schreiben sie halt die Zahlen so rein, dass der Plan erfüllt wird!

    Der Förster, der den Bestand aufnimmt wundert sich, dass sich trotz Erfüllung des Planes nichts verbessert hat und hebt den Abschussplan!

    Besser wäre, wenn alle genau die Zahlen schreiben würden wie erlegt.
    Da die Herren Jäger offensichtlich nicht in der Lage sind, sollten sich die UNB die Trophäen bei jedem Abschuss vorlegen lassen und Markieren.

    Waidmanns Heil!
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  • G. G.
    Egal ob Land.- oder Forstwirtschaft es gibt immer einen Grund zum jammern... warum steht das Wild im Wald ? Richtig, weil es nicht auf die Fläche kann ...da ist jetzt lieber ein Maisacker für Biogass traurig und schon kommt die nächste Gefahr...Wildschweine zwinkern u.s.w.
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  • M. N.
    Sehr geehrter Herr sigoeroa, für einen wirtschaftlichen Waldbestand braucht man nicht jedes gepflanzte bzw. gewachsen Pflänzchen. Ich bin aber der Ansicht, wenn zuviel verbissen ist muss eingegriffen werden. Wir sind aber im Artikel nicht beim Reh sondern beim Rotwild.
    Der Forstbetriebsleiter Stölzner hat recht, die Jäger sind nicht verantwortlich für den schlechten Rotwildbestand, sondern die Förster.
    Es gibt einen Abschussplan, der festlegt was geschossen werden darf und muss, der darf überfüllt werden und die Forstpartie als Berater hat Einfluss auf die Höhe des Abschusses.
    „Der Abschussplan ist "bei weitem nicht ausgeschöpft" worden. Nur drei Tiere seien im Staatsjagdrevier Großer Haßberg, welches durch die Bayerischen Staatsforsten in Eigenregie bejagt wird, erlegt worden.“

    Wo nichts ist kann nichts geschossen werden.
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  • R. G.
    Hier zählt mal wieder Geld mehr, als ein Leben.
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  • G. R.
    Für Rotwild gibt es gesetzlich festgelegte Gebiete, wo es geduldet wird. Wer seinen Kopf da rausstreckt, darf geschossen werden.
    Wenn es sich überall aufhalten dürfte, wie z. B. der Wolf, wäre die Gefahr der genetischen Verarmung weitgehend gebannt.
    Aber der Wolf ist gut, Rotwild böse....
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  • F. D.
    Ein Abschussplan-Soll von 23 Stück, tatsächlich konnten nur 16 Stück erlegt werden. Das zeigt doch, dass weniger Individuen in den Haßbergen leben als geschätzt.
    Der Soll-Abschuss ist zu hoch angesetzt und sollte die nächsten Jahre erheblich gesenkt werden damit der König der Wälder auch in Zukunft noch eine Heimat in den Haßbergen hat.
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  • G. R.
    Alle diejenigen, denen sowohl Hirsch als auch Reh noch nie Schaden an ihrem Waldbesitz angerichtet haben, sollten sich einmal die Schäden vor Ort ansehen. Ob sie dann immer noch dafür sind, dass keine Tiere entnommen werden dürfen? Ih muss in jedem Jahr viel Geld aufbringen, damit ich die gepflanzten Bäumchen einigermaßen ohne Verbiss- bzw. Schälschäden hoch bringe. Dafür erhalten ich von den "Wildschützern" keinen Cent.
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  • T. R.
    Sie vergessen die Hasen , das sind auch ganz böse Viecher wenn’s um verbiss geht, aber für die kein Wildschaden ersetzt werden muss
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