Tierschützerinnen und Tierschützer sind entsetzt, Gegner der Jagd sowieso: Am späten Montagnachmittag hat auf jener Wiese, die sich wie eine Insel zwischen den beiden Main-Armen von Kraftwerk und Schleuse Knetzgau erstreckt, ein Jäger einen freilaufenden Hund erschossen. Der Aufschrei ist umso größer, als das Tier zunächst noch lebte, der Jäger jedoch verschwand. Bei dem getöteten Tier handelt es sich um den Hund eines Ehepaars aus Österreich, das mit seinem Kanu kurz zuvor am Mainufer angelandet war.
Von diesem Vorfall hatte die Polizeiinspektion Haßfurt die Öffentlichkeit am Donnerstag in Kenntnis gesetzt. Am Freitag nun konnte die Redaktion mit dem Schützen sprechen. Der Jäger, ein Mann im fortgeschrittenen Alter, verteidigt nicht nur seinen Schuss auf den Vierbeiner, sondern auch sein Verhalten danach. "Ich hatte keine Wahl, ich musste schießen", sagte der Weidmann, denn der freilaufende Hund habe einen Hasen gehetzt und sei kurz davor gewesen, das Tier zu reißen. Da sei es seine Pflicht gewesen, einzugreifen. Der Mann aus dem Haßbergkreis verweist auf die strengen Naturschutzregeln in den Mainauen, Hunde seien an einer maximal zwei Meter langen Leine zu führen.
"Natürlich hätte ich nicht geschossen, wenn ich Menschen gesehen hätte", erklärt der Jäger. Von dem Ehepaar, das wohl noch unten am Fluss war, will er die ganze Zeit nichts gesehen haben. Er schieße auch ganz sicher nicht gerne auf Hunde, sein eigener Vierbeiner sei wie ein guter Freund für ihn.
Von der Brücke aus den freilaufenden Hund entdeckt
Am besagten Nachmittag will der Jäger eine Art Kontrollfahrt in seinem Revier gemacht haben, um zu sehen, wo Mähdrescher im Einsatz sind, wo also Wildtiere gefährdet sein könnten. Dabei habe er weder seinen Jagdhund noch sein Jagdgewehr, sondern nur eine Kleinkaliberwaffe dabei gehabt. Dann habe er, von der Brücke über den nördlichen Mainarm kommend, auf der Wiese nördlich des Kraftwerks den "sehr großen Hund", eine Art Schäferhund, entdeckt, der kurz davor gewesen sei, einen Hasen zu reißen. Der Hase habe in Todesangst geschrien.
Auch, weil er in dem betreffenden Bereich zuletzt zwei "gerupfte Hasen" und in der Nähe ein gerissenes Reh aufgefunden habe, habe er deshalb auf den Hund angelegt, wie es eben seine Pflicht als Jäger sei. Das Tier habe nach dem Schuss aber einen Haken geschlagen, sei weitergelaufen und aus seinem Sichtfeld verschwunden. Der Jäger war sich offenbar bewusst, sein Ziel getroffen zu haben – wie schwer das Tier verletzt war, habe er nicht erkennen können.
Das Nachladen der Waffe hat dem Jäger zufolge nicht funktioniert
Dann will der Mann versucht haben, nachzuladen, aber da habe der Verschluss seiner Kleinkaliberwaffe nicht funktioniert. Ohne seinen Jagdhund und ohne Waffe habe er dem Hund aber nicht nachsetzen wollen. "Ich bin nicht einfach verschwunden, ich hätte selbstverständlich nachgesucht. Ich bin nur nach Hause, um mein Jagdgewehr und meinen Hund zu holen." Doch da habe schon die Polizei bei ihm angerufen.
Dass seine Aktion bei Knetzgau (aber auf Haßfurter Gemarkung) Entsetzen unter Tierfreunden auslöst, ist dem Mann bewusst. Aber auch Jägerinnen und Jäger distanzieren sich vom Schusswaffengebrauch gegen wildernde Haustiere. Im Gespräch mit dieser Redaktion am Donnerstag hatte es Egon Frank, der Vorsitzende der Kreisgruppe Haßfurt des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), praktisch zum Tabu erklärt, auf wildernde Hunde anzulegen.
Der besagte Weidmann kontert damit, dass es nun einmal Gesetze zum Schutz der Natur und der Wildtiere gebe und diese Gesetze eben auch durchgesetzt werden müssten. Dabei ist der Jäger schon des Öfteren mit Menschen in seinem Jagdrevier und auch mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Im Gespräch mit der Redaktion räumte er ein, dass er derjenige gewesen sei, den das Amtsgericht Haßfurt 2020 zu einer Geldstrafe verurteilt hatte, weil er nach Überzeugung des Gerichts zwei Reiterinnen bedroht hatte, die ein freilaufender Hund begleitete. Dabei soll er auch die Worte ausgesprochen haben: "Ich knall das Pferd und den Hund ab", weswegen eine der Reiterinnen damals den Polizeinotruf wählte.
Polizei Haßfurt: Es wird ein Strafverfahren geben
Kurt Etzel, Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, kündigte am Freitag auf Anfrage der Redaktion ein Strafverfahren gegen den Jäger an. Die Ermittlungen liefen noch, nach ihrem Abschluss würden die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Bamberg übergeben. Ob und wo genau Verstöße gegen das Jagdgesetz oder Tierschutzgesetz vorliegen, müsse jetzt geklärt werden. Es sei gespannt, was jetzt auf ihn zukomme, hatte der Jäger selbst zuvor gesagt mit Blick auf die möglichen Konsequenzen seines tödlichen Schusses vom Montag.
Bei den wirklich sportlich orientierten Schützenvereinen wird nur noch mit Luftgewehren oder elektronisch geschossen. Das reduziert auch die Bleiverseuchung in der Umgebung. Den Mitgliedern, die Waffen für scharfe Munition erwerben wollen, geht es nicht immer um den Sport.
Und einigen Jägern geht es ebenso auch nicht immer nur um die waidmännische Ethik.
Es ist wohl schon ein Unterschied, ob Jemand berechtigt ist, in der Öffentlichkeit, eine geladene, schussbereite Waffe Zugriffsberechtigungen (geladen) am Körper zu tragen (Waffenschein) oder ob Jemand berechtigt ist Waffen zu besitzen und diese mit entsprechenden Auflagen (Zugriffsverhinderung, entladen usw.) zu einem Schießstand zu transportieren(Waffenbesitzkarte) oder die Waffe zur Ausübung der Jagd innerhalb seines Jagdgebietes zu führen.
Oder sehen Sie das anders?