
Er steht immer da, um den Verkehr sicherer zu machen. Doch Ortsunkundige mögen geglaubt haben, die reichlich präsente Polizei hätte ihn eigens für diesen Montagabend errichtet: Den Bauzaun, der den Parkplatz von Gymnasium und Mittelschule in Ebern in zwei Hälften teilt. Hier stehen sich am besagten Montag ab 18 Uhr eineinviertel Stunden lang zwei Gruppen unversöhnlich gegenüber.
Auf der einen Seite etwa 40 selbsternannte Kinderschützerinnen und Kinderschützer, die gegen "Genderterror" und die "Frühsexualisierung" von Buben und Mädchen in Kindergärten und Schulen protestieren. Auf der anderen Seite gut 120 Männer und Frauen, die lautstark gegen das demonstrieren, was sie den Organisatoren der Kundgebung mit dem Motto "Schützt unsere Kinder" vorwerfen: Rassismus, Menschenverachtung, Diskriminierung. Die Polizei hat beiden Lagern ihre Seiten zugewiesen.
Auslöser von Kundgebung, Gegendemonstration und massivem Polizeieinsatz war eine ursprünglich für den gleichen Abend geplante Veranstaltung des Eberner Gymnasiums: Die Schule hatte Eltern zum Thema LGBTIQ+ (die Abkürzung steht für Homo- und Bisexuelle sowie Transgender und intersexuelle Personen) informieren wollen, den Termin dann aber auf unbestimmte Zeit verschoben.

Für diejenigen, die das "Gender-Mainstreaming" und die angeblich dahinter stehende "familien- und volksfeindliche Politik" bekämpfen wollen, kein Grund, ihre Demo ebenfalls zu verschieben, für die sie unter anderem in sozialen Netzwerken die Werbetrommel rühren. Was schließlich die Gegenveranstaltung "Für Queere Aufklärung – Gegen Naziprogaganda" auf den Plan ruft, die der anderen Seite auf keinen Fall unwidersprochen das Feld überlassen will.
Dass die Schulleitung schon im Vorfeld entschieden hat, das Treiben auf dem Schulparkplatz zu ignorieren – aus dem Lehrerkollegium des Gymnasiums ist dann offenbar auch niemand anwesend – empfinden insbesondere viele Gegendemonstrantinnen und -demonstranten als falsch. "Man kann doch nicht wegschauen und so tun, als gäbe es das nicht", heißt es in einer Gruppe Jugendlicher, die aus Bamberg nach Ebern gekommen ist, um "Flagge gegen Rassismus" zu zeigen.

Als gäbe es das nicht: Gemeint damit sind am Montagabend Behauptungen wie diejenige, dass Homosexualität eine "bedauerliche Abartigkeit" sei, dass Aufklärung über sexuelle Vielfalt die Frühsexualisierung fördere oder es "der Wunschtraum pädophiler Grüner ist, dass sich Kinder missbrauchen lassen", wie ein Redner über einen Lautsprecher verkündet.
Die Polizei sieht keinen Grund, bei der Gegendemo einzuschreiten
Nur dass ihn außer seiner Anhängerschaft kaum jemand verstehen kann, schon gar nicht auf der anderen Zaunseite: Hier erzeugen die Anwesenden eine so gewaltige Geräuschkulisse, indem sie nahezu unaufhörlich Sätze wie "Nazis raus" oder "Haut ab" skandieren, dass die Mikrofonstimme kaum durchdringt. Zum Ärger der selbsterkorenen Kinderschützer. Die fordern die Polizei auf, die andere Seite zur Ruhe zu bringen. Dafür sieht Moritz Dippel, Leiter der Eberner Inspektion und Chef vor Ort, aber keinen Grund. Auch die Gegendemo sei angemeldet; und sie behindere den Ablauf der Kundgebung "Schützt unsere Kinder" nicht, erklärt ein Polizeisprecher der Redaktion.
