Es ist Haßfurts prominentester Leerstand, das fünfgeschossige Haus in der Hauptstraße 35, an der Ecke zur Brückenstraße. So bekannt und imposant die Immobilie auch ist, so schwer tut sich die Stadt als Eigentümerin damit, eine sinnvolle Verwendung für das altehrwürdige Fachwerkgebäude zu finden. Jetzt präsentiert das Stadtmarketing zumindest ein Konzept für eine Zwischennutzung: Das zuletzt als "Kunsthaus" betitelte Anwesen in der Hauptstraße 35 wird ab Ende April als "temporärer Verkaufsraum in der Innenstadt" für verschiedene Zwecke zur Verfügung stehen.
Die Idee kommt aus Großstädten
Und wie es heute so ist, so gibt es für die aus Großstädten stammende Geschäftsidee auch einen griffigen englischen Fachausdruck: Pop-Up-Store. Die Geschäftsräume des Kunsthauses sollen fortan nicht nur einem Unternehmen dienen, sondern im regen Wechsel den verschiedensten Interessenten. Dazu können sich die Akteure für Tage, Wochen oder maximal drei Monate einmieten. Bürgermeister Günther Werner setzt auf "kleine Gewerbetreibende aus dem Landkreis, neue Geschäftsideen und vielleicht auch wieder Kunst." Auch gemeinnützige Zwecke sind willkommen, da wäre die Stadt auch bei der Miete flexibel.
Das unter Leitung von Silke Brochloß-Gerner stehende Stadtmarketing beschreibt seine Intention in einer Pressemitteilung wie folgt: "Wechselnde Nutzungen, die auch stets die Bedürfnisse der Bevölkerung im Blick haben, sollen Lust auf einen Besuch der Innenstadt machen, zu Frequenz führen und mit Strahlkraft auch Kunden von außerhalb nach Haßfurt locken." Das Konzept will der etablierten Geschäftswelt keine Konkurrenz machen, es geht vielmehr darum, die Innenstadt zum Wohle aller zu beleben.
Auftakt mit Wohltaten rund um Körper und Geist
Wie Christian Plott vom Stadtmarketing auf Anfrage der Redaktion sagte, gibt es schon zahlreiche Nachfragen für das Kunsthaus. Und schon einen offiziellen Starttermin, sofern es die Corona-Pandemie zulässt. Den Auftakt werden vom 26. April bis 8. Mai vier Frauen aus der Region machen, die Geschenkartikel und Feinkost anbieten, die städtische Pressemitteilung wirbt mit "Wohltaten rund um Körper und Geist". Ob als Geschäftsraum, als Experimentierfeld oder Präsentationsfläche, wer immer überzeugende Ideen für die Hauptstraße 35 hat, kann mit der Stadt und dem Stadtmarketing ins Geschäft kommen - auf Zeit.
Vielleicht, so spekuliert man im Rathaus, verläuft das eine oder andere Projekt so gut, dass sich die Geschäftsleute langfristig in Haßfurt ansiedeln - leerstehende Gewerbeflächen gibt es ja einige. Und weil sie nicht gerade einladend wirken, ist der Stadt sehr an ihrer Beseitigung gelegen.
Ab sofort ist vom ZwischenRAUM die Rede
Das Stadtmarketing hat seinem Pop-Up-Store-Projekt den Arbeitstitel "ZwischenRAUM" gegeben. Das ist nicht nur eine Anspielung darauf, das jeder Store-Mieter hier nur zwischenzeitlich tätig werden darf. Der Begriff macht auch deutlich, dass diese Form der Nutzung für das Kunsthaus selbst eine vorübergehende sein wird. Auf die Frage nach der langfristigen Verwendung hat die Stadt allerdings noch keine Antwort gefunden.
Dabei hatte es zuletzt eine so hochtrabende Idee gegeben: Hier sollte die Kunstwelt das Lebenswerk des in Eschenau lebenden Künstlers Herman de Vries bestaunen dürfen. Doch das Museumsprojekt scheiterte 2017 an einer Mehrheit im Haßfurter Stadtrat, die der Überzeugung war, die Kreisstadt könne sich den laufenden Betrieb der Einrichtung auf Dauer einfach nicht leisten. Die Einrichtung des Museums selbst wäre enorm bezuschusst worden. Seitdem herrscht Katerstimmung in der Hauptstraße 35, geblieben ist allein der Begriff "Kunsthaus".
Denn so malerisch das Anwesen auch ist, so problematisch ist bzw. war hier die Kombination aus Einsturzgefahr, Sanierungsbedarf und Denkmalschutz für jede Form der Nachnutzung - rein bautechnisch gesehen, aber auch mit Blick auf die Sanierungskosten. Zuletzt hatten die Räumlichkeiten gelegentlich dem Kulturforum Haßfurt für Ausstellungen gedient.
Seitens des Stadtmarketings hieß es am Montag, die im Winter durchgeführten Notsicherungsmaßnahmen seien abgeschlossen, Einsturzgefahr bestehe also nicht mehr. Am Sanierungsbedarf aber hat sich nichts geändert, Teile der Fachwerkkonstruktion sind noch die Originale aus dem 16. Jahrhundert. Ältere Haßfurter können sich noch daran erinnern, dass die Hypo-Bank hier einst ihren Sitz hatte, später konnten Eltern ihren Kindern bei Spielwaren-Schauer Freude machen und sich Fitnessbewusste zuletzt bei Sport-Weisheit mit dem für ihre Aktivitäten Nötigen versorgen. Die Läden hatten zuletzt auch mit den Nachteilen zu kämpfen, dass Kunden ihre Autos nicht direkt vor der Tür parken können.
Wer sich dafür interessiert, den ZwischenRAUM zeitlich begrenzt für seine Geschäftsidee zu mieten, kann sich dem Stadtmarketing Haßfurt unter der Rufnummer (0 95 21) 68 83 02 oder per E-Mail (stadtmarketing@hassfurt.de) in Verbindung setzen.