Anton Bäuerlein aus Fatschenbrunn war sauer. Seine Urkunde und Nadel, die er kurz zuvor noch vom Bayerischen Umweltministerium erhalten hatte, wollte er zurück nach München schicken. Seine Auszeichnung zum "Grünen Engel" für seine Verdienste um die Umwelt ablehnen.
Der 71-Jährige ist im nördlichen Steigerwald kein Unbekannter. Sein Engagement für den Amphibien- und Fledermaus-Schutz und im Bund Naturschutz allgemein weithin bekannt – und das schon seit etlichen Jahren. Und das ist nun auch im bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz angekommen. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) zeichnete den Fatschenbrunner Ende Juli mit dem "Grünen Engel" aus – allerdings nicht bei einem Festakt in München, sondern Corona bedingt "nur" digital - per Videobotschaft. Bäuerlein erhielt zudem die Urkunde, eine Nadel sowie einen USB-Stick mit der Laudatio Glaubers per Post.
Streitpunkt Hängebrücke
Soweit so gut. Doch dann kam der 11. August. Umweltminister Glauber und sein Parteichef Hubert Aiwanger erlaubten per Ausnahmegenehmigung den Bau der umstrittenen Hängebrücke über das Naturschutzgebiet Höllental im Landkreis Hof. Nicht nur für Anton Bäuerlein ein Angriff auf den Naturschutz. Im Umweltschützer aus Fatschenbrunn wuchs der Zorn auf die Politik in München und die Absicht, den "Grünen Engel" wieder zurück zu schicken.
"Aber das hätte ja auch nichts gebracht, die in München hätten darauf ohnehin nicht reagiert", ahnte Bäuerlein, dass diese Aktion kaum Wiederhall gefunden hätte. Die Urkunde blieb also doch in Fatschenbrunn, wenngleich sie dort sicherlich keinen besonderen Platz erhält und nur für ein Foto hervor geholt wurde.
Doch was haben Kröten und Fledermäuse an sich, dass sich der Rentner aus dem Steigerwald so für ihren Erhalt einsetzt? Stunden und Tage damit verbringt, Fledermäuse zu zählen, zu katalogisieren und Nisthilfen anzulegen? "Es sind einfach schöne Tiere", hat sich Bäuerlein schon beim ersten Zusammentreffen Ende der 80-er Jahre mit den kleinen, blinden Fliegern in sie verliebt. Mittlerweile betreut er rund 400 Fledermauskästen im Steigerwald, die werden mehrmals im Jahr kontrolliert, auch im Winter, wenn die eleganten Navigationskünstler in den Kellern und Stollen Winterschlaf halten . Kein Wunder, dass Anton Bäuerlein mittlerweile auch den Spitznamen "Batman vom Steigerwald" trägt.
Begonnen hat alles allerdings mit Kröten. Um die kleinen Amphibien auf ihrem Weg vom Wald zu den Laichgebieten vor den Autos zu schützen, die zwischen Unterschleichach und Tretzendorf unterwegs sind, stellte der Bund Naturschutz Zäune entlang der Straße auf. Bäuerlein und einige Mitstreiter sammelten die Kröten am Zaun ein und trugen sie über die Straße. Anfang der 90-er Jahre setzte der Bund Naturschutz dann eine nächtliche Straßensperrung per Schranke durch, diese musste also abends geschlossen und am frühen Morgen wieder geöffnet werden. Das kam bei vielen Straßennutzern nicht sonderlich gut an und sorgte auch für Streit.
Und dieser Streit führte dazu, dass Bäuerlein schon einmal eine Ehrung zurückgab. Die kam von der Gemeinde Oberaurach und begründete sich im ehrenamtlichen Engagement des Fatschenbrunners im Amphibienschutz.
Als dann endlich im Zuge der Straßensanierung "Krötentunnel" unter der Fahrbahn angelegt wurden, hatte sich das Schließen und Öffnen der Schranke erledigt, Bäuerlein hilft seitdem im Frühjahr den Amphibien bei Stettfeld über die Straße. Und verstärkte seine Ambitionen für die Fledermäuse.
Klimawandel mindert die Population
Rund um Fabrikschleichach suchte und erneuerte der gelernte Forstwirt im Wald Nistkästen, die gerne auch von Fledermäusen als Quartier genutzt werden. Einzelne Kästen hat er zu Gruppen umgebaut, zwischen Fabrikschleichach und dem Böhlgrund bei Zell sind so etwa 45 "Reihenhäuser" entstanden mit insgesamt 250 Kästen. Und die werden regelmäßig betreut, Schäden behoben und auch gereinigt. "Nur in der Brutzeit Mitte Juni lasse ich die Fledermäuse komplett in Ruhe," weiß Bäuerlein, wann die Tiere ungestört sein wollen.
25 Fledermaus-Arten sind in Deutschland bekannt, 22 in Bayern. Bäuerlein selbst erkennt auf Anhieb allein neun Arten, auch wenn seit 2016 ein starker Rückgang der Population zu beobachten ist. Den Grund ahnt Bäuerlein: Der Klimawandel mit all seinen Folgen, unter anderem die schwindende Zahl an Insekten, der Nahrungsquelle der Fledermäuse. Daran etwas zu ändern, ist dem "Steigerwald-Batman" wichtiger als alle Ehrungen für sein Engagement.