Manch "alter Bekannter" von den Corona-Demos in Ebern ist dabei
Gar manches Gesicht, das am Montagabend in Ebern gegen "Genderterror" aufmarschiert, hat schon durch seine Teilnahme an den dortigen Corona-Demos mittlerweile Bekanntheit erlangt. Mit dabei sind wiederum Personen aus dem Umfeld des im Eberner Raum fest verankerten "Kollektivs Zukunft schaffen Heimat schützen" (KZSHS), das der bayerische Verfassungschutz als rechtsextremistisch einordnet. Einmal mehr lassen sich auch Mitglieder oder Sympathisanten der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" sehen. Für die andere Seite ist somit klar: "Hier tummeln sich Faschisten, Rassisten, Neonazis."
Gegen sie angetreten sind Gruppierungen und Initiativen wie "Omas gegen rechts", "Ebern ist bunt" oder "Antifaschistische Aktion" sowie Vertreterinnen und Vertreter der Lokalpolitik, insbesondere von SPD und Grünen. Wie Barbara Hahnlein, Erzieherin und Vorsitzende des grünen Eberner Ortsverbands. Aufklärung über sexuelle Vielfalt sei ein wichtiger Beitrag für die Identitätsfindung junger Menschen, meint sie. Sie empfinde es "als Pflicht, jetzt für Kinder und Jugendliche einzutreten, anstatt wie im Mittelalter zu leben".

Auf den Nazi-Vorwurf reagieren die Gender-Gegnerinnen und Gegner, die sich namentlich wie bei den Corona-Demonstrationen nicht zu erkennen geben wollen, wie üblich empört. Es ist ihre Kundgebung, doch an diesem Montagabend lassen sie es zu, dass auch ein junger Mann von der Gegenseite an ihr Mikrofon spricht: "Niemand sucht sich aus oder beschließt einfach, homosexuell oder trans zu sein", erklärt er und verweist auf die in ihrer Ausgrenzung begründete hohe Selbstmordrate in der LGBTIQ-Gemeinschaft. "Jeder Mensch ist normal" wehrt sich der Redner gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Und wieder sind sie da: Die Verschwörungstheorien
Doch er und alle anderen, die sich an diesem Abend zu einem bunten Ebern und einer bunten Welt bekennen, müssen sich den Vorwurf anhören: "Ihr seid nicht zum Denken da, sondern nur zum Agieren im Sinne des Systems." Wie schon bei den Corona-Demonstrationen geht es vielen Akteurinnen und Akteuren auch dieses Mal nicht um ein Thema, hier den angeblichen Kinderschutz. Sondern ums große Ganze, die Verschwörung, sei es Pandemie, Klimawandel oder bewusst vergiftete Lebensmittel, um die Bevölkerung zu verblöden. Und darum, dass nur sie die Erleuchteten sind und hinter die Kulissen blicken.
Als sich um 19.13 Uhr die Versammlung an diesem kalten Novemberabend auflöst, sind die Gender-Gegnerinnen und -gegner doch etwas enttäuscht. Sie hätten auf mehr Gleichgesinnte gehofft. Im anderen Lager hingegen ist man zufrieden, einen lautstarken Kontrapunkt gesetzt zu haben.
Was für ein jämmerliches Dasein muss man da führen?
es ist weder Framing noch Meinungsmache, wenn man offensichtliche Tatsachen benennt. Dass es sich bei einem großen Teil der Demonstrantinnen und Demonstranten um bekannte Rechtsextreme handelte, ist keine Meinung, sondern ein erwiesener Fakt. Manche von ihnen haben bei der Demo sogar Kleidungsstücke mit dem Logo der Partei "Der Dritte Weg" getragen. Und dabei handelt es sich nicht um irgendwelche Leute, die einfach dabei waren und zugehört haben, sondern um diejenigen, die als Veranstalter und Wortführer der Demo aufgetreten sind. Davor kann und will die Redaktion ihre Augen nicht verschließen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion
Peter Schmieder
Menschen können problemlos eine vom, wie Sie es nennen, Mainstream abweichende Meinung haben, sei es zu Corona, Klimawandel oder Gendern, ohne von der Main-Post in die rechte oder eine andere Ecke gestellt zu werden. Das spiegelt sich auch täglich in den Medien wider. Die Protagonisten der Kundgebung in Ebern, einschließlich der Person, die die Veranstaltung angemeldet hat, gehören aber eben genau dorthin, in die rechte Ecke, was für objektive Beobachter unschwer zu erkennen ist. Wer will, kann seine Augen davor verschließen, wir als Redaktion können und wollen das nicht!
Mit freundlichen Grüßen, Martin Sage
Wer hat den Kinder missbraucht? Pimpfe, Bund deutscher Mädels, Hitlerjugend! Werhat den Homosexuelle ins Gefängnis oder noch häufiger in die Psychiatrie eingesperrt? Die braune K... wirkt weiter. Es ist weiterhin die Verpflichtung der Demokratie inklusiveder freien Medien, die aufzuzeigen und dagegen anzugehen.
Ihre Hinweise auf die Irrungen der Grünen aus der Gründerzeit der Partei, von denen diese sich längst distanziert hat, will auch nur diffamieren.
Lassen Sie es, es macht Ihre Beiträge nicht wirklich wertvoller.
vielen Danke für ihre kritischen Anmerkungen. Hier müssen wir als Redaktion aber deutlich widersprechen: Es geht hier nicht um ein Bild, das wir "vermitteln wollen". Die Nähe der Demonstrantinnen und Demonstranten zu rechtsextremen Gruppen und zu den Demos gegen Corona-Maßnahmen ist nicht herbeikonstruiert, sondern ganz offensichtlich. So waren viele Personen, die sich klar der rechten Szene zuordnen lassen, sowohl hier als auch bei den Corona-Demos dabei und auch als Wortführerinnen und Wortführer beteiligt. Einige von Ihnen trugen klar erkennbar Kleidungsstücke mit dem Logo der rechtsextremen Partei "Der Dritte Weg". Diese Verbindungen in einem Bericht über die aktuelle Kundgebung nicht aufzuzeigen, würde jeder journalistischen Sorgfaltspflicht widersprechen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion
Peter Schmieder
wie viele Leute teilgenommen haben, steht im Artikel. Wie viele davon der rechten Szene zuzuordnen sind, lässt sich nicht genau sagen, da wir auch nicht jede Einzelperson kennen. Was aber klar ist, ist, dass es sich bei einem großen Teil der Beteiligten um bekannte Rechtsextreme handelte und vor allem, dass diese nicht nur dabeistanden und zugehört haben, sondern als Veranstalter und Wortführer der Kundgebung aufgetreten sind. Und das war so offensichtlich (einige von ihnen haben sogar Kleidung mit dem Logo der Partei "Der Dritte Weg" getragen), dass auch Demoteilnehmerinnen und -teilnehmern, die sich nicht der rechten Szene zuordnen, absolut klar sein muss, mit wem sie sich da zusammentun. Es so darzustellen, als hätten sich nur ein paar Rechtsextreme daruntergemischt und die Demo sei im Großen und Ganzen von Menschen ausgegangen, die mit solchem Extremismus nichts zu tun haben, wäre faktisch falsch.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion
Peter Schmieder
Und wenn man mit dem braunen Bodensatz vom "Dritten Weg" gemeinsame Sache macht, dann ist das mit Recht im rechten Rand einzuordnen.
Aber man darf auch stolz sein, dass so viele diesen Leuten nicht unsere Straßen überlassen. Franken bleibt demokratisch!
Und wer gemeinsam mit diesen rechten Extremisten marschiert und sich nicht distanziert, der braucht sich nicht wundern, wenn er mit denen gemeinsam in einen Topf geworfen wird.
Im übrigen fürchte ich mich nicht vor einer vielfältigen Gesellschaft, sondern eher vor einer einfältigen, in der alles gleich gemacht werden soll.